Schweizer Jugendstudie

Freunde statt Glauben

43 von 100 jungen Menschen in der Schweiz glauben, dass es einen Gott gibt, 58 Prozent gehen von einer höheren Macht aus. Doch nur einer von acht besucht den Gottesdienst monatlich oder häufiger. Ganz anders ist die Situation bei den Freikirchen, wo der Gottesdienstbesuch dazugehört.
Jugendliche zusammen unterwegs

Das neue Jugendbarometer der Credit Suisse, vom Forschungsinstitut GFS Bern erstellt, unterstreicht: Am allerwichtigsten für die 16-25-Jährigen sind gute Freunde. 

Ehrlichkeit und Treue als wichtige Werte

«Freundschaft und Familie nehmen einen sehr hohen Stellenwert ein und klassische Werte des Zusammenlebens sind hoch im Kurs», schreiben die Forschenden im Kurzbericht. Die Werte Ehrlichkeit und Treue und der Wunsch, ein gutes Familienleben oder eine gute Partnerschaft zu führen, rangieren in den Vorstellungen vom Leben ganz weit oben – gleich nach dem Wunsch, verlässliche Freunde zu haben.

Lose Bindung bei den Landeskirchen

Ihrem Freundeskreis und ihrer Familie fühlen sich fast alle Befragten zugehörig, einer Religionsgemeinschaft hingegen bloss einer von fünf. Von den 16- bis 25-Jährigen besuchen nur sechs Prozent einmal wöchentlich eine Kirche, eine Synagoge, eine Moschee oder einen Tempel. Weitere 21 Prozent tun es mehrmals jährlich. Dagegen sehen 56 Prozent der jungen Menschen die Kirche nur bei speziellen Anlässen von innen, 15 Prozent nie.

Regelmässiger Gottesdienstbesuch bei Freikirchen

Für Freikirchler gehört der Gottesdienstbesuch dazu: Die Hälfte geht mindestens einmal pro Woche in die Kirche. Bei den Katholiken tun das hingegen nur zwei von hundert, bei den Reformierten gemäss Umfrage weniger als einer von hundert.

Landeskirchen als «Event-Agentur»?

«Die Kirche verkommt provokativ formuliert zu einer Event-Agentur, welche bei zentralen Lebensschwellen die Infrastruktur und den emotionalen Rahmen bietet», spitzen die Autoren vom Forschungsinstitut GFS Bern das Fazit zu. Doch sei «damit nicht gesagt, dass die Jungen glaubensfrei sind».
Fast drei von fünf glauben an eine höhere Macht, gegenüber 30 Prozent, die weder an Gott noch an eine höhere Macht glauben. In der im Frühjahr erstellten Umfrage gaben sich 39 Prozent als katholisch, 27 Prozent als reformiert und 7 Prozent als Mitglieder einer anderen Kirche aus.

Nord- und Südamerika religiöser

Im Vergleich mit den USA oder Brasilien, wo die Credit Suisse ihre Umfrage ebenfalls durchführte, sind die Jungen in der Schweiz deutlich weniger religiös. In Brasilien glauben rund 88 Prozent der 16- bis 25-Jährigen an Gott, in den USA sind es 69 Prozent, in der Schweiz 43 Prozent. Für junge Brasilianer und US-Amerikaner ist die Vorstellung einer höheren Macht zudem deutlicher christlich bestimmt als für Schweizer.

«Lokale Kulturen und nationale Probleme»

Lukas Golder von GFS Bern kommentiert: «Trotz weltweiten Trends wie Facebook zeigen sich massive Unterschiede bei fundamentalen Orientierungen wie beim Glauben, der sozialen oder der wirtschaftlichen Orientierung.» Lokale Kulturen und nationale Probleme prägten die Jugend auch im Internetzeitalter.

«In der Schweiz paart sich eine gewisse Sorglosigkeit mit einer gefühlten Bedrohung aus dem Ausland.» Das Jugendbarometer hat auch die Ansichten zu Integration und dem Konfliktpotenzial von Religion erhoben. 60 Prozent der Befragten finden, dass «religiöse Minderheiten sich den Landessitten anpassen sollten»!

Besser als ein Grillfest?

Mit der eingehenden Studie haben Schweizer Landeskirchen neuen Anlass zum Nachdenken, wie sie auf jene zugehen wollen, die am liebsten «ein Grillfest mit Freunden in der Natur» geniessen (Titel der Zusammenfassung des Jugendbarometers).

Mangelnde Bindung bei Jugendlichen

Offensichtlich bilden die meisten Schweizerinnen und Schweizer ab 16 ihre Vorstellungen vom Leben ohne Kontakt zur Kirche. Die Landeskirchen sind, so die Autoren, «mit hoher Wahrscheinlichkeit klar die mitgliederstärkste Organisation der Jungen» – doch mangelt es an Bindung. Die Freikirchen stehen in diesem Punkt viel besser da, doch auch von ihren Jungen geht ein Drittel weniger als einmal monatlich in den Gottesdienst.
 

Datum: 16.08.2011
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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