Ethisch umstritten

Ein Kind, drei Elternteile – England erlaubt Drei-Eltern-Babys

Grossbritannien ist das erste Land, in dem Babys mit drei Elternteilen künstlich erzeugt werden dürfen. Das Parlament billigte ein Verfahren, in dem die DNA von drei Menschen bei einer künstlichen Befruchtung verwendet werden darf, wenn dadurch beim Baby eine schwere Erbkrankheit verhindert werden kann.
Neugeborenes Baby
Spritze
Marianne Streiff-Feller

Die Abgeordneten des britischen Unterhauses haben die Anwendung der Drei-Eltern-Methode am Dienstag (03.02.2015) gebilligt. Mit 382 zu 128 Stimmen fiel der Entscheid im Parlament deutlich aus. England wird damit das erste Land, in dem Babys von drei Eltern künstlich gezeugt werden dürfen – dies jedoch nur dann, wenn sich das Kind dadurch vor einer schweren Erbkrankheit schützen lässt.

Umstrittene Methode

Rund 125 Babys werden in Grossbritannien jedes Jahr mit einer Fehlfunktion der Mitochondrien geboren. Diese wird von der Mutter vererbt. Der Organismus verfügt in der Folge nicht über ausreichend Energie, was zu schweren Krankheiten wie Diabetes oder Muskelschwäche führen kann. Die umstrittene Methode soll dazu dienen, eine Erbkrankheit von der Mutter zu eliminieren.

Die an der Universität von Newcastle entwickelte Methode ist umstritten. Dabei wird bei einer befruchteten Eizelle der Mutter ein Teil der Erbsubstanz durch die einer anderen Eizelle ersetzt. Eine ähnliche Methode war in den USA bereits einmal legalisiert, 2002 aber wieder verboten worden.

Kommt nun das Designerbaby?

Gegner, darunter die anglikanische Kirche von England, machten ethische Bedenken geltend. Mit dieser Befruchtungsvariante werde eine Schleuse geöffnet. Ärzte seien so in der Lage, in die Natur einzugreifen, zudem würden bei diesem Verfahren Embryonen vernichtet, kritisieren die Kirchenvertreter. Die Befruchtungsmethode sei weder sicher noch ethisch vertretbar.

Die Organisation «Human Genetics Alert» befürchtet, dass durch diese Methode die Tür für die Entwicklung eines «Designer-Babys» geöffnet wird. Der Direktor der Organisation, David King, sagte laut Euronews: «Das ist das erste Mal, dass wir das menschliche Genom gezielt manipulieren. In den vergangenen 20 Jahren waren sich die Regierungen auf der ganzen Welt einig, dass wir das nicht tun sollten. Wenn man einmal diese Linie übertritt, ist es sehr schwer, auf der schiefen Bahn zum Designer-Baby zu stoppen.»

Immer mehr Tabus fallen weg

Bereits vor Jahresfrist brach mit Belgien ein anderes Land in Europa ein Tabu: Belgien legalisierte im Februar 2014 als erstes Land der Welt die Sterbehilfe für Kinder (Livenet berichtete).

Der Wandel der Wertehaltung zum menschlichen Leben ist im Gang. Auch in der Schweiz steht in diesem Jahr mit der Abstimmung zur Präimplantationsdiagnostik ein wegweisender Entscheid an. Der Ständerat hat im Herbst 2014 grünes Licht für die Chromosomen-Tests an künstlich erzeugten Embryos gegeben, worauf die Evangelische Volkspartei das Referendum ergriff. EVP-Präsidentin Marianne Streiff sieht in der Präimplantationsdiagnostik einen Dammbruch. Der Selektion zwischen lebenswertem und unlebenswertem Leben werde Tür und Tor geöffnet. Ein Embryo sei jedoch mehr als ein Zellklumpen (Livenet-Artikel vom 09.09.2014).

Die Diskussion über die ethischen Richtlinien, die sich die Schweiz geben will, steht in den nächsten Monaten noch aus. Am 14. Juni 2015 stimmt das Schweizer Stimmvolk über die Präimplantationsdiagnostik respektive die Änderung der Bundesverfassung und des Fortpflanzungsmedizingesetzes ab.

Datum: 05.02.2015
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet

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