Wie hoch dürfen Lohnunterschiede sein?

Wie aus Abzockern wieder Manager werden

Dagobert

Zwar ist in den letzten Jahren oft «Swissness» als Erfolgsrezept verkauft worden. Doch Schweizer Tugenden wie Ehrlichkeit und Fleiss haben unter den hiesigen Managern an Beliebtheit verloren. Ihr Interesse gilt oft vor allem dem eigenen Salär. Dies könne sich nur ändern, wenn Führungskräfte innerlich erneuert werden, meinen Christen in der Wirtschaft.

Schon der legendäre Bankier J.P. Morgan stellte fest, das die Lohndifferenzen von Stufe zu Stufe bei seinen erfolgreichen Firmen nie mehr als 30 Prozent betrugen, während sie bei den erfolglosen überbordeten. In einer Umfrage des Forschungsinstituts Link kam heraus, dass der Lohn nur auf Stufe Top-Management als einer der zentralen Treiber zur Zufriedenheit am Arbeitsplatz gilt. Für die Mitarbeiter ist unter anderem die Firmenkultur entscheidender.

Letzteres sei auch besser, meinen die Wirtschaftsprofessoren Margit Osterloh und Bruno S. Frey. Die Motivation zur Arbeit solle primär aus der Tätigkeit selbst kommen. Finanzielle Anreize könnten diese Motivation verdrängen. Deswegen seien sie vorsichtig einzusetzen, postulieren Osterloh und Frey. Ihr Fazit: Lohnbestandteile, die variabel sind und von Leistungen abhängen, sollten nicht mehr als 20 Prozent des Gehalts ausmachen. Manager, die nicht bereit seien für einen «anständigen» Lohn zu arbeiten und für jede Anstrengung zusätzliches Geld erwarteten, seien «am falschen Ort».

So kommt die Ökonomie theoretisch zu einem ähnlichen Schluss wie die Bibel, welche vor der Liebe zum Geld warnt. Sie sei die Wurzel allen Übels (1. Timotheus 6,10). Managerlöhne haben oft kaum mehr mit Leistung, sondern viel mit Macht und Gier zu tun. Eine Gesellschaft, in der sich Geld und Ethik nicht in einem widersprüchlichen Verhältnis befanden, hat es nie gegeben. Markt und Ethik könnten deshalb nicht voneinander getrennt betrachtet werden. In letzter Zeit ist viel von Ethik die Rede. Ist gerade dies ein Zeichen dafür, dass die Welt sich anschickt, sie abzuschaffen?

Die Reformation mit ihrer Arbeitsethik habe mehr ausgleichende Gerechtigkeit zwischen Lohnempfängern und Arbeitgebern gebracht. Der sprichwörtlich fleissige und korrekte preussische Beamte war deshalb weniger korrupt, weil er an Gott glaubte, der alles sah. Der Manager, der sich heute selber bedient, denkt nicht im Traum an so etwas. In den Ländern der Reformation ist nicht mehr viel von diesem Ausdruck der Reformation übriggeblieben. Sie sind zwar immer noch die wirtschaftlich stärksten Nationen, aber in dem Mass, wie die christliche Überzeugung schwindet, schreitet auch der wirtschaftliche Niedergang fort.

Die innere Überzeugung müsste von Grund auf erneuert werden. Wenn viele diesen Weg gehen, dann brauchen wir auch keinen Ethik-Kodex als Papiertiger. Ein zentraler Anreiz zu ethischem Verhalten bestünde darin, dass Manager nur dann eine Anstellung erhalten würden, wenn sie einen persönlichen Ethik-Kodex unterschrieben. Verbände könnten auch Lohnempfehlungen ausarbeiten. Allerdings bestehen Zweifel daran, ob ein solches Vorgehen Lohnexzesse und Selbstbereicherung reduzieren würde. Das verhält sich so wie bei Gesetzen, die der gesellschaftlichen Entwicklung hinterher hinken – sie werden nicht vollzogen. Wenn nicht eine wirkliche innere Überzeugung dahinter steht, dann bewirkt auch ein Ethik-Kodex wenig.

Datum: 21.02.2013
Autor: Stephan Lehmann / Bruno Graber
Quelle: idea Schweiz

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