Sterbende mit Hoffnung begleiten

Gemeinsam und getröstet auf dem letzten Weg: Gerhard Fischer, Kämpfer für ein würdiges Sterben.

Als ob es nach diesem Leben bloss noch den Tod gäbe, ist in den letzten Monaten um Suizidbeihilfe gestritten worden. Deutsche blicken befremdet auf die Schweiz: Im vermeintlichen Hort der Humanität, wo das Rote Kreuz entstand, können Organisationen Sterbewillige in Autos auf dem Parkplatz zu Tode bringen.

Keine ethische Debatte hat die Menschen dies- und jenseits des Rheins letzthin mehr beschäftigt als die Frage um das würdige Sterben - und der von Dignitas geförderte ‚Sterbetourismus'. Spät im Herbst hat sich auch der Schweizerische Evangelische Kirchenbund SEK zu Wort gemeldet. Der Zürcher EVP-Kantonsrat Gerhard Fischer begrüsst die seelsorgerlichen Akzente im SEK-Papier. Unterschreiben kann er auch die Feststellung, dass "Sterben genauso Teil des Lebens ist wie alles andere auch: Es muss gelebt werden".

Das Selbstbestimmungsrecht über allem?

Fischer, ein Zürcher Oberländer Biobauer, hat sich im Zürcher Kantonsparlament seit Jahren für klare Regelungen der Suizidbeihilfe eingesetzt. Er fordert ein Verbot des Sterbetourismus. Das SEK-Papier drehe sich insgesamt zu sehr um das Selbstbestimmungsrecht des Sterbenden, bemängelt er. Weiter vermisst er eine Bewertung der "fragwürdigen" Aktivitäten von Sterbehilfeorganisationen.

Kirche ist mehr als Seelsorge

Für Fischer ist klar, entgegen der vierten Schlussthese des SEK-Papiers: Wenn nicht die christliche Seelsorge, so hat doch "die christliche Kirche die Aufgabe, Entscheidungen von Menschen in der letzten Lebensphase ethisch zu beurteilen, zu kritisieren oder zu legitimieren". (Auch die liberale Neue Zürcher Zeitung merkt an, dass "die ethischen Konturen im Bemühen um seelsorgerliche Solidarität fast verschwinden".) Zuwenig werde im SEK-Papier darauf eingegangen, wie Sterben "auch unter schwierigsten Bedingungen (ohne fatalistisch zu sein) gelebt werden kann - dass Sterben Sinn, Würde und Wert hat!"

Den Schmerz gemeinsam aushalten

Fischer hat dies selbst durchlitten: Seine erste Frau hatte Hirntumore. Die Ärzte machten Fischer klar, dass sie sich total verändern könnte. Trotzdem wagten es Fischers, die Frau und Mutter zu Hause zu pflegen. "Sterbende brauchen unsere Hilfe. Sie brauchen medizinische Hilfe. Sie brauchen Schmerztherapie. Zuwendung brauchen solche Menschen - und nicht die passive Hand, die sie ins Jenseits befördert. Sie brauchen eine Hand, die sie hält, die sie trägt, die mit ihnen durch diese schwierige Zeit geht." Gerhard Fischer erinnert daran, dass auch die Angehörigen leiden. "Sie haben ein Recht, langsam auf das, was kommt, vorbereitet zu werden: dass sie den Weg mitgehen können und zuletzt nicht das Gefühl haben, sie seien einfach verlassen, vergessen worden."

Entscheidend: die Hoffnung aufs ewige Leben

Gerhard Fischer weiss aus eigener Erfahrung, dass es bei allem menschlichem Bemühen auch auf die "reale Fürsorge, Kraft und Zuwendung des biblischen Gottes zu den leidenden Menschen" ankommt. Er vermisst im SEK-Papier weitgehend die Perspektive der christlichen Hoffnung, die über das dieseitige Leben hinausreicht.

Fischer entgegnet den SEK-Ethikern, dass die stark gewachsene Handlungsmacht der Mediziner auch palliative Mittel einschliesst, die "ein natürliches Sterben in vielen Fällen erleichtern und dadurch Sterbehilfe einerseits, und Lebensverlängerung um jeden Preis anderseits, unnötig machen!"

Links zum Thema:
Das SEK-Papier "Das Sterben leben"
Fraktionserklärung der EVP im Zürcher Kantonsrat, Oktober 2007
Gerhard Fischer und Schicksalsschläge
Livenet-Artikel zur Debatte
Katholisches Dossier zur Suizidbeihilfe

Datum: 03.01.2008
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung