Cannabis: Lockerung trotz neuer Beweise für Gesundheitsgefahren

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Ein Joint vor der Silhouette von Ottawa. Kanadas Regierung erwägt die Legalisierung von Marihuana.
Cannabis

Cannabis wird immer stärker und giftiger. Neueste Fakten und Zahlen zu den Cannabisprodukten sprechen eine Sprache, die weit weg ist von der weitverbreiteten «Romantik» diesen Produkten gegenüber. Trotzdem haben Befürworter von Marihuana in jüngster Zeit einige Siege errungen. Die medizinische Verwendung von Marihuana beseitigt weitere Hürden auf dem Weg zur vollen Legalisierung der Droge.

Die früher üblichen 3 Prozent THC-Gehalt bei Marihuana galten als «hoher Wirkstoffgehalt». Heute erreicht neues, in Hallen gezogenes Marihuana Werte von 11 bis 20 Prozent THC-Anteil. Zum Vergleich: Das Bundesgericht in der Schweiz hat Cannabis mit 0,3 Prozent und mehr THC-Gehalt zum Betäubungsmittel erklärt, berichtete kürzlich die St. Galler Zeitung.

Die hohen Gewinnaussichten, die veränderte Grundhaltung zur Legalisierung des Konsums und der Vorbereitungshandlungen haben beim Cannabis zu einem Markt mit grosser Dynamik geführt. Die Fachleute warnen, dass Cannabis aus Schweizer Produktion im In- und Ausland aufgrund der effizienten Produktion und der hohen Wirkungsgehalte zu einem Marktfaktor geworden sei.

Lockerung in England

Befürworter von Marihuana haben in jüngster Zeit einige Siege errungen. Das Britische Parlament stimmte für eine Neuklassifizierung seiner Verwendung von einer Klasse-B- zu einer Klasse C-Droge. Wer von nun an mit Marihuana angetroffen wird, erhält lediglich eine amtliche Verwarnung, und die Droge wird beschlagnahmt.

Sowohl die oppositionelle Konservative Partei als auch der Britische Polizeiverband kritisierten die Neueinstufung. Der Vorsitzende des Polizeiverbandes, John Barry, sagte, "die Änderung gebe ein, besonders für junge Menschen, verwirrendes und widersprüchliches Signal".

Legalisierung in Belgien

Zuvor hatte das Belgische Parlament die private Verwendung von Marihuana legalisiert, berichtete die britische Tageszeitung “Guardian”. Drogenkonsumenten dürfen jetzt kleine Mengen von Marihuana privat rauchen, vorausgesetzt, sie stören nicht die öffentliche Ordnung.

In Kanada unternimmt die Bundesregierung ebenfalls Schritte, die Strafen für Marihuanakonsum zu reduzieren. Im Mai beantragte die regierende Partei der Liberalen ein Gesetz, das Strafen für privaten Drogengenuss reduzieren soll, berichtete der “Globe and Mail”. Die Regierung kündigte auch einen zweckgebundenen Fünfjahresfonds von 250 Millionen Dollar (187 US Dollar) an für die Information der Kanadier über die Gefahren, die mit dem Rauchen von Marihuana verbunden sind. Die Behörden würden das Geld dazu verwenden, öffentlich bekannt zu machen, dass Marihuana illegal bleibt und schädlich sein kann.

Medizinische Verwendung wird erweitert

Kanada hatte davor Regelungen eingeführt, welche die medizinische Verwendung von Marihuana, erlaubten. Einige Ärzte empfehlen Marihuana für Krebspatienten zur Anregung des Appetits und Linderung von Schmerz und Übelkeit. Aber das Berufungsgericht von Ontario schlug kürzlich Teile des Programms nieder, berichtete die “Canadian Press”.

Das Gericht (das Berufungsgericht von Ontario) entschied, dass Teile der föderativen Regelungen über die medizinische Zulassung von Marihuana (Medical Access Regulations), die den Anbau und die Zuteilung der Droge für medizinische Zwecke beträfen, verfassungswidrig seien. Die Entscheidung stimmte mit der eines niederen Gerichts vom Januar überein, das befand, die (föderativen) Regelungen seien ungerecht, weil sie diejenigen, welche die Bedingungen des Programms erfüllten, zwängen, entweder ihr eigenes Marihuana anzupflanzen oder es auf dem schwarzen Markt zu kaufen.

