Pionierprojekt in Horgen

Weniger umziehen im Alter

Urs Bangerter, Leiter des Hauses Tabea in Horgen, hat am 8. März ein neues Projekt präsentiert. Es sieht Wohnmöglichkeiten vor, die sich mit dem Gesundheitszustand der alternden Bewohner wandeln. Das Tabea, das der Evangelisch-methodistischen Kirche nahe steht, will ein Pionierprojekt wagen.
Haus Tabea
Urs Bangerter und Heinz Bernegger, Leiter des Forschungsprojekts der HSW
Urs Bangerter, Leiter des Hauses Tabea
Daniel Eugster, Präsident der Stiftung Tabea.

Menschen im Alter müssen heute innerhalb von 20 Jahren bis zu fünf Mal umziehen, bis sie ihre letzten Tage in einem Pflegeheim verbringen. Wenn älter werdende Menschen zuerst aus ihrem Haus in eine Eigentumswohnung, dann in eine Alterssiedlung, später in ein Altersheim und schliesslich noch in ein Pflegeheim umziehen müssen, sei das für sie äusserst belastend, findet Urs Bangerter, Leiter des Hauses Tabea in Horgen am Zürichsee.

Viele Menschen im hohen Alter lieben die Kontinuität ihrer Umgebung und ihrer Bezugspersonen. Umziehen ist daher für sie immer auch eine starke Verlusterfahrung. Für dieses Problem seien Lösungen gefragt, findet Bangerter. Er hat deshalb den Kontakt zur Hochschule Wädenswil aufgenommen. Diese hat in den letzten zwei Jahren das Projekt „Flexibles Wohnen im Alter“ entwickelt.

Wohnbedingungen sollen flexibel werden

Anpassen an neue Lebenslagen sollten sich nicht die Menschen, sondern die Wohn- und Betreuungsbedingungen, meint Bangerter. Die Trägerschaft des Hauses Tabea liess sich davon überzeugen. Im Sinne eines Pionierprojekts will sie mit einem Neubau auf dem Gelände des Hauses Tabea in Horgen ein Konzept umsetzen, das Bangerter in Zusammenarbeit mit Heinz Bernegger, Dozent für Bauplanung an Hochschule Wädenswil, mitfinanziert von der Stiftung Age, entwickelt hat.

Mit dieser Forschungsarbeit seien in mehrfacher Hinsicht neue Wege beschritten worden, betonte Bernegger an einer Pressekonferenz im Haus Tabea. Erste Ergebnisse der Forschungsarbeit flossen bereits in die Aufstockung 2003 um 15 Zimmer ein, wie Stiftungspräsident Daniel Eugster betonte.

Der Bau soll so konzipiert werden, dass ältere Menschen zum Beispiel zuerst in einer 3.5-Zimmer-Wohnung im Haus Tabea wohnen können. Später – vielleicht beim Tod eines Partners – kann die Wohnung auf 3.5 oder 2.5 Zimmer verkleinert werden.

Wird der überlebende Partner pflegebedürftig, kann das Raumangebot nochmals verkleinert werden. Auch die Pflege ist dann in den eigenen vier Wänden gewährleistet. Damit will Bangerter Das Tabea nicht zuletzt auch attraktiver machen: „Es soll nicht mehr heissen, ‚ich muss ins Altersheim‘, sondern ‚ich will ins Haus Tabea‘“.

Finanzielle Beteiligung durch Bewohner

Bangerter kann sich dabei auch eine finanzielle Beteiligung von Bewohnern vorstellen, die ein eigenes Haus besassen und dieses verkaufen mussten. Sie könnten zum Beispiel Wohnanteile im Haus Tabea kaufen, denkt Bangerter. Er hofft, dass sich Banken für solche neue Finanzierungs- und Beteiligungsmöglichkeiten öffnen.

Die Stiftung „Tabea“ nimmt bei diesem Pionierprojekt bewusst ein unternehmerisches Risiko in Kauf, da die Erstellungs- und langfristigen Kosten noch nicht feststehen. Die Stiftung hat einen Projektwettbewerb ausgeschrieben mit dem Ziel, im Mai 2007 das Bauprojekt vorzulegen. In das Projekt wurden auch die Behörden von Horgen einbezogen. Die Tabea-Stiftung möchte mit der Gemeinde eine Leistungsvereinbarung abschliessen.

Verständnis zählt

Horgen hat sich unlängst dafür entschlossen, von der Objektfinanzierung auf die Subjektfinanzierung umzusteigen und somit nicht Häuser zu unterstützen, sondern sich an den Kosten von Menschen zu beteiligen, die einen Aufenthalt in einem Alters- und Pflegeheim benötigen.

„Das Haus wird auf gemeinnütziger und christlicher Basis geführt“, betonte Bangerter an der Pressekonferenz in Horgen. Dies bedeute, dass nebst den Bewohnern auch die Mitarbeitenden ein hohes Mass an Zufriedenheit, etliche auch Glück, erleben sollen und dass die Pflege auf hohem qualitativem Niveau geschehe. Für die Bewohner gelte für ihn ein Ausspruch von Christian Morgenstern: „Nicht da sind wir daheim, wo wir unseren Wohnsitz haben, sondern wo wir verstanden werden.“

Datum: 15.03.2006
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet.ch

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