Finanzkrise

Kultur des Schuldenmachens an den Pranger

Alt Nationalrat Ruedi Aeschbacher hat sich während seiner Amtszeit regelmässig für den Schuldenabbau des Staates eingesetzt. Nun bezieht er angesichts von Staatsverschuldung und privater Schuldenmacherei dezidiert Stellung.
Ruedi Aeschbacher

«Spare in der Zeit ...            

…. so hast du in der Not. Dieses Sprichwort ging meinen Eltern leicht über die Lippen. Zwei Weltkriege haben sie gelehrt: Darum hatte es in unserem Keller neben dem im Sommer Eingemachten immer einen kleinen Vorrat – Zucker, Oel, Reis und andere haltbare Lebensmittel. Und auf der Kantonalbank gab es ein Sparbüchlein mit dem, was vom bescheidenen Lohn eines Eisenbahners am Ende des Monats ab und zu noch übrig blieb. Schuldenmachen war kein Thema. Für die Eltern wie für uns Kinder gab es nur, wofür das Geld reichte.

Expansion mit eigenen Mitteln

Unsere Familie war keine Ausnahme. So lebte unsere Gesellschaft bis weit ins letzte Jahrhundert. So wirtschafteten die Bauern, so auch funktionierte die Wirtschaft. Unternehmen wuchsen aus kleinen und kleinsten Handwerkerbetrieben.

Langsam aber sicher und immer nur soweit, als Expansionen und neue Engagements verkraftbar und mit eigenen Mitteln oder ausreichenden Sicherheiten abgedeckt waren. Diese Grundhaltung der Unternehmen und der Gesellschaft war neben Tüchtigkeit, Anstand, Ehrlichkeit und Fleiss einer der Grundpfeiler für den erreichten Wohlstand.

Das Diktat der Grösse

Die Zeiten haben sich geändert. Auch die Werte, nach denen die Menschen heute leben und die Wirtschaft tickt. Wachstum ist das Zauberwort der Wirtschaft, der Börsen. Grösse muss her, es wird fusioniert, bis die Riesenkomplexe nicht mehr führbar sind. «Geiz ist geil» und die Kreditkarte hat das Schuldenmachen zur Normalität gemacht: Die Vergnügen von heute werden mit dem Lohn von morgen oder übermorgen bezahlt.

Die Steuersenker

Nicht nur die Privaten, auch die Staaten haben sich zunehmend verschuldet. Weil sie laufend mehr ausgeben, als sie einnehmen. Auch bei uns werden von rechts immer wieder Steuersenkungen gefordert und durchgedrückt. Die Steuersenker sind sich aber nicht zu gut, um bei jeder Gelegenheit, wo es in der Wirtschaft schlechter läuft, von den Kantons- und der Bundeskasse Unterstützung geben zu lassen.

Mit dem oft scheinheiligen Argument «Sicherung der Arbeitsplätze». So gehabt in der Finanzkrise mit dem milliardenschweren Konjunkturprogramm und den Rettungsmilliarden der Bundeskasse und der Nationalbank für die UBS. Und so läuft es heute wieder mit den zwei Milliarden, mit denen der Bund jenen unter die Arme greifen soll, welche wirtschaftliche Probleme mit dem starken Franken haben.

Kultur des Schuldenmachens

Recht hat die EVP, wenn sie die Kultur des Schuldenmachens im Staat, in der Wirtschaft und in der Gesellschaft anprangert, vor weiteren populistischen Steuersenkungen warnt und verlangt, dass wir auch bezahlen, was wir konsumieren. Ich fürchte aber, dass man die EVP nicht hören will oder sie belächelt. Wie schon vor vier Jahren, als sie – einsame Ruferin in der Wüste – mit einer Medienkonferenz auf die Schuldenfalle aufmerksam machte, in welcher sich Private, Unternehmen und auch der Staat zunehmend fangen lassen. Entsprechende EVP-Vorstösse im Nationalrat sind damals bis auf einen von der bürgerlichen Mehrheit abgelehnt worden. «Spare in der Zeit…» scheint auch heute noch für eine Mehrheit unserer Bevölkerung und unserer Wirtschaft und deren politischen Vertreter weniger attraktiv zu sein als Steuersenkungen und die Selbstbedienung aus der Staatskasse.

Webseite:
Evangelische Volkspartei (EVP)

Buch zum Thema:
Mäuse, Motten & Mercedes. Biblische Prinzipien für den Umgang mit Geld

Datum: 30.08.2011
Autor: Ruedi Aeschbacher, alt Nationalrat EVP

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