Landes- und Freikirchen

Wo liegen die Unterschiede wirklich?

Gibt es heute noch entscheidende Unterschiede zwischen Landes- und Freikirchen? Die Unterschiede schmelzen allmählich dahin.
Die Gellertkirche steht für eine Landeskirche, die einer Freikirche sehr nahe kommt.


Im Tagesanzeiger (wir haben darüber berichtet) bezeichnet Georg Otto Schmid die Freikirchen als Gemeinschaften, die daran interessiert sind, dass Menschen zum christlichen Glauben finden und dazu auch einladen. Ist das der entscheidende Unterschied zu landeskirchlichen Gemeinden?

Veränderungen im Landes- und Freikirchenspektrum

In der kirchlichen Landschaft bewegt sich etwas. Zum einen gibt es Freikirchen, die viel stärker das diakonische Engagement im Sinne eines Tatzeugnisses betonen als wogende Evangelisationsversammlungen und Strasseneinsätze. Zum andern zeigen sich auch in den Landeskirchen je nach Gemeindetradition und Leitung sehr unterschiedliche Gemeindemodelle, was sich auch auf die Glaubensvermittlung auswirkt.

So versammelt zum Beispiel das Landeskirchenforum schweizweit Gemeinden, die eine Kerngemeinde von aktiven und freiwillig Mitarbeitenden Migliedern kennt. Sie sind überzeugt, dass ihre Gemeinde Menschen zum Glauben einladen muss, weil dies ihr biblischer Auftrag ist. Und weil es die einzige nachhaltige Art und Weise ist, wenn die Kirche überleben soll. Sie wollen das aktuelle Landeskirchenmodell als Chance sehen, steuerzahlende Mitglieder, die innerlich der Kirche fernstehen, zu erreichen.

Das Dienstleister-Verständnis

Andere Kirchgemeinden sehen sich stärker als Dienstleister, indem sie einer steuerzahlenden Mitgliedschaft Kasualien wie Taufe, Konfirmation und Beerdigung anbieten und sich im Übrigen bemüht zeigen, dass es nach wie vor gut ist, dass es die Kirche gibt. Sie rechnen aber auch damit, dass sie immer kleiner werden und sich einschränken müssen.  

Gemeindebau – Gemeindeaufbau

Zum andern gibt es frischen Wind aus den Unis, wie zum Beispiel die Studie über «Gemeindeaufbau» des Zürcher Professors für Praktische Theologie, Ralph Kunz, belegt. Sie ermutigt die Kirchgemeinden und die Pfarrpersonen, sich der Identität ihrer Gemeinde und den daraus folgenden Konsequenzen klar zu werden. Sie fordert sie auf, möglichst viele Menschen als mitarbeitende und mitdenkende Mitglieder im Sinne eines allgemeinen Priestertums der Gläubigen zu gewinnen und sie für einen gabenorientierten Dienst zu befähigen.

Unterschiede verschmelzen

Wo dies geschieht, sind die Unterschiede zu einer lebendigen Freikirche oft nur noch schwer auszumachen – mit dem Unterschied, dass ihre Gottesdienste meistens in einem traditionellen Kirchengebäude stattfinden. Ebenso können sich die Leitungsstruktur und der Anstellungsmodus der Pfarrpersonen unterscheiden. Aber sogar hier verschwimmen die Unterschiede, und es gibt landeskirchliche Gemeinden, die ihren Unterhalt und Löhne einzelner Mitarbeiter zu einem Teil aus Spenden decken.

Das Phänomen der Evangelisch-Freikirchlichen

In ihrem Buch «Phänomen Freikirchen» sprechen die Autor/innen, darunter auch ein freikirchlicher Pastor, von den «evangelisch-freikirchlichen» Mitgliedern. Es sind Menschen, die mit ihrem Glaubensverständnis den Gläubigen in Freikirchen sehr nahe sind, sich aber in ihrer landeskirchlichen Gemeinde engagieren, weil sie dort einen Auftrag für sich sehen. Diese Menschen bilden eine Brücke zwischen der landes- und freikirchlichen Welt, sorgen aber auch dafür, dass Ähnlichkeiten im Verständnis christlichen Lebens der Gläubigen und dem Auftrag ihrer Gemeinde nicht zu übersehen sind. Viele Gottesdienste in der Allianzgebetswoche haben gezeigt, wie nahe man sich da und dort gekommen ist und dass solche Gottesdienste nicht mehr wie einst mit einer traditionellen landeskirchlichen Liturgie gefeiert werden müssen. Auch Landeskirchler sind bereit, mal einen Gottesdienst im freikirchlichen Stil mitzuerleben.

Zum Thema:

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Datum: 30.01.2017
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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