Kirchen steigen bei privatem Fernsehsender B.TV aus

B-TV

Stuttgart. Die evangelischen Landeskirchen und katholischen Diözesen Baden-Württembergs sind aus dem privaten Fernsehsender B.TV ausgestiegen. Die Kirchen begründen ihren Schritt mit Berichten über eine “angeblich sektenhafte Führung” des Privatsenders sowie einer Zunahme von Astrologiesendungen. Die Kirchenmagazine “Von Himmel und Erde” und “Alpha und Omega” passten nicht zum “schlechten Programmumfeld”, sagte der Leiter der Evangelischen Rundfunk-Agentur in Württemberg, Pfarrer Jürgen Kaiser. Die Tageszeitung “Badische Neueste Nachrichten” zitiert den früheren B.TV-Chefredakteur Michael: Der neue Eigentümer Thomas Hornauer wolle B.TV nicht nur zum “Abzock-, Esoterik- und Stöhnkanal” umbauen, sondern praktiziere “Gehirnwäsche im Innenverhältnis”. Hornauer hatte den bankrotten Sender am 21. Januar für knapp zwei Millionen Euro gekauft. Kaiser zufolge hatten die Kirchenmagazine eine hohe Zuschauerakzeptanz. Sie würden künftig über Kabelkanäle ausgestrahlt.

Missionswerk “Arche” bleibt “Licht in der Finsternis”

Dagegen behält das pfingstkirchlich geprägte Gemeinde- und Missionswerk “Arche” in Hamburg seine traditionellen B.TV-Sendeplätze am Samstag- und Sonntagmorgen bei. Die Medien hätten sich zum Marktplatz der Nation entwickelt und seien damit Orte, an denen das Evangelium verkündigt werden müsse, sagte Redakteurin Helga Klayziewski. Im Blick auf das umstrittene Umfeld erinnerte sie an den Auftrag, das Licht des Evangeliums in die Finsternis zu bringen. Auch der Evangeliums-Rundfunk (ERF) wird seine wöchentliche Talkshow “Hof mit Himmel” vorerst weitersenden.

Sektenartige Führung bei B.TV?

Wie eine Sekte führe der neue Chef den Sender B.TV. Dieser Vorwurf wurde in den vergangenen Tagen laut. So berichtete die Stuttgarter Ausgabe der Bild-Zeitung über ein Video, in dem zu sehen sei, wie der B.TV-Boss seine Mitarbeiter anbrülle und sie immer wieder im Chor den Firmennamen wiederholen lasse. Mehr noch: In einer Redaktionskonferenz, so das Boulevardblatt weiter, mussten sich die Angestellten im Kreis aufstellen, an den Händen halten und ihren Vorgesetzten gebetsartig preisen: "Du bist unser Herrscher. Du bist unser Retter!"

Das der Bild vorliegende Band sollte sogar vom Sender ausgestrahlt werden. B.TV-Chefredakteur Michael Lindenau war das wohl zuviel. Wie er gegenüber dem Boulevardblatt bestätigte, habe er dieses Vorhaben abgelehnt. Sein Vorgesetzter Thomas Hornauer quittierte die Weigerung mit der Kündigung Lindenaus. Dieser wandte sich nun an unabhängige Medien, um gegen seinen Ex-Arbeitgeber zu wettern. Mit "Gehirnwäschemethoden" habe Hornauer die Mitarbeiter drangsaliert, so der ehemalige Chefredakteur gegenüber der Ludwigsburger Kreiszeitung (LKZ). "Was hier abläuft, ist Rufmord gegen mich", schoss Hornauer in den Stuttgarter Nachrichten zurück. Er vermute, Lindenau wolle sich an ihm rächen.

"Grundsätze des Journalismus sind ihm nichts wert"

So bleibt vorerst unklar, inwiefern die Vorwürfe der Realität entsprechen. Sollte allerdings auch nur ein Teil davon zutreffen, dürfe dem B.TV-Chef die nach dem Landesmediengesetz erforderliche Zulassung nicht erteilt werden, fordert Birgit Kipfer von der SPD-Landtagsfraktion. "Alles was bisher berichtet wurde, weist darauf hin, dass Hornauer die persönlichen Voraussetzungen nach dem Medienrecht nicht erfüllt, dass ihm insbesondere die Grundsätze des Journalismus, also weltanschauliche Neutralität und Meinungsvielfalt, offenbar nichts wert sind", erklärt Kipfer weiter.

Ob Hornauer den so genannten Medienführerschein bekommt, wird derzeit von der LfK geprüft. Ohnehin laufe noch bis Mitte März ein Prüfungsverfahren bei der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) in Potsdam. Eine eventuelle Lizenzierung des Senders komme erst nach Abschluss des Verfahrens in Betracht, so LfK-Pressesprecherin Angela Frank. Eine Zulassung könne aber nur verweigert werden, wenn der Antragsteller aufgrund nachprüfbarer Feststellungen nicht die Gewähr dafür biete, dass er das Programm entsprechend der Zulassung und unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften veranstalten und verbreiten werde.

50 Mitarbeiter wurden wieder eingestellt

Hornauer hatte im Januar für rund zwei Millionen Euro die Studiokapazitäten, Programm- und Namensrechte von B.TV gekauft und rund 50 Mitarbeiter wieder eingestellt. Bei der LfK beantragte er daraufhin eine eigene Zulassung für ein bundesweites, auf das Land Baden-Württemberg orientiertes Fernsehvollprogramm. Ausgehend von dem bis Ende Januar ausgestrahlten Notprogramm wurden in der Zwischenzeit neue regionale Programmteile eingebunden und die News-Schiene wieder aufgebaut.

Quellen: idea.de/Livenet

Datum: 03.03.2003

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