Erlebnisse in der Online-Seelsorge

„Gott wirkt gerade durch schwache, verzweifelte Menschen“

Ruth Küenzi-Steiner ist Hausfrau und Mutter – und E-Mail-Seelsorgerin. Sie wirkt im 30-köpfigen Team mit, das bei Livenet und Jesus.ch Lebens- und Glaubensfragen aufnimmt. Was sie dabei erlebt, begeistert sie.
Online seelsorge
Ruth Küenzi und ihre Tageskinder beim Schlitteln.
Engagierte Mutter: Ruth Küenzi mit ihren drei Kindern und den zwei Tageskindern.
Engagierte Mutter und Online-Begleiterin: Ruth Küenzi

Jesus.ch: Ruth, was hast du im letzten Jahr Tolles erlebt?
Ruth Küenzi: Ich freue mich sehr, wenn Menschen ihr Leben Gott anvertrauen. Ich sehe, wie Gott sie verändert, wie sie im Glauben wachsen. Menschen haben Heilung und Befreiung erlebt.

Mit welchen Lebensfragen – akuten oder langfristigen Problemen – kommen die Ratsuchenden? Du kannst doch online sehr wenig tun, um eine konkrete Not zu beheben...
Oft suchen Ratsuchende eine Gemeinde oder einen Kurs, der ihnen hilft, den Glauben zu verstehen. Ich vermittle ihnen einen Alphalive-Kurs in der Nähe und bete dafür, dass sie diesen Schritt tun – alles andere muss ich Gott überlassen.

Es gibt auch akute Fragen, etwa wenn Eifersucht im Spiel ist, oder: Was ist der Sinn des Lebens? Was kommt nach dem Tod? Wie höre ich Gottes Stimme? Alltägliche Sorgen und Probleme wollen besprochen sein. Eltern suchen Rat für ihren Umgang mit Teenagern. Oft möchten die Schreibenden wissen, wie sie ein Leben mit Jesus beginnen können.

Bei Fragen zu Mobbing oder Suchtproblemen ermutige ich die Ratsuchenden, fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich bleibe jedoch mit ihnen in Kontakt; oft hilft es ihnen, wenn sie die Not jemandem anvertrauen können.

Wie entwickeln sich Beziehungen per Email?
Ich antworte auf eine Frage, die mir zugeleitet wird. In den meisten Fällen schreiben die Ratsuchenden zwei- bis viermal. Es gibt jedoch Personen, welche immer wieder schreiben, manchmal nur um sich mitzuteilen; sie suchen einen Gesprächspartner, wie bei einer Brieffreundschaft. Bei einer Person hat sich diese Freundschaft speziell entwickelt, da sie praktisch kein Gegenüber hat. Ich bin für sie wie eine Mutter geworden.

Wenn Online-Seelsorge ihre Grenzen hat – was geht besonders gut per Email?
Alphalive-Kurse vermitteln, helfen, den Sinn des Lebens zu finden, Alltagsprobleme lösen, die Ratsuchenden ermutigen und trösten und sie im Glauben stärken.

Wie bist du zur Email-Seelsorge gekommen?
Ich kam durch Beat Baumann, den Geschäftsführer von Livenet dazu. Er informierte in unserer Freikirche über die Möglichkeit einer Mitarbeit für www.livenet.ch ; dies sprach mich an.

Wie viele Kontakte hast du? Wie viel Zeit gibst du dran?
Ich habe zurzeit fünf feste Kontakte; dazu kommen immer wieder neue Ratsuchende. So stehe ich momentan mit acht Personen in Verbindung. Die meisten wollen nur Antwort auf ihre Frage; danach ist es für sie erledigt. Dies nimmt mich 3-4 Stunden pro Woche in Anspruch.

Du siehst diese Tätigkeit als einen Dienst. Wie meinst du das?
Schon als kleines Kind wollte ich Mutter werden und dies als Beruf ausüben. Später merkte ich, dass Gott schon in den ersten Lebensjahren die Berufung in mein Herz gelegt hatte, eine geistliche Mutter von vielen Frauen und Teenagern zu sein. Dies wurde mir auch von verschiedenen Menschen zugesagt, welche ein Wort oder eine Prophetie für mein Leben hatten.

Deshalb entschloss ich mich, in unserer Freikirche in der Seelsorge zu engagieren. Ich erlebte viel Schönes und fand meine Berufung bestätigt: Menschen zu trösten, zu ermutigen und sie im Glauben zu festigen, damit sie einen Halt in ihrem Leben haben. Später entwickelte sich die Email-Seelsorge, welche mir sehr gefiel. Es macht mir Freude, im Dienst für Jesus den Ratsuchenden zu helfen und Menschen im geistlichen Sinn Mutter für ein Stück Weg zu sein.

Wie passt diese Arbeit in deinen Alltag?
Ich bin Hausfrau und glückliche Mutter von drei Teenagern. Da ich ein Herz für Teenager und Kinder habe, hüte ich zwei Tageskinder, welche mir grosse Freude machen.

