Was unser Land braucht: Kraft für den Dienst an Bedürftigen zurückgewinnen

‚Best Hope’: das Therapiehaus auf dem Nieschberg bei Herisau
Junkie
Pflege

An einer Retraite der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Lebenshilfen ACL im Januar 2004 plädierte David Schneider (Winterthur) für eine geistlich engagierte Diakonie – ein Handeln für den bedürftigen Nächsten nach dem Vorbild von Jesus Christus, dem grossen Menschenfreund. Hier eine überarbeitete Version des Vortrags, zuerst erschienen in der Zeitschrift des christlichen Rehabilitationswerks ‚Best Hope’.

Unser Land benötigt als erstes nicht die bilateralen Verträge, die 11. AHV- Revision, eine sanierte Swiss, ein stabilisiertes Gesundheitswesen oder Vollbeschäftigung. Wir brauchen den Segen Gottes. Es fällt auf, dass das Wohlergehen (der Segen Gottes) eines Landes an bestimmte Kriterien gebunden ist. Das für uns wichtige Kriterium ist der Umgang mit den Armen. Ein weiteres sehr wichtiges Kriterium ist die Beziehung eines Landes zu Israel.

„Wer den Geringen bedrückt, der schmäht den Schöpfer; doch ehrt ihn, wer sich des Armen erbarmt“ (Sprüche 14,31). In den Sprüchen Salomos finden wir immer wieder den Verweis auf die Fürsorge gegenüber der Armen. Salomo muss etwas von diesem Geheimnis erfasst haben. Sein Reichtum – und der damit verbundene Segen für Israel zu seiner Zeit – muss auch eine Auswirkung seiner Bemühungen gegenüber den Armen gewesen sein.

Die Entwicklung und Wiederherstellung der ursprünglichen Diakonie hat, so glaube ich, einen Einfluss auf die Entwicklung unseres Landes. Wir erkennen deutlich, dass der Staat mit den zu lösenden Aufgaben zunehmend überfordert ist. Schon darum müssen wir unseren diakonischen Auftrag wieder zurückholen und in Autorität antreten.

Die Jünger des Propheten Elisa sprachen zu ihm: „Siehe, der Raum, in dem wir vor dir sitzen, ist zu eng für uns. Wir wollen an den Jordan gehen, und jeder von uns soll dort einen Balken holen, damit wir uns da eine Wohnstätte bauen. Er sprach: So geht! Und einer bat: Tue uns doch den Gefallen und komme mit deinen Knechten. Er antwortete: Ich komme mit! Und ging mit ihnen. Als sie an den Jordan kamen, fällten sie die Stämme. Da geschah es, als einer die Axt niederfahren liess, dass ihm das Eisen ins Wasser fiel. Er schrie: O weh, Herr! Es ist ja nur entlehnt! Aber der Gottesmann sprach: Wohin ist es gefallen? Und als er ihm den Ort zeigte, schnitt er ein Stück Holz ab, warf es dort hinein und machte so das Eisen schwimmen. Dann sprach er: Hol es dir heraus! Da streckte er seine Hand aus und nahm es“ (2. Könige 6,1-7).

Die verlorene Vision

Offensichtlich haben die Prophetenjünger einen Aufbruch erlebt. Der Platz wurde eng und man musste das Haus vergrössern. Bei dieser Vergrösserungsaktion ging das Eisen der Axt verloren. Auch in unserem Alltagsstress gehen Dinge verloren und vergessen. Das ist normal. Es ist aber an der Zeit, dass wir wie dieser Prophetenjünger über unserem Verlust rufen: «O weh, Herr, es ist ja entlehnt!»

In vielen christlichen Gemeinden führt der diakonische Auftrag, gemessen an seiner Bedeutung, ein «Mauerblümchen-Dasein». Dafür mag es viele Gründe geben. Ein Grund ist der Verlust der Vision. Wie die Bildung der Kinder haben wir den diakonischen Auftrag weitgehend an den Staat delegiert.

Die verlorene Kraft

«Ich verdiene halb so viel und arbeite das Doppelte wie Andere». Wir sind müde und oft am Anschlag. Es bleibt wenig Zeit für Perspektiven. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns nach der heilenden Kraft Gottes neu auszustrecken.

Unsere «Juniors», Therapieteilnehmer und Mitarbeiter müssen durch Gottes Kraft gesund und gestärkt werden. Es ist Zeit, wieder regelässig für die Kranken zu beten. Die Kraft kommt nicht einfach so. Die Kraft kommt durch unsere Handauflegung, unsere Gebete, durch Lossprachen und die Fürbitte.

Die verlorenen Werte

Vor 20 Jahren hat man im Nieschberg und an anderen Orten an den radikalen Ausstieg aus den Drogen geglaubt und dies auch erlebt. Der heutige Trend geht in die Richtung «weniger Ideologie – mehr Pragmatismus». Das ist nicht schlecht. Jesus hat auch die Hungrigen verpflegt, Barmherzigkeitsdienste getan und nicht nur gepredigt.

Wir dürfen aber nicht aufhören die Fakten des Evangeliums zu predigen und selber zu leben: Die Sünden müssen bekannt werden. Vergeben und Heilung stehen in einem engen Zusammenhang. Ohne Gehorsamsschritte gibt es Rückfälle.

