Generation 4

Und wenn die Babyboomer alt werden?

Eine Welle an Herausforderungen kommt auf die Gesellschaft zu, sobald die starke Nachkriegsgeneration ins hohe Alter kommt. Das wird auch die christlichen Gemeinden nicht kalt lassen.
Pasqualina Perrig-Chiello

Die Berner Psychologieprofessorin Pasqualina Perrig-Chiello sprach an der Tagung «Familie und Alter» am Dienstag von einer Viergenerationen-Gesellschaft, in der die gesunden und fitten Alter eine eigene Gruppe bilden. Ihre Betreuung ist in dieser Phase noch kein Thema, denn etliche arbeiten weiter oder engagieren sich in neuen Aufgaben nach der Berufsarbeit. Doch dann folgt die zahlenmässig immer stärkere Gruppe der Menschen mit Pflege- und Betreuungsbedürfnissen. Doch wer betreut sie?

Private Betreuungspersonen stossen an Grenzen

Obwohl in der öffentlichen Diskussion meist nur die Spitäler und Pflegeheime erwähnt werden, leben viele Menschen über 85 Jahren nach wie vor selbständig, und 60% der Pflegebedürftigen werden nach wie vor von Familienangehörigen, meistens einer Tochter, betreut. Oder alte und kranke Männer und Frauen von ihrem Ehepartner oder ihrer Partnerin.

Das Problem: Viele dieser Betreuenden stossen an die Grenzen ihrer eigenen Gesundheit und Kraft. Dies führt zu Burnout-Symptomen der verschiedensten Art, wie in Fribourg die Genontologin Bettina Ugolini aus Zürich und Thomas Ihde, Chef der Psychiatrischen Dienste am Spital Interlaken, ausführten. Diese Menschen brauchen dringend Entlastung, auch wenn gerade sie ihre Hilfsbedürftigkeit nicht anmelden. Aber auch Betagte in den Institutionen brauchen Zuwendung und Unterstützung von aussen, da deren Personal immer mehr an Grenzen kommt.

ETG in Bern mit eigenem Betagtenheim

Die Gesellschaft – und mit ihnen die christlichen Gemeinden und Kirchen – werden den Fokus verstärkt auf diese Menschen richten müssen. Es gibt dazu bereits Ansätze. So führt zum Beispiel die Evangelische Täufergemeinde (ETG) in Bern ein «Betagtenheim», das von Diensten und Freiwilligen der Gemeinde unterstützt wird. Andere Gemeinden haben ein Diakonieteam mit Freiwilligen, das Angehörige von alten Kranken, zum Beispiel Demenzkranken, entlastet und ihnen zum nötigen Freiraum und zur Erholung verhilft.

Andere Herausforderung: Kinderbetreuung

An der Tagung in Fribourg wurde auch die andere Herausforderung angesprochen. Perrig-Chiello nannte die Grosseltern, insbesondere die Grossmütter, die sich an der Betreuung der 120'000 Kinder beteiligen, für die es keine öffentlichen Betreuungsplätze gibt. Und es gibt auch die «Grossmütter», die nicht eigene Enkel betreuen, sondern in die Lücke springen, wenn die leibliche Grossmutter fehlt. Sie stellen sich auf einer eigenen Webseite vor. Auch in diesem Bereich gibt es Ansätze in christlichen Gemeinden, die noch ausgebaut werden können. Heute beteiligen sich auch zahlreiche «Urgrossmütter» an der Betreuung von Urenkeln.

Bevor die Welle von hilfsbedüftigen Babyboomern auf die Gesellschaft zukommt, werden sie zur Gruppe der Generation 3 gehören und ihr Potential für die Unterstützung der Generation 4 einsetzen können. Christliche Gemeinden können dieses Potenzial nutzen, ihre Pensionierten motivieren und für vielfältige Liebesdienste trainieren und ausrüsten.

Datum: 19.06.2014
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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