Dialog Islam-Christentum

Muslimischer Theologe fordert mehr kritischen Dialog

Der Freiburger Islamwisssenschaftler Abdel-Hakim Ourghi hat als Muslim Kirchen und Politik dazu aufgefordert, sich kritisch mit dem Islam auseinanderzusetzen. Er habe Respekt davor, «wie sehr die Politiker der etablierten Parteien und die beiden Kirchen um Dialog mit den konservativen Dachverbänden bemüht sind», schreibt er in der «Süddeutschen Zeitung».
Abdel-Hakim Ourghi

Doch stellte er fest, «dass unangenehme Wahrheiten nicht immer ausgesprochen werden, um nicht den Zorn der muslimischen Minderheitsgesellschaft auf sich zu ziehen». So aber könnte sich ein konservativer Islam etablieren, und dieser Islam sei «mit einer säkularen und pluralistischen Staatsordnung und den damit verbundenen Werten nicht vereinbar».

Ourghi kritisiert mangelnde Kritikfähigkeit

Ausserdem forderte Ourghi die Muslime zu mehr Selbstkritik auf. Viele Muslime fühlten sich von Kritik «in ihrer religiösen Ehre verletzt», auch dann, wenn diese Kritik differenziert geäussert werde. Doch verschlimmere eine solche Haltung die Lage.

Ourghi fordert deshalb: «Kritik muss ein Teil unserer kollektiven Identität werden, andere Meinungen dürfen nicht als Infragestellung des Eigenen betrachtet werden.»

Immerhin sei die Mehrheit der Muslime friedlich und dies bezweifle niemand. Doch seien «Beschönigung und Rechtfertigung anstelle von Aufklärung und Reform letztlich ein Bestandteil des Problems».

Thesen an Berliner Moschee geschlagen

Der muslimische Theologe Ourghi gilt als reformorientiert. Er ist mit der Imamin und Frauenrechtlerin Seyran Ates, Mitbegründerin der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin, verheiratet. Ourghi hatte im Oktober vierzig Thesen an die Berliner Dar-Assalam-Moschee geschlagen. In diesen forderte er laut der Zeitung «Die Welt» zu einem humanistischen und friedfertigen Islam auf.

Der Vorsitzende der «Langen Nacht der Religionen in Berlin e.V.», Thomas Schimmel, wandte sich gegen die Sichtweise, es gebe Parallelen von Ourghis Aktion mit dem Thesenanschlag Martin Luthers im Jahre 1517: Luther habe diesen «nicht als Provokation oder PR-Gag gedacht». Vielmehr sei es eine Einladung zum akademische Diskurs an seine Kollegen an der Universität gewesen. Konstruktive Auseinandersetzung sei nötiger als medienwirksame PR-Aktionen.

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Datum: 19.12.2017
Autor: Willy Gautschi
Quelle: Livenet / kath.net / Die Welt

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