Zürcher Synode bremst Kirchenrat

Offener Streit um Diakonie-Ausbildungen in der Schweiz

Neben den Pfarrern gestalten die sozialdiakonischen Mitarbeiter das Leben der reformierten Kirchgemeinden. Der Streit darüber, welche Ausbildungen von der Eidgenossenschaft anerkannt und von den Landeskirchen gefördert werden, rührt darum an grundlegende Fragen reformierten Gemeindelebens. Er gab am Dienstag an der Zürcher Kirchensynode viel zu reden.
Marcel Riesen
TDS Aarau

Keine reformierte Kantonalkirche beschäftigt so viele sozialdiakonische Mitarbeitende (SDM) wie Zürich. Der zuständige Kirchenrat Marcel Riesen hat im letzten Dezember gegen den Mehrheitsbeschluss der Deutschschweizer Diakonatskonferenz beim Bundesamt für Berufsbildung und Technologie in Bern interveniert. Das BBT führt derzeit eine Vernehmlassung zu den Ausbildungsgängen auf dem Niveau Höherer Fachschulen durch.

Diakonatskonferenz: pragmatische Doppelstrategie

Die Diakonatskonferenz verabschiedete im November 2003 ein Strategiepapier. Danach hat die Anerkennung von Ausbildungsgängen von Sozialdiakonen auf der Ebene Höherer Fachschulen durch den Bund erste Priorität. Mit kirchlicher Anerkennung sind auf dieser Ebene das Theologisch-Diakonische Seminar Aarau und das Diakonenhaus Greifensee tätig. Anschliessend wollte die Diakonatskonferenz auch eine Anerkennung auf dem Fachhochschul-Niveau anstreben.

Als zuständiger Zürcher Kirchenrat stellt sich Riesen gegen diese pragmatische Doppelstrategie. Aufgrund der gestiegenen Anforderungen an SDM will die Zürcher Kirchenleitung AbgängerInnen von Fachhochschulen (FH) für soziale Arbeit, welche eine Matur bzw. Berufsmatur voraussetzen. Die Kirchenleitung will den Beruf bildungspolitisch-gesellschaftlich auf diesem ‚höheren’ Niveau positionieren und strebt eine Stärkung der SDM angesichts der Pfarrerzentriertheit im reformierten Gemeindeleben an.

Zürcher Kirchenrat: allein Fachhochschul-Ausbildung

Die Zürcher Landeskirche hat vor Jahren ihre eigene Ausbildung für SDM aufgegeben. Die Kirchensynode billigte im Juni 1999 die Ausbildung von SDM – neben den bereits bestehenden Schulen – durch die säkulare Zürcher Fachhochschule für soziale Arbeit. (Der damals versprochene kirchlich-theologische Ausbildungsteil wird von der Landeskirche noch immer nicht angeboten!) Jetzt geht es um mehr als eine kantonale Kooperation für die SDM-Ausbildung; zur Debatte steht die landesweite Positionierung des Berufs.

Gegen die Absicht des Kirchenrats wehrte sich schon im März die Synodale Erika Elmer. Am Dienstag wurde erneut entschiedener Einspruch laut. Die Evangelisch-kirchliche Fraktion EKF verlas eine Erklärung und sammelte Unterschriften für einen Brief ans Bundesamt, worin die Anerkennung des Ausbildungsgangs Sozialdiakonin/Sozialdiakon auf dem Niveau Höherer Fachschulen gewünscht wird.

Anerkannte SDM-Ausbildung: auch für jene, die keine Matur haben!

Riesens Ziel einer FH-Anerkennung wird von der EKF nicht in Frage gestellt. Die Ausbildung allein auf diesem intellektuelleren Niveau lehnt die Fraktion jedoch ab, da die Begabungen und Kompetenzen jener, die weder eine Matur noch eine Berufsmatur haben, den Kirchen nicht verloren gehen sollen. Die Landeskirchen dürften Schulen, die diesen Interessenten offen stehen, nicht vernachlässigen.

Marcel Riesen lehnte sich weit hinaus, als er die Synodalen auf rief, den Brief nicht zu unterschreiben bzw. ihren Namen wieder zu streichen. Durch einen Ordnungsantrag wurde die Debatte, mit der die Behandlung des Jahresberichts des Kirchenrats auszuufern drohte, gestoppt. Das Kirchenparlament will die Frage im September vertieft diskutieren. Dabei steht auch eine Korrektur des Beschlusses vom Juni 1999 zur Debatte.

Theologisch-diakonisches Seminar Aarau:
www.tdsaarau.ch

Schule für Diakonie Greifensee:
www.schulefuerdiakonie.ch

Datum: 10.06.2004
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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