Weltbank als Anwalt der Leisen und Schwachen

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Die Weltbank fordert mehr Chancengleichheit für die Armen: einen besseren Zugang zu medizinischer Versorgung, Justiz, Bildung, Arbeitsplätzen, Kapital, Land und Wasser.

Vielfach seien Menschen über Generationen hinweg in einer Falle der Ungleichheit gefangen, die den Entwicklungsprozess behindere, heisst es im Weltentwicklungsbericht 2006 der Weltbank, der am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Die mangelnde soziale Gerechtigkeit manifestiert sich in hoher Kindersterblichkeit, geringer Bildung, niedrigem Einkommen und Arbeitslosigkeit. Oft gehe Ungleichheit mit Diskriminierung nach Volksgruppe, Gesellschaftsschicht oder Geschlecht einher.

Die deutsche Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) begrüsste das Votum der Weltbank für den Abbau extremer Ungleichheit. Es sei wichtig, dass die Weltbank bei dieser Linie bleibe. Bei der Union stiess der Bericht ebenfalls auf Zustimmung.

Chancengleichheit

Die Weltbank forderte auch international mehr Chancengleichheit. Die Industrienationen sollten Zuwanderung von Arbeitskräften aus Entwicklungsländern zulassen, die Liberalisierung des Welthandels vorantreiben und die Herstellung von Nachahmermedikamenten (Generika) in Afrika, Asien und Lateinamerika erlauben.

Auf nationaler Ebene stärke Gerechtigkeit die Wachstumskraft einer Volkswirtschaft und verbessere das Investitionsklima, so die Weltbank. Chancengleichheit solle daher in allen Entwicklungsländern integraler Bestandteil der Strategien zum Abbau der Armut sein. Dabei gehe es nicht um gleich hohe Einkommen, sondern um Zugang zu medizinischer Versorgung, Justiz, Bildung, Arbeitsplätzen, Kapital, Land und Wasser.

Politische, soziale, mentale Entwicklung

Als notwendig nannten die Autoren des Berichts auch politische Freiheit und Teilhabe an Entscheidungen. Der Missbrauch politischer und wirtschaftlicher Macht durch Eliten müsse verhindert werden. «Öffentliches Handeln sollte darauf abzielen, die Chancen derjenigen zu erweitern, die die leiseste Stimme und die wenigsten Ressourcen und Fähigkeiten haben», schrieb Weltbankpräsident Paul Wolfowitz.

Paradigmenwechsel?

Mit der Betonung der sozialen Gerechtigkeit werde der Fokus nicht allein auf die wirtschaftliche Entwicklung gelegt, sondern auch auf die soziale Entwicklung, sagte Wieczorek-Zeul. Die Weltbank habe damit einen Paradigmenwechsel vollzogen. Der entwicklungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Ruck, sagte, die Union fordere seit langem einen Bonus für gute Regierungsführung, um die politische Dimension der Entwicklung zu stärken.

Wieczorek-Zeul wies zugleich darauf hin, dass es bei den Vorarbeiten zur umstrittenen Abschlusserklärung des UN-Gipfels vom 14. bis 16. September in New York Bewegung gebe. Sie betonte, dass an den Millenniumszielen zur Armutsbekämpfung bis 2015 festgehalten werden und dies in der Erklärung enthalten sein müsse.

Vielerorts fehlen die Voraussetzungen für Hilfe

Nach Einschätzung der deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) reicht es nicht aus, armen Staaten mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Ein wesentliches Problem seien fehlende Kapazitäten in den Entwicklungsländern selbst, sagte der GTZ-Beauftragte für die Millenniumsziele, Andreas Proksch. «Es geht sehr darum, Regierungsstrukturen zu verbessern, Demokratie einzuführen und Korruption zu bekämpfen», unterstrich er.

Auf dem UN-Millenniumsgipfel im September 2000 hatten die Staats- und Regierungschefs aus aller Welt acht Millenniumsziele bis 2015 beschlossen, darunter die Halbierung von Armut und Hunger und die Verbesserung von Bildung und Gesundheitsversorgung. Nun wird in New York eine Zwischenbilanz gezogen.

Datum: 13.09.2005
Quelle: Epd

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