Freitodbegleitung für psychisch Kranke?

Friedhof

Die Freitodhilfeorganisation Exit hat an einer Vorstandssitzung darüber beraten, ob die in der Schweiz straflose Freitodbegleitung auch bei psychisch kranken Menschen durchgeführt werden könnte. Darüber berichtete Weltwoche am 19. August. Damit würde ein seit 1999 geltendes Moratorium aufgehoben, mit dem Exit Suizidhilfe bei Depression und anderen seelischen Leiden ausschliesst.

Von den drei Sterbehilfeorganisationen in der Schweiz lehnt bisher einzig "Exit" die Freitodhilfe für psychisch Kranke ab. Wie der Verein "Suizidhilfe" vertritt auch der 1998 als Konkurrenzorganisation zu "Exit" gegründete Verein "Dignitas" die Ansicht, jeder Mensch habe das Recht, den Zeitpunkt seines Todes selbst zu bestimmen.

Lebensmüde = todkrank?

Von 1500 Menschen, die sich in der Schweiz pro Jahr das Leben nehmen, habe ein Viertel jahrelange psychische Problemen, heisst es nun. 50 psychisch schwer kranke Personen hätten sich allein in diesem Jahr bei Exit für eine Freitodbegleitung gemeldet, und viele von ihnen hätten sich wegen der Absage von Exit gewaltsam das Leben genommen, sagte Werner Kriesi, Leiter Freitodbegleitung bei Exit. Deshalb sei eine Mehrheit der 60'000 Mitglieder der Organisation für eine Abschaffung des Moratoriums.

Eine von Exit beauftragte Expertengruppe hat in langer Arbeit Voraussetzungen zusammengetragen, die bei Freitodbegleitungen von psychisch Kranken erfüllt sein müssen – unter anderem, dass der Suizidwunsch von einer „urteilsfähigen Person ausgesprochen“ werde und und dass es sich dabei "um einen dauerhaften und überlegten Wunsch“ handle.

Was ist ein legitimer Wunsch?

Genau dieser Punkt ist für Psychiater schwierig zu beurteilen. Befragte sagten, sie würden sich scheuen, Gutachten mit solch weit reichenden Konsequenzen auszustellen. Die sogenannte Gutachtenpsychiatrie entwickle sich immer mehr zu einem speziellen Fachgebiet, und die Rechtsverhältnisse würden immer komplizierter, so Wulf Rössler, Klinischer Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich.

Ein zentraler Gedanke klingt bei vielen Aussagen der befragten medizinischen Fachpersonen durch, von Rössler folgendermassen formuliert: „Die Hilfe, die wir unseren Patienten geben, ist auf das Leben gerichtet und nicht auf den Tod.“

Obwohl die meisten Mitglieder von Exit der Aufhebung des Moratoriums zustimmen, ist sich der Vereinsvorstand noch nicht einig. Die Präsidentin Elisabeth Zillig erwartet einen mehrere Monate dauernden internen Willensbildungsprozess.

Datum: 21.08.2004
Quelle: Livenet.ch

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