Das neue Asylgesetz – für Walter Donzé Schritte vorwärts

Im Wind: Schweizer Fahne am Bundeshaus
Engagiert: Nationalrat Walter Donzé (EVP)
Kinder
Monsterdebatte: Der Nationalrat befasste sich eine Woche lang mit Ausländerfragen
Kreativ: Strassenmusikanten in Berns Lauben

Der Nationalrat hat diese Woche das Asylgesetz revidiert. Nationalrat Walter Donzé (EVP), Mitglied der vorberatenden Staatspolitischen Kommission, unterstreicht, dass Verfolgte unterschieden werden müssen von Migranten, die in der Schweiz arbeiten wollen.

Für die erste Gruppe gilt das Asylgesetz, für die zweite das Ausländergesetz, dessen Totalrevision die Grosse Kammer noch nicht abgeschlossen hat. Die Probleme im Asylwesen sind noch nicht gelöst, doch Walter Donzé zieht im Gespräch mit Livenet eine positive Bilanz der Revision:

Mit den beiden Gesetzen, dem Asylgesetz und dem Ausländergesetz, wird deutlich, dass nicht jeder Ausländer, der in die Schweiz kommt, ein Asylbewerber ist. Es existieren daher auch zwei verschiedene Gesetze: Das Asylgesetz findet Anwendung bei Menschen, die an Leib und Leben bedroht sind. Sie sollen hier vorübergehende Aufnahme finden. Ihr Ziel ist nicht die Integration in die Gesellschaft, sondern der Schutz. Anders der Ausländer, der um Aufenhalt und Arbeit nachsucht. Er kommt auf der Grundlage des Ausländergesetzes und bedarf der Integration. Daran haben wir zu arbeiten.

Das Machbare beschlossen

Aus der Sicht des Volks kann man sehr zufrieden sein über die speditive Behandlung des Asylgesetzes. Statt 26 haben wir nur 16 Stunden debattiert, weil zu den (schriftlich begründeten) Einzelanträgen nur noch Kommissionssprecher und der Bundesrat reden konnten.

Die SVP ist mit dem Ergebnis zwar nicht zufrieden; sie erwartet, dass Bundesrat Blocher im Ständerat noch Dampf macht. Aber was notwendig und machbar war im Asylbereich, haben wir beschlossen. Auch für die Linke gab es eine deutliche Verbesserung mit der „humanitären Aufnahme“; diese ist wohl noch nicht die definitive Lösung.

Humanitäre Aufnahme…

Es gibt drei Kategorien von Asylbewerbern, die zwar nicht als Flüchtlinge anerkannt werden, die aber nicht zurückgeführt werden können: Sie sind hier und werden sieben Jahre oder länger im Land bleiben, weil es entweder unmöglich oder unzumutbar oder unzulässig ist, sie zurückzuschicken:

(1) Unmöglich: wenn das Land keine Rückführung erlaubt,
(2) Unzumutbar nach den Massstäben des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge,
(3) Unzulässig nach der Menschenrechtskonvention.

Aus (2) und (3) suchen wir die integren Personen heraus: jene, die uns bei der Beschaffung ihrer Papiere geholfen haben und sich unseren Massnahmen nicht widersetzen. Ihnen gewähren wir „humanitäre Aufnahme“. Sie sind zwar vorläufig da, erhalten nicht den Flüchtlingsstatus, aber weil wir sie nicht zurückschicken können, erlauben wir Familiennachzug und –zusammenführung (falls Angehörige derselben Familie in verschiedenen Kantonen wohnen).

…damit Familien zur Ruhe kommen

Dies ermöglicht eine Resozialisierung der Familie; die Angehörigen können wieder füreinander sorgen. Diese Leute erhalten besseren Zugang zum Arbeitsmarkt, denn der Arbeitgeber muss nicht befürchten, dass sie nächstens ausreisen. Es lohnt sich zudem, die Kinder einzuschulen und Deutsch zu unterrichten. Kurz: Die „humanitäre Aufnahme“ bringt Vorteile im Vollzug und baut Frustpotenzial in den Gemeinden ab.

Ich denke an eine Familie aus Sri Lanka. Der Mann, der politisch gefährdet gewesen war, starb auf der Flucht. Sie hatte allein keinen eigentlichen Fluchtgrund mehr. Aber eine Rückführung ist unzumutbar.

Asyl auch infolge nicht-staatlicher Bedrohung…

Neu wird auch nicht-staatliche Verfolgung anerkannt. Der Bundesrat hat erkannt, dass es nicht gut ist, wenn Deutschland und die Schweiz als einzige Länder von nicht-staatlicher Verfolgung nichts wissen wollen. Neu anerkennt die Eidgenossenschaft auch, dass eine Partei, eine Volksgruppe, eine politische Bewegung oder die eigene Familie jemand bedroht.

…etwa nach Religionswechsel

Denken Sie an einen Muslim, der zum christlichen Glauben übergetreten ist. Sein Vater und seine Brüder verlieren in der Gemeinschaft das Gesicht, wenn sie ihn nicht bekämpfen. Er muss weg; zu Hause wird er misshandelt. Ich erinnere mich an einen Anruf. Ein Mann steht zum zweiten Mal an unserer Grenze. Er hat Foltermerkmale, ist offensichtlich gequält worden. Bisher wurde dies nicht als Grund, Asyl zu gewähren, angenommen. Auch Frauen sind aus solchen Gründen misshandelt worden. Unsere Amtsstellen werden bei der Behandlung dieser Fälle allerdings eine Grenze zu ziehen haben.

Spielraum für Härtefälle

Für die Mehrheit im Parlament war klar, dass das Asylgesetz verschärft werden muss, um den Missbräuchen zu wehren. Eine Anpassung ans EU-Niveau tat Not. Wir treten für strikte gesetzliche Regelungen ein, aber wollen den Behörden auch Handlungsspielraum für Härtefälle geben, damit die Menschenwürde gewahrt wird. Beamte dürfen Bewerber in Fällen, da einer der erwähnten Fluchtgründe vorliegen könnte, nicht kaltschnäuzig abweisen.

Gesuche rasch behandeln

Grundsätzlich will das Parlament eine rasche Behandlung der Gesuche. Im Volk weiss man zuwenig, dass die Behörden heute wesentlicher speditiver arbeiten. Die Zeiten sind vorbei, da sich die Behandlung eines Asylgesuchs über vier Jahre hinzog. Bei neuen Anträgen dauert sie im Schnitt noch zweieinhalb Monate. Das Durchschnittsalter aller hängigen Gesuche liegt bei neun Monaten. Unser Ziel sind sechs Monate. Jeder Monat kostet den Bund 24 Millionen Franken.

Pragmatischer SVP-Justizminister: Bundesrat Blocher ist die Angelegenheit mit gesundem Menschenverstand angegangen. Die Polarisierung, die sich bei der Bundesratswahl im Dezember bemerkbar machte, war auch jetzt zu spüren, vor allem in der Beurteilung des Ergebnisses. Zugleich zeigte sich: Die Lösung muss von einer starken Mitte getragen werden. In den Beratungen fanden sich auch SP-Vertreter zu Kompromissen bereit und halfen, das Machbare zu beschliessen.

Datum: 08.05.2004
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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