„Moslems halten den Westen für spirituell verarmt“

Antje Vollmer, Bündnis 90/Die Grünen

Berlin. Der Dialog mit dem Islam leidet darunter, dass viele Moslems den Westen als geistlich verarmt empfinden. Das sagte Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer (Bündnis 90/Die Grünen) in einem Interview mit der Evangelischen Wochenzeitung „die Kirche“ (Berlin). „Es gibt in der islamischen Welt ein grosses Bedauern über unsere Art zu leben, das bis zur Verachtung reicht“, so die Politikerin. Die „westlichen Religionen“ müssten sich fragen, „ob sie für ihren rationalen Weg nicht zuviel geopfert haben, für ihre Ankunft in einer Gesellschaft, die letztlich keine Religion mehr kennt“.

Zwiespältig äusserte sich die evangelische Theologin über das Theologiestudium in Deutschland. Einerseits sei es ein grosser Vorteil der deutschen Tradition, dass man die Pastoren gezwungen habe, ein Universitätsstudium zu absolvieren, das Philosophie, Soziologie und Sprachwissenschaft umfasst. Daraus ergebe sich „ein grosser Gewinn an Vernunft“. Es sei andererseits aber ein Verlust, „dass eine solche Theologie nicht mehr dieses fundamentalistische Brausen hat, für das Menschen natürlich ansprechbar sind“, so Frau Vollmer. „Fundamentalistische, pietistische und spirituelle Bewegungen“ trügen ein „Erneuerungspotential“ für Kirchen in sich, weil durch sie „mehr Geist, mehr innere Kraft in die Alltagspraxis der Menschen“ dringe. Frau Vollmer: „Die Kehrseite ist, dass damit auch Macht über die Seelen von Menschen verbunden ist.“

Datum: 06.01.2003
Quelle: Kipa

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