Elektrizitäts - Marktöffnung – eine ökologisch-ethische Begründung

Strommast

Privatisierungen und Liberalisierungen werden heute von vielen Schweizerinnen und Schweizern skeptisch beurteilt. Über die EMG-Vorlage herrscht deshalb verbreitete Unsicherheit. Die Liberalisierungsvorlage würde aber ökologisch und ethisch enorme Vorteile bringen, meint ein christlich gesinnter Energieberater.

Aus Gründen der Gerechtigkeit sollten verantwortungsbewusste Schweizerinnen und Schweizer direkt Ökostrom beziehen. Dieser Strom mit dem Label ("naturemade star") findet auch in der Schweiz immer mehr Beachtung. Die Versorgung mit umweltfreundlicherem Strom würde mit einem liberalisierten EMG nicht nur einfacher, sondern im Vergleich zu heute auch billiger, sagen die Umweltschutzverbände. Die Stromnetze würden nämlich für alle Stromanbieter geöffnet. Damit könnte mehr Strom aus erneuerbaren und umweltfreundlicheren Quellen ins Netz eingespeist werden. Darauf setzen Umweltexperten, zu denen der Energieberater Werner Hässig gehört.

Kein billiger Strom

Freilich, eine Stromverbilligung, wie sie heute von manchen Befürwortern der EMG quasi als Zückerchen angepriesen wird, dürfte es zumindest für den Kleinkunden kaum geben. Der Strompreis sei heute ohnehin eher zu tief, wenn man Gerechtigkeit und Schonung der Umwelt mitberücksichtige, meint Hässig. Wenn in Zukunft immer mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen fliessen wird, sei sogar mit deutlich höheren Strompreisen zu rechnen. Zu den erneuerbaren Quellen zählen neben Wasser, Holz, Sonnenenergie neuerdings vor allem auch die Biogase, Nutzung von Erdwärme und die Windenergie.

Christen seien auch dazu aufgerufen, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit in der Gesellschaft zu verwirklichen, meint Hässig. Beim Thema Umweltverschmutzung seien wir noch weit von Gerechtigkeit entfernt. Einerseits seien die Konsumenten in den reichen OECD-Ländern die grössten Umweltverschmutzer. Auf der anderen Seite seien die Menschen in den armen Ländern, welche die Umwelt im Grunde viel weniger beschmutzen, die Leidtragenden. "Arme Menschen wohnen meist dort, wo die Umweltverschmutzung besonders gross ist und sie haben kaum eine Möglichkeit, etwas dagegen zu tun oder wegzuziehen", sagt Hässig. Zudem könnten sie die Produkte, welche die Verschmutzung verursachten, nicht erstehen oder geniessen.

Akzeptabler Kompromiss

Im EMG sieht Hässig einen Mittelweg zwischen vielen Interessen. Er hätte sich zwar eine noch ökologischere – politisch heute noch kaum realisierbare – Vorlage gewünscht. Doch mit den guten Ansätzen zur Förderung der erneuerbaren Energien liesse sich vorerst leben. Die Rahmenbedingungen beim EMG seien so, dass die Anbieter von "grünem Strom" faire Bedingungen für die Durchleitung des Stromes erhielten – unter anderem eine Gratisdurchleitung von Solarstrom im Stromverteilernetz während zehn Jahren. Zudem sei auch die Transparenz gewährleistet und die Gemeinden könnten durch die Erhöhung der Eigenversorgung die Netzgebühren senken. Durch die vorgesehenen zinsgünstigen Darlehen an Wasserkraftwerke könne ausserdem diese Form der Energiegewinnung konkurrenzfähig bleiben.

Für die ADEV-Energiegenossenschaft, welche sich für alternative Energieformen einsetzt, ist das Ja zum EMG ein "Muss". Es gehe hier nicht um eine problematische Privatisierung, sondern um eine geregelte Liberalisierung. Erst damit lasse sich nach Ansicht der ADEV eine sinnvolle dezentrale Stromgewinnung mit neuen Möglichkeiten für die kleinen Stromzulieferer verwirklichen. Bei der Öffnung des Stromnetzes schütze die gesetzlich festgelegte Gründung einer schweizerischen Netzgesellschaft auch vor dem Zugriff von Spekulanten oder vor einem Verkauf der Netze ans Ausland.

Datum: 09.09.2002
Autor: Thomas Hanimann
Quelle: idea Schweiz

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