Gegen Radikalisierung

Uni Bern entwickelt Eignungstest für Imame

An der Universität wird derzeit ein Test entwickelt, der radikale Tendenzen bei angehenden Seelsorgern offenlegen soll, wie die «NZZ am Sonntag» (1. Januar) berichtete. Der Test, der sich nicht nur an Muslime richtet, soll im Mai erstmals für einen Studiengang im Bereich Seelsorge eingesetzt werden. Laut Zeitung könnte er dereinst flächendeckend für alle Imame in der Schweiz gelten.
Universität Bern

Laut Zeitung arbeitet Isabelle Noth, Professorin für Seelsorge und Religionspsychologie an der Universität Bern, zusammen mit Hansjörg Znoj, Professor für klinische Psychologie an derselben Universität, derzeit an der Entwicklung eines solchen Tests.

Fragen über Einstellung zum Koran

«Es gibt verschiedene Verfahren, die Hinweise geben, inwiefern jemand radikalisiert ist oder nicht», erläuterte Noth bereits am 3. November, kurz nach der Verhaftung eines Imams in der Winterthurer An'Nur-Moschee, gegenüber Radio SRF. Es handle sich um empirische Verfahren, die auf der Reaktionszeit des Probanden basierten. Dabei gehe es beispielweise um Fragen über Einstellungen zur Heiligen Schrift oder zum Koran. «Welche Assoziationen folgen hier zuerst?» Je nachdem, wie schnell eine Person reagiere, könne man entsprechende Schlüsse ziehen, ohne dass das dem Probanden bewusst sei. Die Kandidaten würden so auch auf ihre Haltung gegenüber Frauen geprüft oder daraufhin, ob sie Gewalt in einem religiösen Kontext für legitim hielten, berichtet die NZZ.

Qualitätssicherung der Seelsorge wird vernachlässigt

Dieses wissenschaftliche Assessment soll laut Zeitung erstmals im Mai dieses Jahres durchgeführt werden, und zwar bei der Auswahl der Kandidaten für eine neue Weiterbildung im Bereich Seelsorge.

«In der ganzen Diskussion rund um die jihadistische Radikalisierung wird die Qualitätssicherung der Seelsorge vernachlässigt», so Noth in der NZZ. Weil in der Seelsorge viel Nähe entstehe, sei es einfach, Menschen in diesem Rahmen zu beeinflussen. Deshalb seien eine entsprechende Ausbildung und Fachwissen nötig.

Noth steht in Kontakt mit verschiedenen Institutionen, etwa mit dem Justizdepartement des Kantons Zürich und mit dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund. Letzterer arbeitet bei der Seelsorge mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) zusammen, welches in Zürich den Einsatz von muslimischen Seelsorgern prüft. Diese könnten dereinst in allen Bundeszentren eingesetzt werden.

Ausweitung auf ganze Schweiz

Dass ein solches Assessment flächendeckend für alle in der Schweiz tätigen Imame eingesetzt werden könnte, hält Isabelle Noth für möglich: «Der Staat hat ein Interesse daran, dass Personen religiöse Funktionen übernehmen, die mit unserer Bundesverfassung und mit unserem Rechtsstaat kompatibel sind. Ein solches Verfahren kann einen Hinweis geben, inwiefern jemand hier wirklich passt oder inwiefern jemand eher nicht in eine solche Funktion zugelassen werden sollte», so Noth gegenüber SRF.

Die in der Schweiz tätigen Imame kämen meist aus dem Ausland. «Wir kennen diese Personen häufig nicht und konnten sie auch nicht über längere Zeit begleiten, wie wir das bei christlichen Pfarrerinnen und Pfarrern tun, weil sie die Ausbildung bei uns durchlaufen.» Darum brauche es auch bei muslimischen Geistlichen ein Mittel, um diese Personen «möglichst effizient kennen und einschätzen zu lernen.»

Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Kirchenbund

Bei der erwähnten Weiterbildung dürfte es sich um den «CAS Religious Care in Migration Contexts» (Seelsorge im Migrationskontext) handelt, der sich an Angehörige verschiedener Religionsgemeinschaften richtet, die mit religiösen Begleitungsaufgaben betraut sind und sich mit der Betreuung von Menschen im Migrationskontext beschäftigen wollen, wie es in der Broschüre zum Studiengang heisst. Für die Zulassung ist unter anderem ein wissenschaftlich begleitetes Aufnahmeverfahren samt Assessment Bedingung. Für den Studiengang arbeitet die Universität Bern mit dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund zusammen.

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Datum: 05.01.2017
Quelle: kath.ch / sys

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