«Generation Facebook»: Kirchen sollen neue Medien nutzen

Martin Luther wäre der erste gewesen, der die neuen Medien zur Verbreitung seiner Botschaft genutzt hätte. Das sagte die Kulturbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bahr, in der aktuellen Ausgabe der TV-Talksendung «Wartburg Gespräche» des ERF.
Jürgen Werth (li.) sprach mit seinen Gästen in der einstündigen Sendung «Wartburg Gespräche» über die Facetten sozialer Netzwerke. (Foto: ERF/TG)

Angesichts einer rasanten Ausbreitung und Nutzung etwa von sozialen Netzwerken wie «Facebook», «Stayfriends» oder «Wer kennt wen» plädierte Bahr dafür, Freundschaft und Kontakte über Internetplattformen nicht auf eine Ebene zu setzen. «Man muss emphatisch unterscheiden zwischen sozialen Netzwerken und Freundschaft», meint die Pfarrerin, die das Kulturbüro der EKD in Berlin leitet. Wahre Freundschaft zeige sich erst im Laufe eines Lebens oder einer Wegstrecke, wenn man auch Dinge miteinander bewältigt, die man online nicht bewältigen kann. «In dem Moment, wo man immer auf einer Bühne Freundschaft lebt, verändert sich das Verhältnis», so Bahr. Menschen, die viel Lebenszeit mit Online-Netzwerken verbringen, müssten sich gleichzeitig fragen, wo die Orte bleiben, an denen Platz und Zeit ist für echte Freundschaft sei.

Beziehungen aufrechterhalten

Die Sendung «Wartburg Gespräche», die von Jürgen Werth moderiert wird, widmete sich in ihrer aktuellen Ausgabe dem Thema «Generation Facebook». Nach Ansicht des Medienwissenschaftlers Wolfgang Reißmann ist die Mitgliedschaft in Internet-Gemeinschaften heute für jüngere Menschen die Norm und «ein Garant für das Aufrechterhalten intensiver Beziehungen in einer flexiblen Gesellschaft». Dabei handele es sich längst nicht mehr um ein Phänomen allein unter Jugendlichen. Über berufliche Bezüge würden immer mehr Menschen über 35 Jahren Mitglieder von Online-Communities und stellten zurzeit die am schnellsten wachsende Altersgruppe dar, so Reißmann.

Nach Ansicht des Journalisten Martin Simons, der ein Buch unter dem Titel «Vom Zauber des Privaten - Was wir verlieren, wenn wir alles offenbaren» geschrieben hat, verstärken sich durch das Internet die Selbstproduktion und ein narzisstisches Verhalten der Nutzer. Er beobachtet zudem ein Herabsetzen von Schamschwellen. Im Überschwang der neuen Möglichkeiten gehe etwas verloren, wenn private Dinge in einem für sich unabsehbaren Kreis öffentlich gemacht würden, so Simons. Die so entstehende Aufmerksamkeit, vor allem dann, wenn man zutiefst Privates preisgibt, verführe zu einem «Wettbewerb der Intimitäten». Weiterer Gast der Sendung war Michael Gerster, Redaktionsleiter von ERF Online.

Link zum Thema: Die Sendung anschauen

Datum: 19.02.2010
Quelle: PRO Medienmagazin

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