Ulrich fordert faire Chancen für alle

Basel. Für eine neue Kategorie von "emanzipatorischen Wirtschaftsbürgerrechten" als Voraussetzung für weniger kompensatorische Sozialpolitik hat der St. Galler Wirtschaftsethiker Prof. Peter Ulrich plädiert. Er sprach am Samstag in Basel an der Tagung der 60-jährigen Vereinigung Christlicher Unternehmer der Schweiz (VCU) und des Vereins "Glaube - Wirtschaft".

Ulrich sieht zwei Ansatzpunkte für eine "voll entfaltete und wohlgeordnete Bürgergesellschaft und die legitime und sinnvolle Rolle der Marktwirtschaft in ihr": einerseits die Förderung des unverzichtbaren Bürgersinns als personaler Voraussetzung und anderseits "die rechtsstaatliche Grundordnung - nämlich die Weiterentwicklung der Bürgerrechte, die den realen Status freier Bürger auch im 'Wirtschaftsleben' konstituieren".

Damit alle sich entfalten können

In einer zivilisierten Marktwirtschaft brauche es "eine neue Kategorie von Bürgerrechten, die sich auf die sozioökonomischen Voraussetzungen unseres Status als real freie Bürger beziehen". Es gehe darum, "im Voraus, als Eingangsbedingung des Wettbewerbs, faire Chancen für alle auf eine selbstbestimmte Lebensführung und Existenzsicherung" zu gewährleisten - also um „mehr emanzipatorische Gesellschaftspolitik als Voraussetzung für weniger kompensatorische Sozialpolitik".

Unter dem Titel "Finanzkrise als wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Herausforderung" referierte zudem Botschafter Eric Scheidegger, stellvertretender Direktor im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), über die Herausforderungen in der Konjunkturkrise.

"Schweiz gut aufgestellt"

Niklaus Blattner, ehemaliger Nationalbank-Vizepräsident, untersuchte im Zusammenhang mit der Finanzkrise die Ursachen, Konsequenzen und Lehren daraus. Es wäre "von Vorteil, Banken in jedem Fall so zu strukturieren, dass Liquidationen ohne Systemschaden möglich würden", sagte Blattner. Positiv stimme, so Blattner, "dass die Schweiz strukturell gut aufgestellt ist. Sobald die Weltwirtschaft wieder in Gang kommt, springen auch hier die Motoren wieder an." Er wies darauf hin, dass im Finanzbereich die Mängel identifiziert und die Reformansätze entwickelt wurden.

Die dem christlichen Gedankengut verpflichtete VCU wurde 1949 gegründet. Sie orientiert sich an einer ethisch fundierten Wirtschaftstätigkeit und einer Offenheit für Fragen jenseits des kurzfristigen Erwerbs- und Anlagehorizonts.