Ebola in Afrika

Wie viel darf Nächstenliebe kosten?

Sein Bild ging mehrfach durch die Medien: Kent Brantly arbeitete als Arzt in Liberia. Er blieb dort auch nach Ausbruch der Ebola-Seuche, um zu helfen. Dann infizierte sich der bekennende Christ und wurde nach Hause in die USA geflogen. Nach der Behandlung mit einem ungetesteten Serum scheint er gesund zu sein. Jetzt wird Kritik an dem Helfer laut. War sein Einsatz unverantwortlich? – Ein Kommentar.
Nancy Writebol und Dr.Kent Brantly

Der 33-jährige amerikanische Arzt Dr. Kent Brantly kämpfte mit der christlichen Hilfsorganisation «Samaritan's Purse» in Liberia gegen Ebola. Dabei infizierte er sich zusammen mit einer Kollegin, der Missionarin und Krankenschwester Nancy Writebol, mit dem tödlichen Virus. Als beide das neuartige Serum Zmapp erhalten sollten, verzichtete er zunächst, weil die vorhandene Menge nur für die Behandlung einer Person ausreichte. Auch in deutschsprachigen Medien wurde der Arzt für seinen Einsatz und sein selbstloses Verhalten gewürdigt. Nach ihrem Transport in die USA wurden beide mit dem Serum behandelt und konnten inzwischen das Krankenhaus als gesund verlassen.

Dankbarkeit gegen Gott

Bei der Pressekonferenz zu seiner Entlassung sagte Dr. Brantly: «Mehr als alles andere bin ich Gott für immer dankbar, dass er mich gerettet hat. Ich bin für die Aufmerksamkeit dankbar, die meine Krankheit auf die Not gelenkt hat, in der Westafrika inmitten der Epidemie ist. Bitte beten Sie weiter für Liberia und die Menschen in Westafrika. Ermutigen Sie Leiter und diejenigen, die Einfluss haben, um alles Nötige zu tun, um diesem Ebola-Ausbruch ein Ende zu setzen. Danke.»

Kritik am scheinbaren Leichtsinn

In den USA wird zurzeit aber auch Kritik am scheinbar leichtsinnigen Verhalten des Mediziners laut. Ann Coulter, eine konservative Kolumnistin, die sich selbst als «Polemikerin» bezeichnet, spricht von einem «idiotischen» Einsatz und «christlichem Narzissmus». Sie betrachtet die Kosten für Brantlys Rettung und meint: «Ich frage mich, wie sich der Ebola-Arzt dabei fühlt, dass sein humanitärer Trip die Hilfsorganisation mehr gekostet hat, als seine Dienste eingebracht haben.» Und sie legt nach: «Kann nicht jeder Gott in Amerika dienen? Nein, hier gibt es scheinbar nichts für Christen zu tun …»
Andere stellen leisere Fragen, die allerdings tiefer gehen. Michele Hanson vom Guardian titelt zum Beispiel: «Wenn Gott einen amerikanischen Arzt vor Ebola gerettet hat, warum liess er 1'200 Afrikaner sterben?»

Das Leid der Welt

Rassistisch geprägte Vorschläge à la Coulter, keine Ebola-Kranken, sondern lieber Hollywood-Grössen zu behandeln, damit diese in Zukunft von Amerika aus die Welt positiv beeinflussen können, werden weder Helfern wie Kent Brantly noch den Ebola-Opfern in Afrika in irgendeiner Form gerecht. Eine Nabelschau wie diese kann nur weit entfernt von jeder Krise am Schreibtisch entstehen.
Die Frage danach, warum einer gesund wird und viele andere nicht, wiegt schwerer. Genauso wie die unbequeme Frage, warum ein amerikanischer Arzt mehr Aufmerksamkeit und Anteilnahme bekommt als ganz Westafrika zusammengenommen.

Ein Blick in die Antike

Ich muss bei den Berichten über Ebola immer wieder an zwei grosse Epidemien im Römischen Reich denken. 180 und 260 nach Christus löschten Seuchen mehr als ein Drittel der Bevölkerung in der damals bekannten Welt aus. Nichtchristen wie Christen starben. Und doch gab es einen Unterschied. Bischof Dionysus hielt damals fest: «Die meisten unserer christlichen Brüder zeigten grenzenlose Liebe und Treue. Sie schonten sich selbst nie und dachten nur an andere. Ohne Rücksicht auf die Gefahr kümmerten sie sich um die Kranken …» Gleichzeitig betonte er: «Die Heiden verhielten sich genau entgegengesetzt. Beim ersten Anschein der Krankheit stiessen sie die Leidenden weg und flohen von ihren Liebsten, warfen sie auf die Strasse, bevor sie gestorben waren und behandelten ihre Leichen wie Dreck …»
Christ sein bedeutete nicht, garantiert geheilt zu werde. Aber es stand für eine neue Idee von «Liebe». Heidnische Götter liebten nicht. Der christliche Gott aber liebte unterschiedslos – und forderte dazu auf, es ihm gleichzutun.

So musste Kaiser Julian, Konstantins Enkel, der stets bemüht war, das Rad der Geschichte auf «vorchristlich» zurückzustellen, später verbittert feststellen: «Die ungläubigen Galiläer (= Christen) helfen nicht nur ihren eigenen Armen, sondern unseren genauso; jeder sieht es, dass unsere Leute keine Hilfe von uns bekommen.»

Offene Fragen

Wenn ich die Fragen nach dem Leid der Welt (oder nach Ebola in Afrika) erschöpfend beantworten sollte, stosse ich viel schneller an meine Grenzen, als mir lieb ist. Andererseits: Was würde eine schlüssige Erklärung den Menschen in Liberia, Guinea, Sierra Leone und Nigeria bringen? Die grösste Stärke des christlichen Glaubens waren nie seine theoretischen Antworten auf die offenen Fragen der Menschheit, sondern seine gelebte Liebe, die keinem Risiko ausweicht, wenn es darum geht, Menschen im Namen Gottes zu lieben und ihnen zu helfen. So wie das zahlreiche Helfer in Afrika tun. Mit dem Wissen, dass Nächstenliebe etwas kostet.

Zur Webseite:
Infos Geschenke der Hoffung
The Guardian
Christian Today

Datum: 28.08.2014
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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