Dank Feuer und Dampf

Missionare profitierten von moderner Technik

Im 19. Jahrhundert breitete sich das Evangelium wie noch nie zuvor um die ganze Welt herum aus. Dies war auch der damals neuen Dampfmaschine zu verdanken.
Die noch heute existierende «Great Britain» war das erste Dampfschiff, das 1845 den Atlantik überquerte.

Bis vor rund 200 Jahren konnten Menschen nur mit Pferde-, Wind- oder ihrer eigenen Muskelkraft reisen. Dies änderte sich erst durch James Watt (1736-1819) nachhaltig. Seine Erfindung der Dampfmaschine ermöglichte es, alle noch so entlegenen Teile des Globus zu erreichen. Ab etwa 1850 verkehrten auf den Weltmeeren immer mehr Dampfschiffe und unzählige Eisenbahnen wurden auf allen Kontinenten gebaut. Immer mehr bisher unerschlossene Teile der Welt wurden an das globale Verkehrsnetz angebunden.

Zuerst mit Windkraft

Das hatte auch Auswirkungen auf die Ausbreitung des Christentums. Zwar stiess man schon im Zeitalter der Entdeckungen, nachdem Christoph Kolumbus im Jahr 1492 nach Amerika kam, auf viele neue Länder und das Christentum verbreitete sich. So waren die Pilgerväter, die ersten englischen Siedler in Neuengland, Glaubensflüchtlinge und brachten als erste den reformierten Glauben nach Amerika. Sie segelten 1620 auf der Mayflower über den Atlantik und gründeten die Kolonie Plymouth im heutigen Massachusetts.

Vor der Erfindung der Eisenbahn wurden die meisten Küsten der Erde von Europa aus erschlossen und damit auch für christliche Missionare erreichbar. Doch weite Gebiete im Landesinneren von Afrika oder Asien blieben unzugänglich, bis Eisenbahnen und später Strassen gebaut wurden.

Missionare bahnten Weg

Ab etwa 1830 betrieben protestantische Missionare Entdeckungs- und Missionsreisen an der Guineaküste, in Südafrika und in Sansibar. Der wohl Berühmteste war der Schotte David Livingstone (1813-1873), der als einer der ersten Europäer um 1870 das Gebiet um den Tanganjikasee erreichte und dort mehrere Jahre verweilte. Die ersten Missionare waren hier also auch die Speerspitze der Kolonisation. Bereits wenige Jahre später wurden die ersten Eisenbahnen in Afrika gebaut.

Auch in China ging die Mission Hand in Hand mit der verkehrstechnischen Revolution und der kolonialen Eroberung durch die europäischen Mächte. Der englische Missionar James Hudson Taylor (1832-1905) gründete 1865 die bis heute existente China-Inland-Mission. 1875 begann er, China systematisch zu evangelisieren. Er erbat 18 Missionare für die bisher noch unerreichten neun Provinzen, 1881 weitere 70, 1886 weitere 100 Missionare. Auch diese Missionare profitierten bei ihren Reisen nach China und in die entlegenen Provinzen des Landes von den Dampfschiffen und dem Bau der Eisenbahnen.

Zusammenarbeit mit Kolonialherren

Die christliche Mission des 19. Jahrhunderts profitierte vom technischen Fortschritt, aber auch von der kolonialen Besitznahme weiter Teile Asiens und Afrikas durch die europäischen Kolonialmächte. Ja, die Missionare bahnten wie im Falle Livingstones durch ihre Entdeckungen zumindest indirekt sogar den Weg für die koloniale Eroberung der fremden Länder. Der Preis dafür war, dass das Christentum sich zumindest teilweise vom Kolonialismus vereinnahmen liess.

Das ist vielleicht auch der Grund dafür, weshalb gerade in China der grosse Durchbruch des Christentums erst nach dem Ende des Kolonialismus und dem kommunistischen Umsturz gekommen ist. Nachdem die europäischen Missionare in den 1950er Jahren des Landes verwiesen wurden und nachdem während der Kulturrevolution das religiöse Leben streng verboten war, hat das Christentum in den letzten dreissig Jahren ohne wesentliche ausländische Unterstützung einen massiven Aufschwung genommen. Inzwischen hat China eine der grössten christlichen Gemeinden mit weiterem stabilen Wachstum.

Datum: 28.10.2013
Autor: Samuel Krähenbühl
Quelle: Magazin wort+wärch, Ausgabe September 2013

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