Flüchtlingsproblematik

Willkommenskultur – bedrohlich oder notwendig?

Berichte über Flüchtlinge und Asylbewerber sind in den Nachrichten zurzeit allgegenwärtig. Während hier die Problematik von allen Seiten beleuchtet wird, hat der Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) in Deutschland eine Verlautbarung aufgesetzt, die Dankbarkeit und Hilfsbereitschaft in dieser Frage voranstellt. Das klärt nicht jede Frage, ist aber ein gutes Signal!
Demonstration in Leipzig: «Flüchtlinge willkommen!»
Hauke Burgarth

Momentan bestimmt ein Schlüsselwort die Diskussion: «überfordert». Die Kommunen sind bei der Unterbringung von so vielen Flüchtlingen überfordert. Die Ämter sind mit der Verwaltung überfordert. Unsere Politiker sind damit überfordert, tragfähige Lösungen zu entwickeln. Die Bevölkerung ist damit überfordert, sich auf die Flüchtlingsmengen einzustellen. Und die Flüchtenden selbst? Sie sind mit dem Ausnahmezustand ihrer Flucht schon lange am Ende dessen angekommen, was erträglich ist.

Angst vor einer Willkommenskultur

Durch die dramatisch ansteigenden Flüchtlingszahlen und die oben beschriebenen Überforderungen entstehen Ängste. Zum Beispiel die vor einer «Flüchtlingseuphorie». Der Spiegel-Kolumnist Jan Fleischhauer beschreibt eine seiner Meinung nach übertriebene Willkommenskultur, die aber eher auf diffusen Gefühlslagen beruht als auf einer realistischen Einschätzung der Lage.

Das evangelische Nachrichtenmagazin Idea greift diesen Gedanken auf und zitiert Fleischhauers Bedenken – gerade gegenüber einem Zuzug von Muslimen: «Wenn der Zuzug in diesem Tempo anhält, wird sich die Zahl der in Deutschland lebenden Muslime in absehbarer Zeit verdoppelt haben. Das ist eine Entwicklung, die alle Prognosen in den Schatten stellt, mit denen Thilo Sarrazin sein Publikum zum Gruseln brachte. Man ahnt, dass es nicht viel braucht, um die alten Befürchtungen wieder zu aktivieren.»

Weitere Ängste, die zur Sprache kommen, sind der Zuzug ungebildeter und schlecht integrierbarer Menschen sowie die mögliche Einwanderung von IS-Kämpfern. «In Wahrheit wissen wir sehr wenig über die Menschen, die in Deutschland Asyl beantragen», resümiert der Journalist.

Dank für Hilfsbereitschaft

Die gleiche Ausgangssituation bringt den Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden dazu, völlig anders gelagerte Gedanken zu veröffentlichen: «Wir sind dankbar für unsere politisch Verantwortlichen, die sich intensiv um Lösungen auf allen Ebenen bemühen. Ebenso sind wir dankbar für eine breite Hilfsbereitschaft in unserer Bevölkerung. Wir sind aber auch dankbar für Gemeinden, die sich im Bereich der Flüchtlingshilfe engagieren und Möglichkeiten der praktischen und seelsorgerlichen Hilfestellung suchen und auch umsetzen. Mit Sorge schauen wir auf fremdenfeindliche Äusserungen und Handlungen in unserem Land. Diesem stellen wir uns mit aller Entschlossenheit entgegen.»

Damit ignorieren die Verantwortlichen des BFP keine realistischen Bedenken, betonen aber eher die Chancen, die sich durch die Flüchtlingsströme bieten: Fremden wie Jesus selbst zu begegnen – im Sinne der Endzeitrede von Jesus, wo er unterstreicht: «Denn als ich hungrig war, habt ihr mir zu essen gegeben. Als ich Durst hatte, bekam ich von euch etwas zu trinken. Ich war ein Fremder bei euch, und ihr habt mich aufgenommen.» (Matthäusevangelium Kapitel 25, Vers 35). Gleichzeitig unterstreichen sie die dazu nötige Ausdauer, wenn es gilt «nicht müde zu werden, Gutes zu tun». Dies gelte allen Menschen gegenüber, unabhängig von Rasse, Sprache, Hautfarbe und Religion.

Wirklichkeit neu buchstabieren

Die beiden Positionen können um viele weitere ergänzt werden. Doch sie zeigen, wie sehr eine Haltung der Angst bzw. eine der Dankbarkeit unser Denken und Handeln bestimmt. Gleichzeitig wird deutlich, dass viele Menschen beide Positionen nicht nur verstehen, sondern auch beide vertreten, obwohl sie gegensätzlich scheinen. Wir befinden uns gerade mitten in einem gesellschaftlichen Umbruch. Da hilft es nicht weiter, sich bildlich gesprochen die Decke über den Kopf zu ziehen und zu sagen: «Die sollen wieder alle weggehen. Es soll sein wie vorher.»

Genauso wenig hilft es, jede Veränderung als Verbesserung zu begrüssen, denn das ist sie nicht. Auf dem Weg dahin, eine eigene, tragfähige, christlich geprägte Position zu finden, ist es sicher sinnvoll, Ängste zu hören. Aber es ist in erster Linie wichtig, auf Gott zu hören, der die Geschichte in seiner Hand hält und uns darin gebraucht. Horst Werner vom BFP fasst dies so zusammen: «Wir sind in Deutschland durch die aktuelle Situation herausgefordert, aber nicht überfordert. Gott hat unser Land gesegnet. Es ist gut, wenn wir von diesem Segen weitergeben.»

Zum Thema:
Fördern und fordern: Flüchtlinge aufnehmen – aber auch ernst nehmen
Keine Angst vor Islamisierung: Merkel: «Haben wir den Mut, zu sagen, dass wir Christen sind»
Geheime Operation: Belgien rettet christliche Flüchtlinge aus Aleppo

Datum: 07.09.2015
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet / idea / BFP

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung