"Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott." Psalm 42,6

Der Psalmdichter redet sich selbst an, als wäre er eine Doppelpersönlichkeit. Sein Glaube sucht seine Furcht zu beschwichtigen und seine Sorgen durch Beweisgründe zu vertreiben. Werden die gegenwärtigen Nöte immer dauern? Ist das Frohlocken der Feinde mehr als eitles Geschwätz? Ist meine Abwesenheit von den heiligen Festen eine lebenslängliche Verbannung? Warum diese tiefe Niedergeschlagenheit, diese feige Verzagtheit, diese glaubenslose Schwermut? Der Psalmdichter rüttelte sich selbst scheltend aus seinem düsteren Grämen auf, und darin ist er ein Vorbild für alle, die dem Verzagen nahe sind.



Die Ursache unseres Kummers zu erforschen ist oft das beste Heilmittel. Es ist ein grosses Elend, wenn man sich selbst nicht kennt noch versteht. Der Nebel der Unwissenheit vergrössert die Ursache unseres Schreckens. Bei klarerem Blick schrumpft das Ungeheuerliche in eine unbedeutende Kleinigkeit zusammen.



Warum bist du so unruhig in mir? Warum bin ich aufgeregt wie ein vom Sturm zerwühltes Meer, und warum toben meine Gedanken in mir wie eine aufrührerische Volksmenge? So traurig, wie meine Lage auch ist, so rechtfertigt sie doch nicht, dass ich mich widerstandslos der Verzweiflung hingebe. Auf, mein Herz! Was soll das Trauern? Zeige dich als Mann, so wirst du aus deiner tiefen Niedergeschlagenheit aufgerichtet werden und aus der quellenden Unruhe zu stillem Frieden kommen. Harre auf Gott!



Wohl wird das Harren uns ungeduldigen Menschen schwer, aber es bringt köstlichen Gewinn. Gott ist unwandelbar, und darum ist seine Gnade der Grund unbeweglicher Hoffnung. Ist es auf Erden auch ganz finster, so wird der Tag doch wieder dämmern, und inzwischen blinken am nächtlichen Himmel die Sterne. Die Lampe der Hoffnung ist nicht davon abhängig, dass ihr von aussen Öl zugeführt wird; ihr Licht wird durch die Gnade Gottes gespeist, welche den Mut stets neu belebt. Die Hoffnung weiss, was ihr als Besitz verbrieft ist, wenn sie auch die Urkunde manchmal nicht deutlich lesen kann.

Datum: 29.03.2006
Autor: Charles H. Spurgeon
Quelle: Auf dein Wort

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