Jungpolitiker

«Mit unserem Leben und den Grundwerten Jesus zeigen»

Sie kandidieren für den Nationalrat, weil sie als Christen der Gesellschaft etwas geben wollen. Wir haben mit vier Jungpolitikern von EVP und EDU gesprochen.
Jungpolitiker Karin Ringgenberg, Patrik Locher, Nadja Gafner und Marco Giglio kanididieren für den Nationalrat.
Karin Ringgenberg
Patrik Locher
Nadja Gafner
Marco Giglio

wort+wärch: Wie sieht für euch die ideale Schweiz aus?
Marco Giglio: Ein Selbstbewusstsein, das sich auf unsere christlichen Werte bezieht, muss zurückkommen. Solidarität statt Egoismus. Freiheit und Verantwortung. Solidarisch kann sein, wer sich frei dazu entschliesst.
Patrik Locher: Die ideale Schweiz ist von Nächstenliebe geprägt. Andersdenkende werden akzeptiert und toleriert. Die Menschen haben eine konstruktive Grundhaltung und sind bereit zusammenzuarbeiten. 
Nadja Gafner: Christen wirken darauf hin, dass mehr Menschen nach Jesus fragen. Die Schweiz bewahrt ihre Unabhängigkeit von der EU. Die Schweizer kaufen mehr Inland-Produkte, um die Binnenwirtschaft zu stärken.
Karin Ringgenberg: Nächstenliebe und ein nachhaltiger Lebensstil. 

Was motiviert euch für Politik?
NG: Junge sollen die politische Arbeit nicht den Älteren überlassen. Christen sollen in der Politik mit den bewährten Werten Akzente setzen. In der Familie habe ich Vorbilder.
KR: Wenn ich informiert bin, kann ich in meinem Umfeld Gutes bewirken.
PL: Ich kann Gutes tun für andere und auch für mich selbst. Im Jugendparlament Köniz haben wir uns für einen Skatepark eingesetzt. Damit machten wir vielen Freude.
MG: Ich habe mich genervt über die, die nach Abstimmungen motzen. Wir haben Verantwortung gerade in ethischen Fragen. Im letzten Dezember habe ich von der SVP zur EDU gewechselt.
PL: Ich denke, wir alle wollen die Werte von Jesus in die Gesellschaft hineintragen.

Für Jesus steht die Gerechtigkeit im Zentrum. Wie wird sie gefördert?
MG: Eine umfassende Antwort ist schwer. Die Vorstellungen von Gerechtigkeit gehen weit auseinander.
PL: Ich setzte mich für die Erbschaftssteuer ein, weil ich sie eine gerechte Steuer finde. Reiche Ausländer sollten nicht pauschal besteuert werden. Für Gerechtigkeit eintreten können wir auch mit Kollekten für Entwicklungsländer oder indem wir bedürftigen Kindern ein Camp ermöglichen.
NG: In dieser Welt wird es nie Gerechtigkeit geben, auch wenn wir das Beste versuchen.
KR: Es gilt doch nach dem Ideal zu streben. Im Alltag geht es um Gerechtigkeit. Ich ringe in der Schule zusammen mit meinen Kindern um Gerechtigkeit. Viele stammen aus dem Ausland.
MG: Als Secondo mit sizilianischen Wurzeln weiss ich es zu schätzen, dass ich eine Lehre machen konnte.

Gibt es in der Bibel Personen ausser Jesus, die für euch Vorbilder sind? Wer inspiriert euch?
PL: Paulus zeigt mir, dass man falsch liegen, dann aber mit Vollgas für etwas Gutes kämpfen kann. Ich lasse mich gern überzeugen. Im Gemeindeparlament von Köniz waren die Meinungen meist gemacht. Ich finde es falsch, wenn man einander nicht mehr zuhört, weil die Fronten verhärtet sind.
NG: An David macht mir Eindruck, dass er ein normaler Mensch war wie wir. Er machte Fehler, aber lernte aus ihnen. Er ging mit einem riesigen Vertrauen auf Gott voran und gewann so Menschen.
KR: Viele Personen der Bibel handeln vorbildlich.
MG: Bei Mose gab es Hochs und Tiefs, Luxus und Armut. Er war überfordert und musste einstecken, doch blieb er 40 Jahre dran.

Welche Aussagen der Bibel sprechen in die Politik heute hinein? Machen sie euch eher optimistisch oder pessimistisch für unser Land?
PL: Manche Aussagen verheissen Erfolg, andere können Angst machen. Römer 12,2 zeigt eine Grundhaltung auf: «Passt euch nicht den Massstäben dieser Welt an, lasst euch vielmehr von Gott umwandeln, damit euer ganzes Denken erneuert wird.» Wir haben den Mainstream nicht einfach hinzunehmen, sondern ihn zu hinterfragen. Gefragt sind Optimismus und Mut, um Dinge zum Besseren zu wenden.
MG: Jedem Bibelzitat kann man ein anderes entgegenhalten. Zurückhaltung ist vor allem bei Endzeit-Aussagen geboten, etwa wenn behauptet wird, morgen gehe es mit der Welt zu Ende. Wäre das so, wozu sollte ich mich noch engagieren?
KR: Ja, es geht um das, was wir jetzt zum Guten verändern können. 

