Kommentar

Wirtschaft, Wirtschaft über alles

Wie weit darf die Ökonomisierung der öffentlich-rechtlichen Medien gehen? Was lassen wir uns bieten? - Ein Zwischenruf.
Die Tagesschau des Schweizer Fernsehens - geprägt von der Wirtschaft. (Bild: SF/Heinz Stucki)

Dass die SRG-Medien sich ins Zeug legen müssen, um im internationalen Wettbewerb mitzuhalten, versteht sich. Trotzdem ist das wuchernde Sponsoring in gebührenfinanzierten Programmen ein Ärgernis.

Meint diese Krankenkasse oder jene Versicherung wirklich, dass ich sie eher berücksichtige, wenn sie zum 50. Mal die Meteo einrahmt? (Immerhin bleibt uns südlich des Rheins das coolste Bier der Welt zwischen den Fussballberichten erspart...)

Das Sponsoring macht einen grösseren Trend bewusst. Täuscht der Eindruck, dass Wirtschaft in den Nachrichtensendungen der SRG-Medien Soziales und Ethik, Ökologie und Internationales zunehmend verdrängt? 

Kaum zu glauben: Es gab eine Zeit, da wurde das Nachrichtenbulletin ohne den letzten Stand des Börsenindex und der wichtigsten Wechselkurse verlesen. Die Medien vermittelten das nationale und internationale Geschehen, indem sie prioritär politische und soziale Fragen aufgriffen.

Die UBS ist ein Fall für sich. Dass sie sich über Jahre medial ‚vorgedrängelt‘ hat, muss man ertragen - als nationale Katastrophe, die wir uns, von Profiten geblendet, selbst eingebrockt haben.

Doch heute werden nicht nur Wirtschafts-Infos von nationaler Bedeutung vermittelt. Zu den besten Sendezeiten hagelt es Unternehmensabschlüsse (im unseligen Quartalstakt), Boni-Debatten (Neid und Empörung: gut für die Einschaltquote), Arbeitsmarktzahlen, Krisenanalysen, Konjunkturprognosen, Steuerstreit- und Bankengeheimnis-News...

Als hätten wir davon gelebt. Haben wir nicht.

Gewiss müssen wir, um gut zu leben, arbeiten. Was wäre die Schweiz ohne zukunftsträchtig positionierte Unternehmen? Die öffentliche Debatte über eine gerechtere Wirtschaft setzt differenzierte Information voraus. Gerade deshalb sollten Nachrichtensendungen wirtschaftliche und andere Aspekte verbinden. Menschen im Schatten, Völker im Süden, ökologische Zusammenhänge und ethische Dilemmas gehören ebenso in die Schlagzeilen.

Zwischendurch - das ist einzuräumen - setzen die öffentlich-rechtlichen Medien Akzente, die Menschen als Menschen, als kreative Köpfe, einzeln und in Gemeinschaft zeigen - und nicht bloss als Konsumenten und Produzenten, Dienstleister und Kunden, als Verfechter ökonomischer und politischer Interessen, als Subjekte und Objekte wirtschaftlicher Vorgänge. Doch in den Nachrichtensendungen haben Zahlen und ökonomisches Kalkül zu viel Gewicht.

Die lebenswerte Schweiz bedarf der Erwerbstätigen und Manager - sie braucht sie als Menschen mit warmem Herzen und Zivilcourage. Idée suisse...

Datum: 18.08.2009
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung