Matthäus 26,6-7

Welch merkwürdige Berichterstatter sind die Evangelisten! Während sie das auslassen, was Weltleute schreiben würden, berichten sie gerade das, was weltliche Historiker übergangen hätten. Oder meint ihr, dass sie die Feder angesetzt haben würden, um die Geschichte einer Frau niederzuschreiben, die eine Flasche mit kostbarer Salbe nahm und sie auf das Haupt Jesu goss? Aber so ist es: Der Herr Jesus schätzt die Dinge nicht nach ihrem äusseren Schein und Glanz, sondern nach ihrem inneren Wert.

Ich denke, diese Tat geschah aus einem liebenden Herzen, und gerade das machte sie so bemerkenswert. Das Herz ist wichtiger als der Kopf. Es ist in unseren Tagen vielfach Gewohnheit geworden zu überlegen, ob etwas unsere Pflicht sei oder nicht. Wohl uns jedoch, wenn wir zuzeiten Impulse verspüren, die eindrucks- und ausdrucksvoller sind als die ganze Redekunst der moralischen Verpflichtungen! Aber wie oft sagt uns unser Herz: "Stehe auf, besuche diesen oder jenen Kranken!" Wir zögern und fragen: "Ist es meine Pflicht? Ist dieser Dienst durchaus erforderlich?" Oder dein Herz hat dir vielleicht einmal gesagt: "Gib von deinem Vermögen reichlicher für die Sache Jesu!" Wenn wir diesem Herzensdrang folgten, würden wir das sofort tun. Stattdessen zögern wir, schütteln bedächtig den Kopf und berechnen, ob es denn wirklich unsere Pflicht sei. Diese Frau hat es nicht so gemacht. Es war nicht ihre Pflicht, die Alabasterflasche über dem Haupt Jesu zu zerbrechen. Sie tat es nicht aus einem Gefühl des Gehorsams, sondern aus einem höheren Trieb. Ihr innerer Herzensdrang schwemmte alle Bedenken und Fragen hinweg. Hätte sie überlegt, berechnet und die Vernunft zu Rate gezogen, so hätte sie diese Tat nie vollbracht. Aber das Herz drängte sie zu handeln, was sie tat.

Wie machen wir's, dass wir wie Maria dem Herrn Jesu unser Bestes weihen? Fragen wir uns, was wohl das Beste innerhalb der menschlichen Lebenszeit ist! Doch ohne Frage die Jugend. Dem Heiland gehört vor allem die Jugendkraft, die Jugendfrische, das Jugendfeuer. Es ist etwas Trauriges, wenn jemand erst seine alten Tage dem König weiht. Er nimmt auch eine solche Gabe noch gnädig an und stösst die Alten nicht von sich, die noch spät am Lebensabend sich zu ihm wenden. Aber betrübend ist es, wenn man ihm den letzten kümmerlichen Rest, das stumpfe, müde Alter, zur Verfügung stellt. Eine alte Frau von 80 Jahren, die sich noch für den Herrn Jesus erschloss, wiederholte immer wieder: "Ach, das tut mir so weh, dass ich erst so spät zu ihm gekommen bin! Mag er mich wohl auch noch annehmen?" Es bleibt immer niederdrückend, wenn man ihm die beste Zeit des Lebens vorenthält.

Gibt man dem Herrn seine Jugend, dann schenkt er dafür ein frisches Alter. Von solchen gilt, was Ps. 92 steht: Wenn sie gleich alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein." Und wer seine Jugendkraft ihm gibt, aus dem kann er etwas Rechtes machen zum Preis seines Namens. Ein durchgebildeter Christ, ein christlicher Charakter ist man nicht mit einem Schlag. Ein Werkzeug in der Hand des Herrn, das vielen zum Segen wird, kann man nur werden, wenn man in den besten Jahren sich in seine Schule begibt. Die Schar seiner Streiter kann Jesus nicht aus alten, gebrechlichen, halb abgestorbenen Leuten heranbilden. Man stellt nicht eine Armee von Greisen und Krüppeln ins Feld. Der 110. Psalm preist die Kämpferschar des himmlischen Königs als eine junge Mannschaft, die dem Tau gleicht, der aus der Morgenröte geboren wird. Seelen, die in jungen Jahren sich dem Heiland weihen, zeigen eine besondere Freudigkeit und innere Gehobenheit. Es ist der Widerschein der göttlichen Freude und des Wohlgefallens, das der Herr Jesus an einem solchen Herzen hat, das ihn früh sucht und sein Leben ihm zu Füssen legt.

Wie ein lieblicher Duft ist die Hingabe an den Herrn in der Jugendzeit, und lieblich duftet es, wenn man sich ihm ganz hingibt, vor allem den Willen in unbedingtem Gehorsam ihm ausliefert. Gehört ihm der Wille, dann gehört ihm auch der Geldbeutel. Dann opfern wir ihm auch unsere Bequemlichkeit und Behaglichkeit, unsere Gesundheit und unser Leben. Lasst uns dem Herrn das Beste auch von jedem Tag opfern! Das ist die Morgenstunde. Wenn für uns die Pflege des Verhältnisses zu ihm allem andern vorgeht, werden wir auch die wichtigsten Geschäfte zunächst eine Viertel- oder halbe Stunde zurückstellen können. Das ist ein köstlicher Wohlduft für ihn. Wollen wir ihn nicht damit erfreuen?

Datum: 23.01.2006
Autor: Charles H. Spurgeon
Quelle: Auf dein Wort

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