Russisches Roulette beim Kampf gegen AIDS?

Kondom
Krankenschwester besucht AIDS-Patientin

New York. Kommentatoren greifen regelmässig Kirchenvertreter wegen ihrer teilweise Missbilligung von Kondomen in “safer sex”- (“sichererer Sex”) und Anti-Aids-Programmen heftig an. Ein jüngstes Beispiel ist der Artikel in der “New York Times” von Nicholas D. Kristof, in dem dieser die Opposition konservativer religiösen Gruppen gegen Kondome als “downright weird”, das heisst “geradezu verrückt”, bezeichnet. Er führt dann eine nicht namentlich genannte „Position” an, der gemäss “die einzige vollkommen garantierte, ständige Empfängnisverhütung die Kastrierung” sei, als ob dies die Einstellung der Kirchen wäre. Kristof beharrt darauf, dass Afrika mehr Kondome braucht, als einen wesentlichen Teil des Feldzugs gegen die Ausbreitung von HIV/AIDS.

Übertragungsarten genau prüfen

Jüngste Berichte liefern gute Gründe dafür “sichereren Sex” durch die Verwendung von Kondomen zu bezweifeln. Ein internationales Team von Wissenschaftlern fand heraus, dass nur 30 Prozent der anfänglichen Welle von AIDS-Fällen in Afrika (vor 1988) sexuell übertragen wurden. Laut “London Times”, wurde mehr als die Hälfte der AIDS-Fälle in Afrika in diesem frühen Zeitraum von unsterilisierten Nadeln verursacht.

Der Bericht unterscheidet sich scharf von der weit verbreiteten Behauptung, dass ungefähr 90 Prozent der Aids-Fälle sexuell übertragen würden. Das für die neue Forschungsarbeit verantwortliche Team wird von David Gisselquist geleitet, einem Anthropologen aus Pennsylvania, einem privaten Berater, und von Dr. John Potterat, einem Spezialisten für ansteckende Krankheiten aus Colorado. Zu dem Team gehören auch Experten der ‚Emory University School of Medicine‘ in Atlanta und dem ‚Albert Einstein College of Medicine‘ in New York.

Über ihre Forschungsergebnisse wurde in drei getrennten Artikeln berichtet, die im “International Journal of STD and AIDS” veröffentlicht wurden. Unter den von dem Team hervorgehobenen Punkten befand sich die Tatsache, dass die Ausbreitung von HIV nicht dem gleichen Muster folge wie sexuell übertragene Krankheiten. So nahmen zum Beispiel HIV-Infektionen in Simbabwe in den 1990er Jahren um 12 Prozent pro Jahr zu-, während sexuell übertragene Krankheiten um 25 Prozent abnahmen.

Die Wissenschaftler beobachteten auch, dass die Ausbreitung von HIV zu schnell war, als dass sie durch sexuelle Übertragung hätte verursacht sein können. Um die Geschwindigkeit zu erklären, müsste es so leicht sein, HIV durch sexuellen Kontakt zu bekommen, wie von einer verunreinigten Bluttransfusion. Aber in Wirklichkeit ist es viel schwieriger. Ausserdem sind sexuell übertragene Krankheiten gewöhnlich verbreiteter unter der armen und ungebildeten Bevölkerung, HIV in Afrika jedoch geht mit dem Leben in der Stadt, mit höherer Bildung und höheren Einkommen einher.

Am folgenden Tag veröffentlichte die “Times” die Ergebnisse einer anderen Untersuchung, dieses Mal über Forschungen in Ugandas Region Masaka. Zu dem Programm gehörte die Verteilung von 1,5 Millionen Kondomen, die Behandlung sexuell übertragener Krankheiten und Beratung. Trotz signifikanter Reduzierungen von Syphilis und Gonorrhöe traten bei der Zahl neuer HIV-Fälle keine Veränderungen ein.

Änderung des Sexualverhaltens

Zweifel über den Erfolg der Förderung von Kondomen wurden in einem Bericht zur Sprache gebracht, der am 23. Juni von der Bevölkerungsabteilung des Ressorts für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten der UNO veröffentlicht wurde.

Das Dokument, “HIV/AIDS: Bewusstsein und Verhalten”, stellt fest, dass nur ein kleiner Prozentsatz der Interviewten damit begannen, Kondome zu benutzen, um eine Ansteckung durch HIV zu verhindern. Weniger als 8 Prozent der Frauen in den Ländern, auf die sich die Studie bezog, gaben an, dass sie ihr Verhalten geändert hätten, indem sie Kondome benutzten. Die Zahlen für Männer bewegten sich in den meisten Ländern zwischen 15 und 25 Prozent.

