Sozialstaat ade?

Ursachen der Sozial- und Gesundheitskosten erkennen

Die Sozial- und Gesundheitskosten explodieren. Die Politik kürzt Sozialleistungen und will Gesundheitskosten deckeln. Nach den Ursachen wird kaum gefragt.
Gesundheit (Symbolbild)

Die Politik plagt sich wie selten zuvor mit zwei Problemen ab. Sie ringt um den Ausgleich der Budgets, die vor allem aufgrund von hohen Sozialausgaben in die roten Zahlen zu rutschen drohen. Und gleichzeitig schlagen die Gesundheitskosten nicht nur auf die Krankenkassenprämien durch, sondern wegen der Spitalfinanzierung auch auf die Staatsausgaben. Als mögliche Lösungen werden Kürzungen bei der Sozialhilfe und die Begrenzung der Gesundheitskosten mittels Rationierungen vorgeschlagen. Doch dabei geht es letztlich nur um Symptombekämpfung. Dazu einige Gedanken und Anstösse.

Ursachen erkennen

Nötig wäre aber vielmehr eine Diskussion über die eigentlichen Ursachen dieser Entwicklungen, die verursacht haben, dass die Finanzen aus dem Ruder laufen. Denn viele unerwünschte Kostensteigerungen können auf gesellschaftliche Entwicklungen und bewusste politische Entscheidungen zurückgeführt werden. Und diese sind bei genauerem Hinsehen Folgen moderner Werthaltungen wie Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung. Diese Werte werden weithin auch von Christen mitgetragen. Dennoch müssen wir uns klar werden, dass wir uns die Folgekosten dieser Werthaltungen leisten – und wohl auch weiterhin leisten wollen.

Stichwort Familie

Gelingende Familien und glückliche Ehepaare verursachen nachweislich die tiefsten Gesundheitskosten. Die Familie und ihre Bedürfnisse sind aber in der Politik klar ins Hintertreffen geraten. Wichtiger geworden sind die Interessen von Minderheiten, zur Zeit vor allem diejenigen von sexuellen Gruppen und ihrer Interessen auf Förderung, mehr Rechte und Anerkennung. Demgegenüber haben es Ergänzungsleistungen für bedürftige Familien, der Schutz der Kinder vor der digitalen Welt oder ein besserer Schutz der Ehe und kostenlose Beratungsangebote schwer.

Stichwort Gleichberechtigung

Der Zug geht ab in Richtung Gleichberechtigung für Frauen und insbesondere sexuelle Minderheiten. Er folgt damit dem Paradigma des individuellen Rechts auf Selbstverwirklichung. Zum Modewort ist jetzt zum Beispiel «Transgender» geworden. Es scheint ein Recht auf freie Geschlechtswahl zu geben, das im konkreten Fall immense Kosten verursacht.

Stichwort Sozialstaat

Besonders beklagt werden die stark steigenden Sozialkosten. Gerade sie haben ganz massiv mit dem Gelingen oder Misslingen von Familie zu tun. Es ist selbstverständlich geworden, als Frau ein Kind zu bekommen, ohne dass ein mittragender Partner da ist. Alleinerziehende Mütter haben aber das höchste Armutsrisiko und sind daher mehrheitlich auf Sozialhilfe angewiesen. Das Recht auf ein Kind wird hier normalerweise nicht angetastet, auch wenn die Mutter in ihrer Erziehungsaufgabe überfordert ist.

Stichwort Gesundheit

Das Gesundheitswesen leidet nicht nur an einer grossen Anspruchshaltung, für die anspruchsvolle Patienten nicht zur Kasse gebeten werden, sondern auch an einem Versicherungssystem, das nur eine horizontale Solidarität kennt, also zwischen Gesunden und Kranken. Es gibt aber keine Solidarität zwischen Arm und Reich. Hier könnte ein erster Ausgleich geschaffen werden, indem zum Beispiel die Franchise auf 5% des steuerbaren Einkommens gesetzt wird.

«Der Einzelne kann's nicht richten»

Im Zusammenhang mit den Sparbemühungen von Bund, Kantonen und Gemeinden ist das Stichwort «Selbstverantwortung» Mode geworden. Es hat zum Teil seine Berechtigung, kann aber in der Konsequenz für benachteiligte Menschen auch brutale Konsequenzen haben. Die gesellschaftlichen Verhältnisse haben sich zudem so entwickelt, dass sich eine grosse Gruppe von Menschen in ihren Anstrengungen betrogen fühlt und zu Verbitterung neigt, wie der Kasseler Soziologe Heinz Bude in einem Interview mit der «Welt am Sonntag» feststellte. Es brauche einen neuen Pakt, der soziale Gewinner und Verlierer wieder zusammenbringe. Die Politik ist also gefordert.

Der Beitrag der Christen

Wie können Christen in der Gesellschaft einen Unterschied machen? Familien gründen, Familie leben, die Ehebeziehung pflegen und sich als Familien gegenseitig unterstützen sind einige Stichworte. Eine interessante Idee liefert auch der Kinderpsychiater und Autor Remo Largo. Er regt «Familiengemeinschaften» an. Familien suchen den Kontakt mit gleichgesinnten Familien, zwischen denen Solidarität gelebt wird, wo sie gebraucht wird. Sie können einen zeitgemässen Ersatz der früheren Grossfamilie sein, in der soziale Lasten und Betreuung von Kindern und alten Menschen untereinander aufgeteilt wurden. Zudem verschaffen Familiengemeinschaften gerade Kindern ein Stück weit das sprichwörtliche Dorf, das gemeinsam die Kinder erzieht und ihnen einen guten Erlebnisraum verschafft.

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Datum: 05.12.2017
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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