«Besitzverhältnisse ungeklärt»

Keine Qumran-Rollen in Frankfurt

Es hätte etwas «Einmaliges» für das Bibelhaus in Frankfurt am Main werden sollen. Jetzt wurde die geplante Ausstellung der Qumran-Schriftrollen für 2019 abgesagt – weil die Bundesregierung nicht garantieren will, dass Israel die Rollen zurückbekommt.
Qumran-Schriftrollen

Um zu verhindern, dass die Palästinensische Autonomiebehörde oder Jordanien Ansprüche auf die Rollen geltend machen, hatte Israel eine rechtsverbindliche Rückgabezusicherung von der Bundesregierung gefordert. Aber die konnte diese Garantie nicht geben, erklärt Hessens Kulturminister Boris Rhein (CDU), weil aus Sicht des Aussenministeriums und der Bundesbeauftragten für Kultur «die Besitzverhältnisse ungeklärt sind». Nach Angaben von Museumsdirektor Jürgen Schefzyk hätten andere Länder wie die Niederlande oder Österreich kein Problem damit, pauschale Zusicherungen abzugeben.

Zweienhalb Jahre Vorbereitung zunichte

Volker Jung, Präsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), hatte 2015 in Jerusalem eine Vereinbarung zur Organisation der Ausstellung unterzeichnet. Das überwiegend von der EKHN finanzierte Museum kooperiert seit vielen Jahren eng mit der israelischen Antikenverwaltung. Jetzt spricht die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) von einer «einzigartigen Chance», die vergeben wurde – «emotional ist das eine Enttäuschung». Claudia Korenke, Vizepräsidentin der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, verwies darauf, dass im Jahr 2005 ein Teil der Tempelrolle in Berlin zu sehen war, und kritisierte: «Offensichtlich betrachten einzelne Akteure der deutschen Politik mittlerweile jedoch die Interessen der Palästinenser als so wichtig, dass die Staatraison, die uns gegenüber Israel verpflichtet, in Vergessenheit gerät.»

Fruchtlose Intervention

Ende November hatte Frankfurts Bürgermeister Uwe Becker noch Briefe an Kulturministerin Monika Grütters und Aussenminister Sigmar Gabriel geschrieben, um die Ausstellung im letzten Moment zu retten. «Wenn Deutschland unwillig ist, den legalen Status der Qumran-Rollen als israelisches Weltkulturerbe anzuerkennen, würde das die Koordinaten unserer deutsch-israelischen Beziehungen damatisch verändern», erklärte Becker.

Doch seine Intervention fruchtete nicht. Israel hat beschlossen, die Qumran-Rollen nicht aus der Hand zu geben. Israel Hassan, Generalsekretär der Israelischen Antikenverwaltung, erklärte: «Wir sind die Eigentümer der Schriftrollen vom Toten Meer und die Verwalter dieser Menschheitsdokumente, die in gleicher Weise für alle monotheistischen Religionen bedeutsam sind. Wir haben die Aufgabe, diese Dokumente zu schützen und diese Position ist nicht verhandelbar.»

Wichtige historische Dokumente

Die Schriftrollen von Qumran sind die ältesten bekannten Bibelmanuskripte. Die ersten Rollen wurden von Beduinen 1946 im Gebeit der heutigen Westbank entdeckt, einem Gebiet, das seit dem Sechstagekrieg 1967 unter israelischer Kontrolle ist. 2010 hatte die jordanische Regierung die Herausgabe eines Teils der Rollen beantragt. Auch die Palästinensische Autoritätsbehörde erhebt Anspruch auf die Rollen, die die frühesten bekannten Abschriften der hebräischen Bibel darstellen – für Israel ein wichtiges Dokument seiner Verwurzelung im Land.

Zum Thema:
Entdeckung am Toten Meer: «Es ist ein Rennen gegen die Zeit»
Weitere Schriftrollen im Fokus: Israel startet Drei-Jahres-Expedition
Fund nahe des Toten Meeres: Fragmente sprechen von Gottes Verheissungen

Datum: 08.12.2017
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet

Werbung
Livenet Service
Werbung