Die E-Mail-Seelsorge passt sehr gut in meinen Alltag. Ich kann mir gut einteilen, wann ich auf die Mails antworten will. Wenn ich einmal keine Zeit habe, schreibe ich den Betreffenden kurz und verspreche ihnen, das Anstehende so schnell wie möglich zu erledigen. Ihre Fragen zu beantworten ist oft eine Herausforderung; deshalb bereitet es mir grosse Freude.

Kannst du die Email-Partner im Alltag vergessen – oder bist du in Gedanken oft bei ihnen?
Am Anfang bin ich in Gedanken oft bei Ihnen gewesen. Mit der Zeit habe ich gelernt, meine Partner im Alltag zu vergessen und erst, wenn ich den Computer einschalte, wieder online zu sein.

Es gibt jedoch auch Situationen, wo ich besonders für jemand bete oder mir dieser Mensch spontan in den Sinn kommt. Dann bete ich für ihn, gebe ihn Gott ab – und kann mich wieder ganz meiner Familie widmen.

Erlebst du, dass Jesus Christus durch deine Antworten ins Leben der fragenden Person eingreift und es auf eine neue Grundlage stellt?

Ja, das Eingreifen Gottes habe ich schon oft erlebt. Da gab es eine Person, welche ich fragte, ob sie Christ sei. Ein Jahr lang erhielt ich keine Antwort. Plötzlich schrieb sie mir, dass sie mir noch eine Antwort schuldig sei; sie habe ihr Leben jetzt Jesus gegeben. Das war eine riesengrosse Freude.

Wenn Ratsuchende sich zum Besuch eines Alphalive-Kurses entschliessen, eine Gemeinde oder eine Kleingruppe besuchen, freut mich das jedes Mal sehr. Eine Person dankte mir dafür, dass sie von ihren Problemen frei wurde. Ich hatte ihr den Rat gegeben, diese Probleme Jesus persönlich zu sagen und sie mit einer Fachperson anzuschauen. Dies tat sie und erlebte Befreiung. Viele Mails zeigen mir an, dass Ratsuchende Hoffnung, Trost und Mut zu neuen Wegen finden.

Wie berätst du? Hast du generell Tipps auf Lager – oder ist für dich am wichtigsten, dass Jesus dich spontan führt?
Für mich ist es sehr wichtig, wie Jesus mich führt. Bevor ich antworte, bete ich, dass Jesus mir hilft, den Ratsuchenden eine richtige Antwort zu geben. Bei schwierigeren Mails bete ich intensiver für diese Menschen. Plötzlich weiss ich, was ich schreiben muss; dies hat sich bis heute bewährt. Dass ich in der Stiftung Schleife in Winterthur eine Seelsorge-Ausbildung durchlaufen habe, hilft mir bei den Kontakten.

Welche Ziele verfolgst du in den Beratungen?
Dass die Ratsuchenden erstens die richtige Hilfe erhalten, d.h. professionelle Hilfe.

Dass sie sich zweitens zu eigenständigen Personen in Jesus Christus entwickeln und nicht von mir abhängig werden.

Drittens arbeite ich darauf hin, dass sie sich nicht auf Probleme fixieren, sondern das Beste aus der Situation machen und alle Schwierigkeiten Jesus anvertrauen.

Wenn das Ziel erreicht ist, höre ich mit den Mails auf. Bei Einzelnen, welche ich 1-2 Jahre betreut habe und ein intensiverer Kontakt entstanden ist, frage ich oft noch einmal nach, wie es ihnen geht. Ich will gewiss sein, dass sie in guten Händen sind. Danach lasse ich sie los und gebe sie Gott ab, damit er den Weg mit ihnen weiter gehen kann.

Hast du schon Flops erlebt – wo jemand sich nicht mehr meldete, sich ärgerte, protestierte, abhängte?
Das kam einmal vor.

Warst du auch schon am Berg – ratlos, ohne Kraft und Zuversicht?
Ja. Doch erlebte ich oft, dass gerade in solchen Situationen jemand von den Ratsuchenden mir ein positives Mail oder SMS sandte. Ich merkte: Nicht ich muss immer geben. Ich erhalte auch sehr viel von den Ratsuchenden, denn Gott wirkt gerade durch schwache, verzweifelte Menschen, weil er dadurch verherrlicht werden möchte. Deshalb gefällt mir diese Arbeit sehr. Wenn ich etwas Negatives erlebe, überwiegt das Positive immer.

Mehr zum Thema:
Die Online-Seelsorge von Jesus.ch erreichen Sie unter lebenshilfe@jesus.ch (für Beratungsanfragen oder bei Interesse an einer Mitarbeit).

Mehr über die Online-Seelsorge

Datum: 19.02.2006
Autor: Peter Schmid
Quelle: Jesus.ch

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