Evangelisation oder Diakonie?

« ... und wenn nötig auch durch Worte»

Die Debatte rund um Evangelisation und Diakonie scheint nicht zu verstummen: Sind Diakonie und Evangelisation Alternativen, zwischen denen die Gemeinden wählen müssen? Ein Gastkommentar von Matthias Wenk, Pastor der Bewegung Plus in Burgdorf.
Unser Tun spricht oft lauter als unsere Worte.

Worum geht es in der Evangelisation? Im Kern lautet die frohe Botschaft: Gott hat uns Menschen und diese Welt nicht aufgegeben, sondern durch Jesu Leben und Wirken rettend eingegriffen. Für uns heisst das, dass wir weder in unserer Schuld noch in unseren Nöten oder in unserer Biografie gefangen sind, sondern dass Gott selber das gute Ende unseres Lebens und das der Schöpfung gesichert hat. Diese Nachricht ist, im Gegensatz zu all den Negativmeldungen unserer Zeit, wirklich eine frohe Botschaft.

Gottes Evangelisation durch Jesus

Die Botschaft, die wir verkünden, hat sehr viel mit Jesus zu tun: In seinem Leben und Wirken, in seinem Sterben und Auferstehen erfahren wir Menschen die Liebe Gottes, sein rettendes Eingreifen und seine versöhnende Kraft, die alle Trennungen überwindet. Im Leben und Sterben Jesu wird deutlich, was Gott meint, wenn er sagt, dass er uns liebt: Er kommt zu uns, wird Mensch wie wir, nimmt sich der ganz konkreten Nöte von uns Menschen an, schliesst diejenigen in sein Reich ein, die niemand will, und hilft denjenigen, denen niemand − auch sie selber nicht − helfen kann. Selbst als Jesus abgelehnt und getötet wird, hält er an seiner Liebe zu uns Menschen fest und überwindet den Tod, steht aus dem Grab auf und lebt weiter.

Diese Nachricht den Menschen verkünden

Weil Jesu Leben und Sterben nicht nur Inhalt der frohen Botschaft, sondern auch Modell ist, wie diese Nachricht zu den Leuten kommt, sagte er zu seinen Jüngern: «Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch» (Johannes-Evangelium, Kapitel 20, Vers 21). So wie Jesus Gottes frohe Botschaft «zum Anfassen» war, will Gott seine befreiende Kraft durch uns fassbar und erlebbar werden lassen. Denn über Annahme, Versöhnung, Befreiung und Wiederherstellung kann man nicht bloss informieren; sie müssen erlebt werden.
 
Auf der «Empfängerseite» heisst das: Gottes frohe Botschaft zu vernehmen ist mehr, als von einer Theorie überzeugt zu werden; ist Leben und Hoffnung erhalten, Versöhnung erfahren. Aber eben, Leben, Hoffnung und Vergebung kann man nicht bloss durch Worte erleben, dazu braucht es auch Taten der Hoffnung und ein Leben, in dem Annahme und Vergebung sichtbar und erlebbar werden.

Taten oder Worte?

Der bekannte Kommunikationsforscher Watzlawick hat einmal gesagt: «Man kann gar nicht nicht kommunizieren.» Vorab einmal bedeutet das: Auch wenn wir schweigend etwas tun, reden wir. Unser ganzes Leben redet fortwährend; unser ganzes Leben ist ein Brief, der von unserer Umgebung fortwährend gelesen wird. Oder um es in den Worten Jesu zu sagen: «Wer diese meine Worte hört und tut, der ...» Gottes Wort will gehört und getan werden.

Aber selbstverständlich kommunizieren wir auch mit Worten, denn Jesus ist das menschgewordene Wort. Oder in den Worten des Apostels Paulus: «Das Reich Gottes ist Gerechtigkeit, Frieden und Freude im Heiligen Geist» (Römerbrief, Kapitel 14, Vers17). Zu unserem Lebenswandel gehören auch die klärenden Worte, denn «nicht jede Freude, jede Party ist Reich Gottes.

Was hat Priorität?

Das ist wohl die falsche Frage, denn richtig müsste sie lauten: Wer hat Priorität? Und das ist glasklar: Der Mensch, der auf Gottes Hilfe angewiesen ist. Durch unser Leben verkündigen wir Gottes frohe Botschaft. Franz von Assisi hat es einmal so ausgedrückt: «Verkündige durch dein Leben überall das Evangelium, und wenn nötig brauche auch Worte dazu.» Das ist in etwa, was Jesus meinte, als er Menschen, die ihm radikal nachfolgen, mit einer Stadt auf dem Berg verglich: Sie kann gar nicht übersehen werden, und gleichermassen werden Nachfolger Jesu durch ihr Leben (Wort und Tat) immer auf Gott hinweisen.
 
Diakonie oder Evangelisation? Die Frage stellt sich so wenig wie: Ist das ein Hund oder ein Labrador? Ein Labrador ist eine Hunderasse und kein Gegensatz. Genauso ist es mit der Diakonie: Sie ist ein Teil der Evangelisation, genauso wie unser mündliches Zeugnis über Gottes Handeln, aber kein Gegensatz.

(von der Redaktion leicht gekürzt)

Datum: 17.07.2011
Autor: Matthias Wenk

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