Manipuliert die Wissenschaft den Menschen?

Manipulation

Rom. Ist die Wissenschaft der Versuchung erlegen, in ihrer vermeintlichen Allmacht den Menschen zu manipulieren? Auf diese Frage antworteten auf einem Kongress über "die Menschheit angesichts der Verheissungen der Biotechnik" im Goetheinstitut in Rom ein Schriftsteller, ein Wissenschaftler, ein Politiker und ein Kardinal.

Der deutsche Schriftsteller Hans Magnus Enzenberger beschuldigte die Wissenschaft, den Platz gescheiterter Ideologien (wie die marxistische Utopie) bzw. in Frage gestellter Entwicklungen (wie des Kapitalismus der Globalisierung) einnehmen zu wollen. Die Wissenschaft scheine durch ihre Versprechungen das Leben des Menschen zu verlängern die Religion ersetzen zu wollen, so Enzenberger.

Der italienische Genetiker Edoardo Boncinelli, Rektor der Internationalen Schule für Höhere Studien in Triest, entgegnete: "Bisher haben wir nur Gutes und Nützliches getan. Der kritische Moment wird in zehn bis zwanzig Jahren kommen, wenn man den Menschen klonen und programmieren können wird, um ihm einen Charakter nach Wunsch einzugeben". "Machen sie sich keine Illusionen, dieser Moment kommt bestimmt. Und dann wird man entscheiden müssen, ob es legitim ist oder nicht, an einen solchen Punkt gekommen zu sein".

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Bischof Karl Kardinal Lehman von Mainz, antwortete darauf mit einer Gegenfrage: "Welchen Preis werden wir bezahlen müssen für einen Fortschritt, der nicht immer im Dienst des Menschen steht?".

Diesbezüglich sagte Giulio Amato, der Vizepräsident des für die Abfassung der künftigen Eu-Verfassung verantwortlichen Europaforums: "Man darf nicht zulassen, dass hier nur die Wissenschaft entscheidet".

Enzenberger wies darauf hin, dass es doch die Wissenschaft war, welche die Politik herausgefordert habe: "In Deutschland heisst es da sofort, »wenn wir unsere Forschung nicht fortsetzen können, dann gehen wir eben nach Asien und das kostet euch Arbeitsplätze«".

Boncinelli war der Meinung, es handle sich um eine Verantwortung, welche künftig die Wissenschaft tragen müsse.

Kardinal Lehman seinerseits bemerkte, dass zum Beispiel die Frage der Embryonen kein zukünftiges, sondern gegenwärtiges Problem sei. "Von der Empfängnis an trägt der Embryo die Charakteristik eines Menschen in sich, nimmt an der Kontrolle über seine eigene Entwicklung teil und realisiert diese zusammen mit dem Organismus der Mutter. Daher muss er jetzt schon geschützt werden, nicht erst in Zukunft".

"Es ist verboten, im Namen des Fortschrittes zu töten", so der Kardinal, besonders, wenn man bedenke, dass die Stammzellen auch aus einer Nabelschnur gewonnen werden können, wodurch die Vernichtung menschlichen Lebens im Keim vermieden werde.

Amato, ein Vertreter des italienischen Sozialismus, stellte eine Frage in den Raum, die sehr hilfreich sein könnte: "Welche Auswirkungen haben die Folgen dessen, was ich tue, auf die anderen Menschen?". Kein Wissenschaftler dürfe ihm unbekannte Auswirkungen für andere Menschen provozieren. Es sei nicht legitim, das Schicksal des Menschen zu programmieren, denn der Mensch sei als ein freies Wesen geboren.

Datum: 02.04.2003
Quelle: Zenit

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