Sucht nicht verharmlosen: Christliche Fachleute zur Schweizer Drogenpolitik

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Der VCRD, der Verein christlicher Fachleute im Rehabilitations- und Drogenbereich, fordert einen wirksamen Schutz junger Menschen gegen Drogen. Er reagiert mit einer differenzierten Stellungnahme auf den Bericht „psychoaktiv.ch“, den die eidgenössische Kommission für Drogenfragen im Juni vorgestellt hat (Livenet berichtete). Hier die VCRD-Stellungnahme im Wortlaut.

Grundsätzliches

Wir befürworten grundsätzlich die Ausweitung des Augenmerks auf legale Substanzen und Suchtformen. Dadurch kann der gefährlichen Entwicklung des Suchtverhaltens in unserer Gesellschaft besser mit geeigneten Massnahmen entgegengetreten werden. Es ist jedoch zu beachten, dass Suchtformen, Suchtmuster, entsprechende Ausprägungen und Konsequenzen auf Betroffene, Mitbetroffene und die Gesellschaft sehr unterschiedlich sein können. Die Gefährlichkeit verschiedener Formen des Suchtverhaltens darf nicht unterschätzt werden.

Als Fachverband vermissen wir nach wie vor einen wirkungsvollen Jugendschutz. In dieser Hinsicht wünschen wir uns eine vertiefte Auseinandersetzung, zu der wir als VCRD beitragen wollen.

Die Entkriminalisierung hat aus unserer Sicht einen grossen Nachteil: Ohne rechtliche Grundlagen besteht die Gefahr, dass die negativen Seiten des Suchtverhaltens nicht konsequent bearbeitet werden.

Vor einem Gerichtsverfahren aufgrund der bestehenden Rechtsordnung sollte jedoch ein Mediationsverfahren stattfinden, damit eine Kriminalisierung vermieden werden kann.

Würfelmodell

Wir befürworten grundsätzlich die Erweiterung des Modells der Suchtpolitik mit der Dimension „Konsummuster“. Gleichzeit ist darauf hinzuweisen, dass der Übergang von risikoarmem Konsum hin zu problematischem Konsum bzw. zur Abhängigkeit sehr schnell gehen kann. Dieser Schnittstelle ist alle Aufmerksamkeit zu schenken. Weiter birgt die Beschreibung der Konsummuster die Gefahr der Nivillierung und Verharmlosung. Was für den einen harmlos ist, kann für den anderen mit den schlimmsten Folgen enden.

Wir weisen auf die unzulängliche Aufzählung der substanzgebundenen Stoffe hin. Die Liste müsste nach ICD 10 um einige Stoffe ergänzt werden. Unter anderem stellt sich die Frage, wo die Designerdrogen einzuordnen sind. Ferner sind wir der Meinung, dass man grundsätzlich von Stimulantien sprechen sollte.

Empfehlungen

In den folgenden Ausführungen äussern wir uns zu einzelnen Empfehlungen.

3. Empfehlung
Das Wissen um die Wirkung von psychoaktiven Substanzen, über die Entstehung von Abhängigkeit sowie über Risiko und Schutzfaktoren muss mittels einer Lernkontrolle sichergestellt werden.

Wir vermissen in Empfehlung 3 einen Hinweis auf die grundsätzliche Gefährlichkeit der Drogen. Ebenso gehört zur Gesundheitsförderung der Hinweis auf den Stellenwert des Verzichts.

4. Empfehlung
In der 4. Empfehlung fehlt der Lebensbereich Familie, welcher nach unserem Dafürhalten sehr existenziell ist. Bei der Umsetzung der präventiven Massnahmen ist auf eine optimale Zusammenarbeit im entsprechenden Bezugsfeld des Jugendlichen zu achten.

5. Empfehlung
Beim Hinweis auf „anerkannte“ Therapiemethoden stellt sich die Frage was anerkannt ist und wer anerkennt. Wer hat dazu die nötigen Kompetenzen? Und wer sagt, wann „etwas“ getan werden muss?

6. Empfehlung
Der Begriff „gesellschaftliche Schadensminderung“ scheint neu zu sein. Was ist darunter zu verstehen? Was gehört unter dem bereits seit einiger Zeit gängigen Bereich Schadensminderung und was gehört dem Bereich Therapie an?

Was qualifiziert eine Substitutionstherapie als Therapie? Besteht nicht die Gefahr einer Chronifizierung der Sucht?

7. Empfehlung
Es ist wichtig, die Gefährlichkeit der Substanzen zu differenzieren. Was ist eine gefährliche Substanz? Was bedeutet gefährlich?

In dieser Empfehlung ist das Alter als Faktor nicht explizit erwähnt, was unserer Ansicht nach unbedingt notwendig wäre.

8. Empfehlung
Wir befürworten die Anpassung an das internationale Recht und halten sie sogar für äusserst wichtig, stellen hingegen die Frage, wer sich anpassen muss. Ist die schweizerische Drogenpolitik kompatibel mit dem internationalen Recht?

9. Empfehlung
Wenn die Einzelheiten der Umsetzung nur auf Verordnungsebene geregelt werden, befürchten wir, dass durch verhältnismässig wenig Leute tiefgreifende und folgenschwere Entscheidungen allein in der Verwaltung getroffen werden. Dabei besteht die Gefahr einer fachliche Einseitigkeit.

Der VCRD im Internet
www.vcrd.ch

Der gesamte Bericht der Eidgenössischen Kommission für Drogenfragen „psychoaktiv.ch“ im PDF-Format

Quelle: VCRD

Datum: 03.09.2005

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