Ich sage nichts gegen qualitativ hoch stehende Therapiearbeiten. Wir müssen uns aber Rechenschaft abgeben, ob wir wirklich das tun, was wir tun wollen oder sollen? Wo und wie unterscheiden wir uns noch von säkular geführten Häusern oder Werken?

Die verlorene Leidenschaft

«Wir müssen für diese armen Junkies etwas tun!» Denken wir noch so? Sind wir in unseren Herzen immer noch von diesem Erbarmen erfüllt? Natürlich fällt es uns im Alltag manchmal schwer so zu empfinden.

Ohne diese letztlich unerklärliche von Gott in unsere Herzen gepflanzte Liebe für diese «Junkies» verlieren wir die echte Leidenschaft und stehen in der Gefahr auszubrennen. Um diese Leidenschaft müssen wir immer wieder bitten. Entscheidend ist auch, dass wir unsere Enttäuschungen immer wieder Jesus abgeben. Auch wir brauchen Gebet.

Die verlorene Gemeinde

Viele diakonische Arbeiten entwickeln sich heute als Werke weitgehend losgelöst von Gemeinden. Die Gemeinden haben heute oft andere Prioritäten als den Dienst an den Armen. Auf der anderen Seite unterschieben die diakonischen Arbeiten den Gemeinden «mangelnde Professionalität» z.B. in der Therapie und im Bezug auf Unternehmergeist bei Arbeitsprogrammen und wählen die Unabhängigkeit.

Bedingt durch die Eigenständigkeit, werden viele diakonische Arbeiten finanziell vom Staat abhängig. Diese Abhängigkeit kann dann zu Einschränkungen und Auflagen führen. Das christliche Bekenntnis wird eingeschränkt. Immer mehr Auflagen in Bezug auf Qualifikationen von Mitarbeitern sind zu erfüllen. Alles wird teurer.

Das Best Hope wurde lange Zeit von der Methodisten-Gemeinde in Herisau getragen und war vollständig unabhängig von öffentlichen Geldern. Es gab keinen staatlichen Einfluss. In dieser Zeit wurden durch die Kraft Gottes viele Therapieteilnehmer frei von Drogen.

Die heute am stärksten wachsende Gemeinde hier in Winterthur ist die Gemeinde von Christen. Diese Gemeinde engagiert sich konsequent für randständige Menschen und betreibt heute eine grosse Therapiestation. Diakonie und die Gemeinde gehören zusammen.

Das verlorene Wort

Das Eisen der Axt kann als das Wort Gottes verstanden werden. Paulus nennt das Wort das «Schwert des Geistes» (Epheser 6,17). Das Wort ist «schärfer als jedes zweischneidige Schwert» (Hebräer 4,12). Ich glaube, dass das Wort Gottes unseren entscheidensten Verlust darstellt. Die Trennung von der Gemeinde trennt die Diakonie in einem gewissen Sinne auch vom Wort Gottes. Viele diakonische Arbeite und Werke haben dadurch keinen oder einen eingeschränkten Bezug und zum Wort.

Das Wort Gottes ist aber unerlässlich für die Stärkung und Erneuerung unseres Glaubens. Die Basis unseres Glaubens beruht nicht auf Erlebnissen, Heilungen, Abmachungen und Prophetien. Die Basis unseres Glaubens ist allein auf das Wort Gottes gebaut. Abraham hatte nichts anderes als das Wort Gottes. Alle Umstände in seinem Leben sprachen gegen die Verheissungen Gottes. Aber Abraham hat nicht am verheissenen Wort Gottes gezweifelt.

Wir müssen das Wort Gottes als die Wahrheit vermehrt uns selber vergegenwärtigen und den uns anvertrauten Menschen vermitteln. Wir erinnern uns an die ersten Diakone in der Apostelgeschichte. Sie waren nicht nur bibelfest, sie waren durchdrungen von der Wahrheit des Wortes Gottes. Wie hätte der Diakon Stephanus sonst so predigen können?

Nachdem der Prophetenjünger das Eisen verloren hatte, wollte Elisa nur wissen, wo dies geschehen sei. Von uns wird nur das Eingeständnis verlangt, dass wir unser Eisen verloren haben und im Grunde so nicht mehr weiterarbeiten können. Zweitens müssen wir uns klar werden, dass es bei unserer Arbeit hier und jetzt verloren ging. Den Rest macht Elisa respektive Jesus.

Freunde, es ist entscheidend, dass wir ein Land werden, das sich durch den Umgang mit den Armen hervortut. Ich erinnere bei dieser Gelegenheit nochmals an die Prophetie «Der Löwe des Lichts» von Scott MacLeod. Dort wurde uns Schweizern prophetisch der Status der «Missionare der Barmherzigkeit» zugesprochen.

Wie am katholischen Jugendtag mit dem Papst müssen wir uns auch sagen lassen: «Erhebt euch!» Das Eisen kommt an einen neuen Stiel und die Arbeit geht weiter.

Autor: David Schneider
Quelle: Best Hope

Datum: 03.09.2004

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