Patriarch in Taizé

Orthodoxe Jugend muss sich Nischen suchen

Der Besuch von Patriarch Bartholomaios I. am 25. April in Taizé zeigte das Problem der orthodoxen Kirchen, ihre Jugend zu erreichen. Doch diese findet zum Teil den Link zu evangelischen Organisationen.
Patriarch Bartholomaios I. Archontonis

Nach seinem mehrtägigen Aufenthalt in der Schweiz hat das Ehrenoberhaupt aller Griechisch-Orthodoxen, Patriarch Bartholomaios I., am 25. April die Gemeinschaft von Taizé besucht. Die von Schweizern 1949 gegründete Bruderschaft gemeinsamen Lebens nimmt seit 1969 auch Katholiken auf. Sie hat eine starke Ausstrahlung, besonders auf die Jugend. Das zeigte sich in der von etwa 1'500 Jugendlichen überfüllten «Versöhnungskirche»: Bartholomaios thronte inmitten der jungen Menschen, die ebenso wie Prior Br. Alois schlicht am Boden sassen. Der Patriarch sprach von Völkerversöhnung und christlicher Eintracht. Er zeigte sich spürbar beeindruckt von diesem frischen, lebendigen Aufbruch.

Einsiedler und Gottsucher

Wie wenig dieser jedoch die Orthodoxie erfasst hat, wurde dann in der orthodoxen Kapelle von Taizé offenbar: Eine Handvoll Jugendliche hatte in ihr leicht Platz gefunden. Die kleine Kirche ist Rest einer griechischen Klostergründung von 1965, die aber nur vier Jahre Bestand hatte. Zu gross ist der Unterschied zwischen reformatorischer und ostchristlicher Spiritualität. Die orthodoxen Klöster sind weniger Orte geschwisterlichen Zusammenlebens aus dem Geist der Bergpredigt als gemeinsame Wohnstätten einsamer Gottsucher. Der Einsiedler ist im Osten und Orient höchstes christliches Ideal.

Das mönchische Ideal

Andererseits sind Gottesdienste, strenge Fasten- und Bussübungen in der ganzen orthodoxen Kirche dem Leben der Mönche nachgestaltet: Die gesamte Orthodoxie ist eigentlich ein grosses Kloster. Nur die verheirateten Pfarrer und Diakone mit ihren Familien bringen etwas Wärme und Schwung hinein. Für Jugendbewegungen ist das kein guter Boden. Der 1953 gegründete «Syndesmos» (Kameradschaft der orthodoxen Jugend) konnte sich nur im Nahen Osten unter dem Druck der islamischen Umwelt einigermassen entwickeln. Einzige Ausnahme ist im postkommunistischen Rumänien die wiedererstandene «Oastea Domnului» (Armee des Herrn) mit ihrer Jugendzeitung «Timotheus», hauskirchlichen Versammlungen und diakonischer Arbeit unter Armen, sozial Ausgegrenzten und Gefangenen.

Jugendliche finden anderswo Anschluss

Kein Wunder, dass junge Orthodoxe in evangelisch geprägten ökumenischen Bewegungen ihre Heimat finden. Vor der Wende im Osten war das in Griechenland, Zypern und dem Orient in erster Linie der CVJM. Arabisch- und griechischsprachige Orthodoxe in Ägypten haben den Versuch unternommen, ein «rechtgläubiges» Gegenstück unter dem Namen «Orthodoxer Verein junger Christen» (griechiche Abkürzung OCHAN) auf die Beine zu stellen. Doch wurde daraus nie mehr als ein Schattengewächs.

Campus und IFES sind attraktiver

Seit dem Ende des religionsfeindlichen Kommunismus in Osteuropa und am Balkan wächst dort unter den orthodoxen Studentinnen und Studenten der Einfluss von «Campus für Christus» (CfC) und der «Internationalen Gemeinschaft evangelischer Studenten» (IFES, in der Schweiz die VBG). An CfC wird von jungen Orthodoxen geschätzt, dass es sich um keine konfessionelle Initiative handelt. So schrieb unlängst die «Stimme von Iasi» in Rumänien: «An unseren Unis wird Campus für Christus aktiv. Aber sie sind keine Gemeinde, keine Kirche, sondern ein Werk, das Studenten anspricht. Ziel ist, sie in Kontakt mit anderen aktiv-gläubigen Christen zu bringen.»

Die IFES breitet sich vor allem an den Unis in der Ukraine, Litauen, Serbien und Makedonien aus, während ihr Einsatz in Putins Russland immer mehr behindert wird.

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Datum: 29.04.2017
Autor: Heinz Gstrein / Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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