In Holland frei

In den Niederlanden hingegen bekam die medizinische Verwendung von Marihuana grünes Licht. Seit September sind mehr als 2.000 Apotheken verpflichtet, die Droge vorrätig zu haben, berichtete die britische Tageszeitung, der “Independent“.

Zwei verschiedene Sorten von Cannabis, eine stärkere und eine mildere sind erhältlich. Das medizinische Marihuana wird von einem staatlich geleiteten Büro verteilt werden, das mit zwei der grössten Züchter der Niederlande vertraglich vereinbart hat, Pflanzen einer gleichbleibenden Qualität zu erzeugen.

Gleiche Tendenz in den USA

Und in den Vereinigten Staaten kündigte der Oberste Gerichtshof an, er werde einen Entscheid des Bundes-Appellationsgerichts bestätigen, der die Regierung daran hindert, Ärzte, die ihren Patienten Marihuana empfehlen, zu bestrafen. Dies berichtete die “Washington Post”.

Im vergangenen Jahr hatte der Berufungsgerichtshof des 9. US-Bezirks einen gerichtlichen Unterlassungsbefehl bestätigt, der Versuche des Bundes, Ärzte daran zu hindern, ihren Patienten zu sagen, Marihuana könnte ihnen helfen, blockiert hatte. Man hatte dies damit begründet, dass diese politische Linie das Recht der freien Meinungsäusserung verletze.

Dennoch bleibe der Besitz und die Verteilung von Marihuana nach Bundesrecht und nach dem Recht aller Länder, die Gesetze zur medizinischen Verwendung von Marihuana haben, (Alaska, Arizona, Kalifornien, Colorado, Hawaii, Maine, Maryland, Nevada, Oregon und Washington), illegal, berichtete die “Washington Post”.

Am Anfang dieses Jahres kündete der australische Staat von New South Wales ein vierjähriges Versuchsprogramm zur medizinischen Verwendung von Marihuana an. Bei diesem Erprobungsprogramm ist es erlaubt, dass Menschen, die an chronischem Schmerz oder zur Abmagerung führenden Krankheiten leiden, die Droge nehmen, berichtete der “Sydney Morning Herald” am 21. Mai.

Premier Bob Carr von New South Wales betonte, die Regierung sei nicht für die Entkriminalisierung des Cannabisrauchens als Freizeitgestaltung. Der Präsident des Landes(unter)verbands des australischen Ärzteverbandes, Dr. Choong-Siew Yong, sagte, sein Verband unterstütze das Erprobungsprogramm.

Yong fügte hinzu, es sei wichtig, dass "nichttraditionelle" Methoden der Belieferung angewendet würden. "Man muss in der Lage sein, die Dosis gebührend überwachen zu können,” sagte er. "Ausserdem ist das Rauchen von Cannabis ebenso schädlich oder schädlicher als das Rauchen von Tabak. Als Arzt könnte ich das (Rauchen von Cannabis) nicht unterstützen."

Cannabis-Kritiker

Das Erprobungsprogramm wurde von David Perrin kritisiert, dem zuständigen Verwaltungsbeamten der Drogenberatungsstelle Australiens. In einem Artikel für die überregionale Tageszeitung “The Australian”, wies er darauf hin, dass die Forschung nicht nur Gesundheitsgefahren durch Rauchen der Droge festgestellt habe, sondern dass sie auch zeige, dass jede Form der Verwendung problematisch ist.

"Cannabis ist eine süchtig machende Droge. Es verursacht kognitive Funktionsstörungen, die das Ichbewusstsein, das Gedächtnis, die Konzentration, Wissen und Können, das Verhalten und die persönlichen Beziehungen beeinträchtigen", schrieb Perrin. Er führte eine jüngste Regierungsstudie aus Westaustralien an, die eine Verbindung von Marihuanakonsum mit Selbstmord feststellte, wegen der depressiven Wirkungen der in der schnell wirkenden Drogenzusammensetzung THC enthaltenen Toxine.

„Taktik um die volle Legalisierung der Droge“

Kritik gegenüber der medizinischen Verwendung von Marihuana wurde auch in einem Meinungsartikel der "Washington Times" von Robert Weiner und Amy Reith laut. Dort hiess es, der Vorstoss zugunsten des Konsums von Marihuana auf dem Wege des Rauchens sei nichts anderes als ein taktischer Schritt im Kampf um die volle Legalisierung der Droge.

