Beschränkt Zürich den Tourismus der Lebensmüden?

Arzt

Weil sich derzeit keine gesamtschweizerische Lösung abzeichnet, plant der Kanton Zürich ein kantonales Suizidhilfe-Gesetz. Ein erster Entwurf sieht laut "NZZ am Sonntag" eine Bewilligungspflicht für Sterbehilfeorganisationen sowie deren Beaufsichtigung durch den Staat vor. Auch sollen angesichts des wachsenden "Sterbetourismus" die Organisationen nur Sterbewillige mit Schweizer Wohnsitz begleiten können.

Die Auswüchse in der Sterbehilfe nehmen nach Angaben des Zürcher Staatsanwaltes Andreas Brunner immer stärker zu. Zum einen hat der ausländische "Sterbetourismus" im Kanton Zürich massiv zugenommen; seit Oktober 1999 bietet die Organisation Dignitas in Zürich Freitodbegleitungen für Ausländer an.

Im Jahr 2003 hat Dignitas 91 Ausländer und 2 Schweizer in den Suizid begleitet; drei Jahre zuvor waren es bloss drei Ausländer und zwei Schweizer gewesen. Zum anderen werden laut Brunner die Gesetze von den Sterbehilfeorganisationen immer stärker strapaziert, indem die Grenze zwischen der (nicht strafbaren) Beihilfe zum Suizid und der (strafbaren) Tötung auf Verlangen in Einzelfällen überschritten wird.

Trend zum Arzt-Rezept

Ein erster Gesetzesentwurf, den Brunner im Frühjahr der Zürcher Kantonsregierung überreichen will, sieht neben der Bewilligungspflicht für die Aufsicht über Suizidhilfeorganisationen auch Richtlinien für die Auswahl und Ausbildung von Freitodbegleitern und Ärzten sowie über deren Kontrolle vor.

Ferner soll das Gesetz Richtlinien für Fälle enthalten, in denen ein Arzt das Rezept für das tödliche Schlafmittel ausstellt, ohne dass eine Sterbehilfeorganisation beteiligt ist; letzteres stellt laut der "NZZ am Sonntag" einen "zunehmenden Trend" dar.

In Bern zurückgestellt

Bundesrat und Justizminister Christoph Blocher hat das Thema Sterbehilfe für die laufende Legislaturperiode (2003-2007) von der Prioritätenliste des Justizdepartementes gestrichen. Anfang Februar hat das Departement der Nationalen Ethikkommission im Bereich Humanmedizin (NEK) den 2003 erteilten Auftrag entzogen, eine umfassende Prüfung der Sterbehilfe-Problematik vorzunehmen. Mit dem Thema Sterbehilfe befasst sich der Nationalrat am 10. März.

Bei der Sterbehilfe hat die Schweiz eine der weltweit liberalsten Regelungen. Unter Strafe gestellt ist laut Strafgesetzbuch (StGB) die "Tötung auf Verlangen", während die indirekte aktive Sterbehilfe (Einsatz von schmerzstillenden Medikamenten, welche die Lebensdauer verkürzen) sowie die passive Sterbehilfe (Verzicht auf lebenserhaltende Massnahmen) erlaubt sind.

Bei der Suizidbeihilfe ist nur die Verleitung oder die Beihilfe zum Selbstmord "aus selbstsüchtigen Beweggründen" unter Strafe gestellt. Artikel 115 des StGB hälft fest: "Wer aus selbstsüchtigen Beweggründen jemanden zum Selbstmorde verleitet oder ihm dazu Hilfe leistet, wird, wenn der Selbstmord ausgeführt oder versucht wurde, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis bestraft."

Datum: 24.02.2004
Quelle: Kipa

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