Organe schwingen ihren eigenen Taktstock

London. Forscher der Harvard Medical School haben festgestellt, dass es nicht nur einen vom Gehirn gesteuerten Biorhythmus gibt. Demnach besitzen die inneren Organe wie Leber und Herz eine eigene Körper-Uhr. Dieser Takt, wie die Bostoner Wissenschaftler in der Online-Ausgabe des Fachblatts Nature schreiben, koordiniert Aktivitäten wie metabolische Vorgänge, Verdauung und Blutdruck.

Der Takt der einzelnen Organe stimmt aber nicht immer überein, erläutert Charles Weitz von der Harvard Medical School. In den Organen Leber und Herz kreisen z.B. verschiedene Gensätze im 24-Stunden-Rhythmus, wie genetische Untersuchungen zeigten. Die höchsten und niedrigsten Genaktivitäten finden aber zu verschiedenen Zeitpunkten statt. "Dieser Organ-spezifische Rhythmus, der durch die Genaktivität bestimmt wird, macht Sinn" so Ueli Schibler von der Universität Genf. Organen sei es dadurch möglich, ihre Aktivitäten gemäss der eigenen Dringlichkeit umzusetzen. Als Beispiel nennt Schibler den Alkoholabbau. Höchst effizient ist die Entgiftung zwischen fünf und sechs Uhr am Abend, also zu einem Zeitpunkt, den laut Schibler Menschen häufig für die erste Alkoholaufnahme wählen. Die Genaktivität ist somit in der Leber auf Hochtouren.

Die Erkenntnisse gewann die Arbeitsgruppe um Weitz anhand von Versuchen am Mausmodell. Die Forscher verglichen über einen Zeitraum von zwei Tagen mehr als 12.000 in Leber und Herz aktive Gene, während die Tiere permanent Licht ausgesetzt wurden. Es zeigte sich, dass acht bis zehn Prozent der in den Organen aktivierten Gene an einem circadianen Rhythmus beteiligt sind. Bei der Ermittlung der zeitlichen Aktivität mittels moderner Genchip-Technologie zeigte sich, dass die beiden Organe ein sehr unterschiedliches Zeitmuster besitzen. Gene des Herzens scheinen großteils gemeinsam aktiv zu sein, während die Aktiviätsspitzen der Lebergene über den Tag verteilt sind.

Laut Weitz gibt der circadiane Rhythmus des Gehirns den "Marsch" vor. "Die peripheren Uhren der Organe marschieren nach dem Trommeln, die vom Gehirn geschlagen werden. Sie können aber aussteigen und ihrem eigenen Takt folgen", zieht der Forscher den Vergleich. Noch ist aber nicht geklärt, wie der Rhythmus des Gehirns mit jenem der inneren Organe in Zusammenhang steht. Weitere Untersuchungen sollen klären, wie die Signalübertragung erfolgt.

Datum: 29.04.2002
Quelle: pte online

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