Sinnlose Gewalt

Niger: 72 Kirchen zerstört – wegen Karikaturen

Während demokratische Länder in Europas ihr Recht auf Meinungsfreiheit verteidigen, bezahlen Christen in anderen Ländern wegen den Charlie Hebdo-Karikaturen mit ihrem Leben. Nach einer beispiellosen Welle der Gewalt letzte Woche im afrikanischen Staat Niger fragte der Präsident im Fernsehen: «Was haben die Christen in Niger getan, um das zu verdienen? Wo haben sie euch Unrecht zugefügt?»
Ein Bild der Zerstörung nach der Gewaltwelle gegen Christen im Niger.
Eine ausgebrannte Kirche von innen
Die Schrift an der Kirchenwand sagt: "Gott kann vollkommen retten." (Hebr 7,25)
Ein verbrannte Bibelseite

Der Niger gehört nicht zu den 50 Ländern des jüngst veröffentlichten Weltverfolgungsindex von Open Doors, wo Christen besonders hart verfolgt werden. Das Land mit 17 Millionen Einwohnern (davon etwa 98% muslimisch) und einer säkularen Regierung, galt bislang als Beispiel von Toleranz gegenüber der christlichen Minderheit. Niger ist eines der ärmsten Länder der Welt, sein wichtigstes Exportgut ist Uran, das in den Minen bei Arlit vom französischen Konzern Areva abgebaut wird.

Kirchen, Schulen und Häuser zerstört –  Christen getötet

«Nach der Veröffentlichung der neuen Ausgabe des Magazins Charlie Hebdo brach am 16. Januar eine bislang nie dagewesene Welle von Gewalt gegen die Christen im Land los», berichtet Open Doors. «Beginnend in Zinder, der zweitgrössten Stadt des Landes, kam es auch in der Hauptstadt Niamey und weiteren Orten zu gewaltsamen Übergriffen. Bislang wurde die Zerstörung von 72 Kirchen, sieben christlichen Schulen, 30 Häusern von Christen und mehreren Pfarrhäusern notiert. Gottesdienste mussten wegen der extremen Gefährdung der Christen abgesagt werden. Mindestens zehn Menschen verloren ihr Leben.»

Ansprache des Präsidenten

Der Präsident von Niger, Mahamadou Issoufou, fragte in einer Fernsehansprache die gewalttätigen Muslime: «Was haben die Christen in Niger getan, um das zu verdienen? Wo haben sie euch Unrecht zugefügt? Die, die Gotteshäuser plündern, die sie entweihen, die ihre christlichen Landsleute oder Ausländer, die in unserem Land leben, verfolgen und töten, haben nichts vom Islam verstanden», sagte er im Staatsfernsehen, wo auch zwanzig muslimische Rechtsgelehrte zur Ruhe aufriefen.

Der Präsident hatte als eines von sechs afrikanischen Staatsoberhäuptern am Protestmarsch gegen Islamismus in Paris teilgenommen. Gleichzeitig aber verurteilte Issoufou aber die neue Mohammed-Karikatur. Die Regierung unterstütze zwar Meinungsfreiheit, allerdings bedeute diese nicht das Recht auf Beleidigung des muslimischen Glaubens.

Neues Phänomen in Schwarzafrika

Derartige Ausschreitungen sind ein neueres Phänomen in Schwarzafrika, wo die verschiedenen Religionen seit langem friedlich neben- und miteinander leben. Dass dieses lebendige Miteinander nun «von der Säure des Fanatismus zerfressen werde, ist zutiefst traurig», kommentiert etwa die NZZ am 19. Januar und fährt fort: «Im Niger kommt verschärfend dazu, dass Christentum identifiziert wird mit Frankreich, der ehemaligen Kolonialmacht, und damit auch alte Ressentiments bedient werden. «Charlie» steht für viele junge Muslime nicht für Aufklärung, sondern für die alt-neuen weissen Herren, die das Land ausbeuten und die Bewohner auch noch mit Spott demütigen. Das alles hat nichts mit den nigrischen Christen zu tun, aber einige von ihnen bezahlen mit ihrem Leben dafür.»

Christen: Aufruf zu Vergebung, Versöhnung und Gebet

Pastor Sani Nomau im Niger wandte sich mit einem bewegenden Appell an die Christen im Land: «Ich rufe jeden einzelnen Gläubigen dazu auf, zu vergeben und zu vergessen und die Muslime mit aufrichtigem Herzen zu lieben und Christus mit ganzer Liebe nachzufolgen. Ich sage das mit Tränen in meinen Augen. Das alles ist sehr schmerzhaft und schwierig, wir sind jedoch Kinder Gottes. Wir müssen die lieben, die uns verfolgen und sie in unsere Häuser einladen. Wir geben ihnen zu essen, wenn sie hungrig, und zu trinken, wenn sie durstig sind. Wir sind Menschen des Friedens. Keiner soll nach Vergeltung trachten. Der Herr steht uns in dieser schweren Zeit zur Seite. Muslime in Niger – wir lieben euch mit der Liebe Christi!»

Öffentlich Anteilnahme zeigen

Markus Rode, Leiter von Open Doors Deutschland, äussert sich angesichts der Gewalttaten an Christen in Niger: «Wir sind zutiefst betroffen, wieviel Leid zum wiederholten Mal über Christen aufgrund der Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen gekommen ist. Unsere Gedanken und Gebete sind bei den ermordeten Christen und ihren Familien. Sie müssen erneut den Preis für die unbegrenzte Inanspruchnahme unserer Pressefreiheit im Umfeld eines zunehmend extremistischen Islam zahlen.»

Datum: 23.01.2015
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Open Doors / NZZ

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