Akzente: Walter Donzé, wie lautet Dein Gesamturteil zum Asylgesetz? Die Berichterstattung in den Medien hinterlässt den Eindruck, die Linke sei humanitär, die Mehrheit blind dem Blocher-Kurs gefolgt. Diese Einschätzung ist falsch. Wir EVP-Vertreter können hinter der Gesetzesänderung stehen, auch wenn SP und Grüne ein Referendum erzwingen. Das beste Gesetz nützt nichts, wenn der Vollzug nicht klappt. Mein Vorschlag einer vertieften individuellen Prüfung nach vier Jahren illegalem Aufenthalt unter Berücksichtigung der Integration, der Familienverhältnisse und der Zumutbarkeit einer Rückkehr hatte im Ständerat leider keine Chance. Aber es ist für einen Rechtsstaat doch unhaltbar, wenn Zehntausende schwarz arbeiten, ohne Recht und Versicherung sind, keine Beiträge ins Sozialversicherungssystem zahlen, ihre Kinder in die Schule schicken, aber keine Steuern zahlen. Das Problem muss angegangen werden! Mit anderen Verbesserungsanträgen warst Du erfolgreicher. Bei der Nothilfe hat der Rat die folgende Lösung gefunden: sie wird nicht verweigert, aber nur auf Ersuchen gewährt. Eine Streichung der Nothilfe bei Renitenz oder Nichtkooperation ist indessen nicht möglich. Schliesslich hielt das UNHCR die Formulierung des Ständerats für ungenügend, wonach eine Weg- oder Ausweisung nur dann unzumutbar sei, wenn eine Person «in ihrer Existenz gefährdet ist.» Ich konnte mich mit meiner Formulierung «wenn sie konkret gefährdet ist» durchsetzen. Wieso haben die Vertreter der EVP gegen die humanitäre Aufnahme gestimmt? Du hast die Räte aufgefordert, an den Lazarus vor der Tür zu denken. Autor: Niklaus Hari
Walter Donzé: Die Mehrheit des Parlamentes wie auch des Volkes will, dass das Asylgesetz nicht für einen Aufenthalt aus wirtschaftlichen Gründen missbraucht werden kann. Das kann ich nachvollziehen.
Ja, Hauptproblem bleibt die Rückführung. Der Druck aus der Bevölkerung ist gross, die Bereitschaft der Herkunftsländer zur Kooperation klein. Noch immer haben wir keine Lösung für die Menschen, die sich illegal in der Schweiz aufhalten: zu diesen «Sans Papiers» zählen auch untergetauchte Asylbewerber.
Ja, zum Beispiel sind Härtefälle neu im Ausländergesetz geregelt: die Kantone können entsprechende Anträge stellen, nicht die Betroffenen selber. Weiter hat Bundesrat Blocher auf mein Drängen versprochen, in Zukunft auch die nichtstaatliche Verfolgung als Asylgrund zu anerkennen. Hierzu ist keine Gesetzesänderung notwendig.
Es war absehbar, dass die humanitäre Aufnahme keine Chance haben würde. Wir haben uns deshalb für die Verbesserung der vorläufigen Aufnahme eingesetzt: Bei dieser fehlt vor allem das Recht auf den Familiennachzug. Das war eine wichtige Forderung der Kantone.
Das neue Asylgesetz schliesst die Tür für jene, die aus Armutsgründen unterwegs sind. Das heisst, dass wir diesen Menschen in ihren Heimatländern helfen müssen!
Quelle. EVP-Zeitschrift Akzente
Datum: 17.11.2005