Der Artikel wies darauf hin, dass alle, sowohl der amerikanische Ärzteverband, als auch die nationale Gesellschaft für Multiple Sklerose, die amerikanische Glaukomgesellschaft, die amerikanische Akademie für Augenheilkunde und die amerikanische Krebsgesellschaft das Rauchen von Marihuana als Medizin abgelehnt haben.

Im Anschluss daran führten die Autoren Untersuchungen der nationalen Gesundheitsinstitute an, die zeigten, dass der Marihuanakonsum sich ungünstig auf die Konzentration, die motorische Koordination, das Gedächtnis, die Lungen, die Fortpflanzungsorgane und das Immunsystem auswirkt.

"Marihuana ist kein modernes Medikament"

Ein Kommentar in der “Los Angeles Times” liess sich ausführlich über die Gesundheitsgefahren des für medizinische Zwecke verwendeten Marihuanas aus. "Es gibt keinerlei wissenschaftlichen Beweis, der es rechtfertigen würde, das Rauchen von Marihuana als Heilmittel zu bezeichnen", erklärte Andrea Barthwell, stellvertretende Direktorin im Büro für nationale Drogen-Kontroll-Richtlinien des Weissen Hauses und ehemalige Präsidentin der amerikanischen Gesellschaft für Suchtmedizin (Society of Addiction Medicine).

Sie hob hervor, dass der Bericht des Instituts für Medizin der nationalen Akademie der Wissenschaft im Jahr 1999 festgestellt habe, dass "Marihuana kein modernes Medikament" ist. Das Institut war besonders von der Vorstellung beunruhigt, dass rohes Marihuana von Patienten geraucht werden würde, und nannte dies "ein schädliches System der Medikamentenverabreichung”.


Verstärkten Auftreten von Geisteskrankheiten

Ein Leitartikel im “British Medical Journal” bestätigte die Gefahren von Marihuana. Er wies darauf hin, dass das Rauchen von Marihuana signifikant gefährlicher ist als das Rauchen von Tabak. Ausserdem bestehe ein Zusammenhang zwischen "dem gewohnheitsmässigen Konsum von Cannabis und einem verstärkten Auftreten von Geisteskrankheiten, ganz besonders von Schizophrenie und Depression". Der Leitartikel führte auch eine wissenschaftliche Untersuchung an, die zeigt, dass durch das Rauchen von Marihuana Herzprobleme verursacht werden können.

Ebenfalls in Grossbritannien wies Hamish Turner, Präsident der Gesellschaft für die Untersuchung der Todesursache in Fällen gewaltsamen oder plötzlichen Todes (Coroner’s Society), warnend darauf hin, dass der Genuss von Marihuana zum Tod von Hunderten von jungen Leuten bei Unfällen führe. Turner sagte, die Droge, die oft als harmlos dargestellt werde, stecke zunehmend hinter Todesfällen, die als Unfälle oder Selbstmorde gemeldet worden seien, berichtete der “Telegraph“.

Er schätzte, dass Marihuana im Laufe des vergangenen Jahres in ungefähr 10 Prozent der 100 Fälle, mit denen er in Süd Devon zu tun hatte, ein beeinflussender Faktor gewesen sei. "Es ist eine furchtbare Vergeudung jungen Menschenlebens", sagte er. "Die Menschen probieren die Droge in einem sehr jungen Alter aus. Viele gehen zu härteren Drogen über, und ich habe es immer mehr mit Überdosen an Heroin zu tun."

Turner wies darauf hin, dass stärkere Marihuanasorten jetzt im Schwange seien. Er warnte, ein gewohnheitsmässiger, langfristiger Konsum führe zu Panikattacken, Paranoia, Psychose, Herzjagen, qualvoller Unruhe, einem erhöhten Risiko von Herzattacken und Schlaganfällen und sogar zu Gewaltneigung.

Der “Telegraph” berichtete, dass laut einer anderen Untersuchungsrichterin (Coroner), Veronica Hamilton-Deely, überregionale von den Büros der Coroner gelieferte Zahlen gezeigt haben, dass 12 Prozent der 3.400 im Jahr 2000 bei Verkehrsunfällen getöteten Menschen Spuren von Cannabis aufwiesen: eine sechsfache Zunahme gegenüber einem Jahrzehnt zuvor. Es bleibt die Frage, warum angesichts solchen überwältigenden medizinischen Beweismaterials, Regierungen gegenüber den Kampagnen von Pressure-Groups nachgeben und die Verwendung dieser Droge erweitern.

Quellen: Livenet/ZENIT/St. Galler Zeitung

Datum: 09.12.2003

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