Die Forscher stellten auch Fragen über die zur Verhütung einer Aidsinfektion angewendeten Methoden. Die häufigste Antwort, von über 40 Prozent der Befragten, lautete: nur einen sexuellen Partner zu haben; die zweithäufigste: Kondome zu benutzen; die dritthäufigste: Enthaltsamkeit. In einigen Ländern, z.B. in Indonesien und Jordanien, erwähnten weniger als 10 Prozent der Frauen Kondome.

Viele Befragte wussten auch, dass das Wechseln der Geschlechtspartner die Gefahr, AIDS zu bekommen, erhöht, und sie sagten, dass man diese Krankheit vermeiden kann, indem man bei nur einem Partner bleibt. Mehr als 60 Prozent der Frauen gaben diese Antwort in Brasilien, Kolumbien, der Dominikanischen Republik, Guinea und Vietnam.

Der Bericht hob hervor, dass viele Anstrengungen darauf verwendet wurden, die Benutzung von Kondomen als Teil der Aids-Verhinderung zu propagieren. “Aber das Kondom ist im Laufe der Jahre bei den Paaren nicht beliebter geworden,” hiess es in dem UNO-Dokument.

Ugandas Erfolgsstory

Bestätigt wurde die Tatsache, dass die Änderung des Sexualverhaltens ein wirksameres Mittel gegen AIDS ist als die Propagierung der Verwendung von Kondomen in einem Bericht der US-Organisation für internationale Entwicklung (USAID), der im vergangenen September veröffentlicht wurde.

In der Studie, “Rückgängige HIV-Verbreitung, Verhaltensänderung, und die Antwort des Landes: Was geschah in Uganda”? heisst es, dass Uganda als eines der frühesten und besten Erfolgsbeispiele der Welt für einen Sieg über HIV gilt. Das US-Volkszählungs-Büro und das Aids-Büro der Vereinten Nationen berechnen, dass die nationale HIV-Verbreitung in Uganda ihren Höhepunkt im Jahr 1991 bei ungefähr 15 Prozent erreichte und bereits im Jahr 2001auf fünf Prozent zurückgegangen war. “Dieser dramatische Rückgang ist einmalig und seit der Mitte der 1990er Jahre zerbrach man sich darüber den Kopf”, bemerkt das Dokument der USAID.

Nach dem Bericht ist der Rückgang der Verbreitung von HIV in Uganda “hauptsächlich einer Anzahl von Verhaltensänderungen zu verdanken, die in mehreren Erhebungen und qualitativen Studien festgestellt wurden.”

“Der entscheidende Faktor für den Rückgang des Auftretens von HIV in Uganda scheint eine Verminderung wechselnder sexueller Partnerschaften und Geschlechtsbeziehungen im Allgemeinen zu sein”, folgert der USAID-Bericht. Weiterhin bemerkt er, dass die Propagierung von Kondomen in Uganda vor allem in den jüngsten Jahren stattgefunden hat, nachdem der stärkste Rückgang von HIV/AIDS bereits geschehen war.

Die Menschen in Uganda haben gegenwärtig merklich weniger nichtreguläre Geschlechtspartner in allen Altersstufen. Im Vergleich zu Männern in Ländern wie Kenia, Sambia und Malawi: “Im Jahr 1995 war die Wahrscheinlichkeit bei ugandischen Männern weniger hoch, überhaupt Geschlechtsverkehr gehabt zu haben (in der Altersstufe der 15-19-Jährigen), höher war die Wahrscheinlichkeit, verheiratet zu sein und Geschlechtsverkehr nur innerhalb der Ehe zu haben, und die Wahrscheinlichkeit war geringer, wechselnde Partner zu haben, besonders bei den niemals Verheirateten.”

Der Bericht hebt hervor, dass Ugandas Präsident für sein Land ein Beispiel gesetzt hat durch die Art wie er das Problem der HIV-Bedrohung anpackte. Er ermutigte die Leiter der Gemeinden, “offen mit den Leuten darüber zu sprechen, nicht zu früh mit sexuellen Kontakten zu beginnen, Enthaltsamkeit und eheliche Treue zu üben und nicht fremd zu gehen”.

Datum: 25.03.2003
Quelle: Zenit

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