«Peace, Love and Happiness»

Eine Kifferkarriere

Was Cannabis mit ihm machte, merkte Dominik (18) erst, als er sich nicht mehr in der Welt zurechtfand, abstürzte und halluzinierte. Heute lebt er in einer Therapiegemeinschaft. Sein Bericht beginnt mit den Jahren, in denen Jugendliche die Weichen stellen – und endet mit einem klaren Statement zur Hanfinitiative, die am 30. November zur Abstimmung kommt.
Jointrauchen
„Die andern merkten, dass mir vieles gleichgültig wurde“: Dominik realisierte lange nicht, wie Cannabis ihn veränderte.
Trekking als Grenzerfahrung: Dominik fühlt sich heute von Jesus getragen.
In der Meilestei-Gemeinschaft übt Dominik, Probleme anzugehen.

Mit 15 wollte ich vor meinen Kollegen gut dastehen. Dafür verarschte und belog ich sie. Dies gab mir Schuldgefühle, und um sie zu überdecken, fing ich zu kiffen an. Zuerst an Wochenenden, zur Entspannung, gelegentlich in der Freizeit – kein Problem. Doch drei Monate später musste ich täglich kiffen, damit der Stress in der Schule und meine Schuldgefühle auszuhalten waren. Mich drängte niemand zum Konsum – ich rauchte allein, rutschte allein in die Sucht. Zu Beginn hatte ich das Gefühl, ich könne alles locker nehmen. Nach einigen Monaten änderte dies total; ich liess mich fallen, gab auch meine Hobbys auf.

Der Übergang zur Lehre klappte nicht. Bereits nach eineinhalb Wochen gab ich auf. Nun fehlte mir die Tagesstruktur, ich hängte ab. Meine Eltern sind geschieden. Die Geschwister waren mir nicht mehr wichtig. Ich kiffte mehr und mehr. Mein Vater fand das lange okay und finanzierte den Stoff – bis ich ihm von Stimmen und abnormalen Bildern zu erzählen begann. In den Sommerferien vor der Lehre, nach einem Jahr Kiffen, hatte ich diese Stimmen gehört. Sie machten mir Angst. Von Peace, Love and Happiness – wie die Stimmung bei Kiffern manchmal beschrieben wird – war da gar nichts mehr.

Eigene Welt

Ich hatte inzwischen meinen Kollegenkreis so eingerichtet, dass alle kifften. Mit ihnen war ich unterwegs; von den anderen, die das Leben im Griff hatten, wandte ich mich ab. Ich merkte, dass sie mich mit meinem Verhalten nicht mehr annehmen konnten. Sie merkten, dass mir vieles gleichgültig wurde. Auch meine Kollegen konsumierten von Monat zu Monat mehr. Manche geben vor, nur einen pro Tag zu rauchen. Beobachtest du sie, merkst du, dass sie in Krisensituationen x Joints rauchen müssen…

Ich merkte, dass mir fast nichts mehr gelang, dass es bergab ging. Wenn ich kein Gras hatte, war ich nicht ich. Wer ich ohne Cannabis bin, wie ich mich unter normalen Menschen verhalten sollte, wusste ich gar nicht mehr…

Der Entschluss

Am Geburtstag meiner Mutter im Oktober 2007 entschloss ich mich, mein Leben wieder in die Hand zu nehmen. Sie war der einzige normale Mensch, der mir geblieben war: Sie kiffte nicht, machte sich und mir nichts vor. Sie stand mir noch nahe, obwohl ich mich immer mehr von ihr abgekapselt hatte, auch aus Scham über die Ermittlungen der Polizei und meine Klauerei. Mit meiner Mutter verband sich die kleine Hoffnung, dass ich im Leben nochmals aufstehe. Sie beschönigte nichts – aber glaubte an mich.

In der Klinik

Den Entzug machte ich allein, dann trat ich in eine Klinik ein, zur Behandlung meiner psychotischen Symptome. Während der viereinhalb Monate erhielt ich Medikamente, die mich vor allem durcheinanderbrachten. Die Vergangenheit verfolgte mich immer noch. Ich hatte auch Angst; der Wille zu leben war mir abhanden gekommen. Medikamente dämpften die Angst, aber nahmen sie nicht weg. Ein Mittel wirkte so stark, dass ich nach der Einnahme im Stehen beinahe einschlief. Ich mochte mich kaum mehr bewegen und hatte meine Gefühle nicht mehr unter Kontrolle.

So schlich ich mich einmal aus der Klinik und nahm die Medi während dreier Tage nicht. Gleich fühlte ich mich viel besser – aber die Probleme waren noch da. Als ich in die Klinik zurückkehrte, erhielt ich die Medikamente wieder. Und gleich war das Empfinden wieder da, dass die Probleme mich von allen Seiten erdrückten, als kämen Tür und Wand auf mich zu, als könnten die anderen Menschen im Zimmer alle meine Gedanken lesen…

Den Schmerz aushalten

Seit jenem Tag habe ich keine Medikamente mehr genommen. Was mich schmerzt, will ich ohne Medi aushalten. Nur so komme ich auf den Ursprung des Problems. Ich begann wieder Cannabis zu nehmen. In diesem Jahr bin ich nochmals abgestürzt. Ich ass kaum mehr und verbrauchte in vier Wochen 2000 Franken fürs Kiffen. Ich kapselte mich völlig ab, sass in meinem Musikraum und kiffte, was das Zeug hergab. Arge und perverse Gedanken stiegen in mir auf. Mir wurde klar, dass ich eine andere Hilfe brauchte. Ich sagte mir: Cannabis ist nichts für mich.

Seit dem 2. September lebe ich im Meilestei in Maur ZH. Es geht mir gut. Ich hatte mir schon vorher Ziele gesetzt und den Kontakt zu Kifferfreunden abgebrochen. Entzug heisst: Du wachst am Morgen auf und wirst dir aller Dinge bewusst, die anstehen – und du schiebst sie nicht weg, indem du rauchst.

„Jesus gibt mir Kraft“

Im Trekking-Camp im September betete ich zum ersten Mal im Leben von ganzem Herzen zu Gott. Es war für mich wie erlösend – nicht die ganze Angst war weg, aber ich fühlte mich auf jener Etappe durchgetragen. Vor einem Monat ungefähr habe ich mich Jesus Christus mit allem, was ich bin, anvertraut. Ich merke: Es kommt ein neuer Sinn in mein Leben. Ich lebe nicht vor mich hin, sondern habe ein Ziel. Jesus gibt mir Kraft. Wenn ich abends spät noch einen Brief schreibe, ist er bei mir.

Hände weg von Cannabis!

Was ich zur Hanf-Initiative meine? Sie ist abzulehnen. Cannabis darf keinesfalls legalisiert werden. Gezüchtet und gedüngt, ist es nicht mehr das Gras von früher. Der THC-Gehalt ist heute so hoch! Es erzeugt Halluzinationen. Wenn ich einmal starkes Gras erwischt hatte, war alles andere nur noch Scheisse. Dies lässt einen plötzlich auch nach anderen Drogen suchen. Ich empfehle jungen Leuten: Hände weg von Cannabis!

Datum: 10.11.2008
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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