Da scheint es zwischen euren Parteien kaum Unterschiede zu geben …
PL: Das ist bezeichnend für unsere Generation. Ich kann mir vorstellen, dass sich Ältere unterschiedlicher äussern würden.
MG: Wir sind wohl offener, weniger verbissen. Nach meinem Eindruck liegt es uns Jungpolitikern fern, mit Bibelworten eine politische Meinung als die richtige hinstellen und durchsetzen zu wollen.
PL: In der Politik sehen wir gute und andere Entwicklungen. Die erste Abstimmung zur PID haben wir verloren. Wohin steuern wir, was wird aus unseren Werten? Doch können wir uns freuen über die stabilen Verhältnisse und den Wohlstand im Land.
NG: Die Stabilität ist in Gefahr. Ich denke, wenn die Menschen hier weniger nach Gott fragen und sich für andere Religionen öffnen, geht es mit der Schweiz abwärts.

Es heisst, dass sich manche Christen von der Politik fernhalten, weil sie erwarten, dass Jesus bei seiner Wiederkunft die Welt in Ordnung bringt.
PL: Wenn von Endzeit gesprochen und gefolgert wird, dass wir vor der Wiederkunft Jesu nicht mehr viel ausrichten können, bin ich dagegen. Es ist unsere Aufgabe, auf der Grundlage von Jesu Werten Vorbild zu sein: dass wir an uns arbeiten und die Werte öffentlich einbringen.
NG: Wenn Endzeit angesagt wird, müssen Christen erst recht ein Licht sein in der Welt. Da gibt es noch viel Potenzial: Mit unserem Leben und den Grundwerten können wir Jesus zeigen, auch wenn wir nicht auf der Strasse predigen.
PL: Wir sind, meine ich, in diesem Punkt gleicher Meinung. Wie die Grundwerte in konkreten Fragen, etwa der Gesellschaftspolitik, umgesetzt werden, dazu gehen unsere Ansichten auseinander.

Nehmen wir Migration: Was vermag unser Gemeinwesen an Zuwanderung zu tragen und wie bewahrt es dabei seine Werte?
KR: Meine Schüler kommen aus vielen Ländern. Ich sehe deutliche Mentalitätsunterschiede schon zwischen Deutschland und Portugal, bei Nichteuropäern sind sie noch grösser. Wenn die Kinder miteinander lernen, nehmen sie viel auf und bringen es auch in ihre Familien.
MG: Als Secondo bin ich sehr dankbar, dass ich hier bessere Chancen habe als in Sizilien. Doch die Schweiz muss bestimmen, welche Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen kommen, sie hereinlässt. Im Tessin drücken Ausländer die Löhne. Italien ermöglicht Asylsuchenden, in andere Schengen-Länder zu reisen. Wie verhindern wir, dass Menschen bei uns aufgenommen werden, die auf ihrer Flucht übers Mittelmeer Christen in den Tod gestossen haben?
PL: Hast du eine Lösung? Jesus ruft uns zur Nächstenliebe auf.
MG: Sie kann nicht bedeuten, dass wir alles hinnehmen, dass wir uns endlich abschlachten lassen. Doch so weit wird es kommen. Ich habe ein Jahr in Frankreich gelebt. Leicht bekleidete Frauen können gewisse Quartiere der Agglomeration Paris oder in Berlin nicht mehr betreten. Ist das Integration? Ich will, dass unsere Frauen sich nicht verstecken müssen. Die Genfer Polizei meldet, dass sie die Stadt nicht mehr im Griff hat.
PL: Das ist nicht zu bezweifeln. Aber die Grenzen schliessen kann nicht die Lösung sein. Wir brauchen Instrumente, um die Probleme zu bearbeiten.
MG: Was siehst du für jene vor, die sich nicht integrieren wollen?
PL: Der Staat hat rechtmässige Wege zu finden. Wir müssen unsere Grundwerte wie Ehrlichkeit, Rechtschaffenheit und auch Toleranz beibehalten.
MG: Ich meine, die Schweiz sollte Christen den Vorrang geben.

Nadja Gafner (NG), Erlenbach i.S., 19, Dentalassistentin, FMG Oberwil, EDU
Marco Giglio (MG), Wimmis, 23, Geschäftsführer EDU Kanton Bern, ICF Thun
Patrik Locher (PL), Köniz, Chemielehrer, 25, Baptistengemeinde Bern, jevp
Karin Ringgenberg (KR), Thun, Primarlehrerin, 25, EGW Spiez, jevp

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Datum: 18.09.2015
Autor: Peter Schmid
Quelle: Wort+Wärch

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