Frauenhandel: Mauer des Schweigens durchbrechen

Der Handel mit der Ware Frau.
In tiefe Verzweiflung gestürzt.

Den Frauenhandel prangern die Schweizer Landeskirchen in einer gemeinsamen Botschaft zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember an. Die Kirchen fordern all jene Menschen auf, die auf irgendeine Art am Frauenhandel teilhaben oder diesen fördern, ihr Verhalten zu ändern. Die Christliche Ostmission versucht in Kooperation mit Partnerorganisationen das Problem konkret vor Ort anzugehen.

Eine der Schattenseiten der sich seit rund zehn Jahren entwickelnden neuen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Europa sei der markante Anstieg des Frauenhandels aus ärmeren in reichere Länder zum Zwecke der Zwangsarbeit, Zwangsheirat oder Prostitution, heisst es im gemeinsamen Schreiben der Schweizer Bischofskonferenzen (SBK), des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) und der Christkatholischen Kirche der Schweiz. Der Handel mit Frauen werde von einer Mauer des Schweigens umgeben, weswegen es schwierig sei, zu exakten Statistiken zu kommen. Kein Land sei von diesem Handel unberührt, entweder als Ursprungsland, als Destination oder auch als Land, wo Reisedokumente oder Heiratszertifikate leichter als anderswo erhältlich sind.

Die Landeskirchen verweisen auf Schätzungen der Vereinten Nationen gemäss derer die weltweite Zahl von Frauen, die jährlich in die Netze von Menschenhändlern geraten, auf zirka 700.000 angesetzt werde. Auf das Problem des Menschenhandels spezialisierte Nichtregierungsorganisationen und Behörden gehen davon aus, dass mehr als 100.000 Osteuropäerinnen im Zusammenhang mit Frauenhandel ausserhalb ihrer Heimat leben. Die Anzahl von Frauen und Mädchen, die aus dem Balkan, dem Mittleren Osten, aus Afrika, Asien und Lateinamerika nach Europa kommen, sei ebenfalls erkennbar am Steigen.

Frauenhandel sei ein komplexes Problem, für das es keine einfachen Lösungen gebe. Unter hartem ökonomischem Überlebensdruck und in der Hoffnung auf ein besseres Leben für sich und ihre Familien liessen sich viele der betroffenen Frauen auf "hohle Versprechungen und vermeintlich gute Jobverpflichtungen im Westen" ein. Die Realität, die auf sie zukomme, sei ihnen meist nicht klar. Oft merkten sie erst nach ihrer Ankunft in einem Destinationsland, dass sie gar kein Recht auf eine Arbeits- oder Aufenthaltsbewilligung haben, oder bloss zeitlich begrenzt bleiben dürfen.

Kaum ein Entrinnen

Sie landeten in der Illegalität oder rutschten in eine Situation, in der sie verschiedenstem Druck ausgesetzt seien. Sie stünden zwischen den Behörden, ihrem Arbeitgeber, ihren Klienten, (im Falle einer Zwangsehe) ihrem Mann und den Menschenschmugglern. So fänden sie sich in einem komplexen Netzwerk von Bedingungen und Umständen wieder, aus dem es kaum ein Entrinnen gebe.

Auch in der Schweiz gebe es einen Markt für Frauen, also eine Nachfrage und entsprechende wirtschaftliche Interessen. Gerade die Nachfrageseite des Problems bleibe meist hinter einer Mauer des Schweigens verborgen. Mit dem diesjährigen Menschenrechtstag am 10. Dezember unterstützen die Kirchen die Anstrengungen gegen den Frauenhandel und dessen Folgen.

Nataschas Geschichte steht für viele…

Die neunzehnjährige Natascha kommt aus einem kleinen Dorf in Moldawien. Als sie eine Anzeige liest, in der Arbeit als Kellnerin in Deutschland angeboten wird, will sie die Chance ergreifen, ihre Familie finanziell zu unterstützen. Sie weiss nicht, dass es für Menschen aus Osteuropa kaum legale Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland gibt. Bei der Vermittlungsagentur muss sie sich verpflichten, für Organisation, Reise und Arbeitsvermittlung US-Dollar 3000 zu zahlen. Man versichert ihr, das sei ganz normal, alle Frauen würden das Geld nach und nach abzahlen.

Natascha wird über die Grenze gebracht, wo man ihr unter dem Vorwand, Stempel zu besorgen, den Pass wegnimmt. In Deutschland bringt man sie in eine Wohnung mit anderen Frauen. Sie wird geschlagen, vergewaltigt und muss später in einem Club als Prostituierte arbeiten. Ohne Papiere, ohne Deutschkenntnisse und ohne zu wissen, wo sie überhaupt ist, traut sie sich nicht, sich zu wehren, zumal die Zuhälter drohen, dass sie ins Gefängnis kommt, wenn sie zu fliehen versucht.

Irgendwann greift die Polizei sie auf und bringt sie zu einer Beratungsstelle, wo man sich um sie kümmert. Sie fürchtet noch immer die Rache der Zuhälter und weiss nicht, wie sie sich verhalten soll. Für den Fall, dass sie bei Gericht aussagt, haben die Zuhälter gedroht, sich an ihrer Familie zu rächen. Wenn sie aber nicht aussagt, können weiterhin ungestört Mädchen und Frauen in die Prostitution gezwungen werden.

Etwas dagegen tun

Frauen- und Kinder müssen vor solchen Grausamkeiten bewahrt werden. In Kooperation mit Partnerorganisationen vor Ort setzt die Christliche Ostmission (COM) auf vier Pfeiler: Öffentlichkeitsarbeit; Präventionsarbeit auf sozialer, juristischer und politischer Ebene; Betreuung und Begleitung von potentiell Gefährdeten wie auch rückkehrenden Opfern; Gottes Liebe vermitteln.

Wer sich gegen den Frauen- und Kinderhandel engagieren will, der kann den Projektbeschrieb dazu bei der Christliche Ostmission anfordern: Beatrice Käufeler, Projektleitung, mail@ostmission.ch

Quellen: Kipa/Christliche Ostmission

Datum: 10.12.2004

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