Mehr als Religion

Afroamerikanische Gemeinden wachsen und werden jünger

Nicht nur im deutschsprachigen Europa, auch in den USA nehmen die Besucherzahlen in den Gottesdiensten immer weiter ab. Doch eine Ausnahme sind die afroamerikanischen Gemeinden: Sie wachsen stetig an. Woran liegt das?
Ostergottesdienst in der Alfred Street Baptist Church
Lobpreis in der Alfred Street Baptist Church.
Die Alfred Street Baptist Church hat 7100 Mitglieder.

In der Alfred Street Baptistengemeinde in Alexandria, Virginia, füllen sich die Stuhlreihen schon eine halbe Stunde vor Beginn des Gottesdienstes. Weil der Raum bei jedem der drei Gottesdienste zum Bersten voll ist, wird ab September ein vierter Gottesdienst angeboten. Und viele der Gemeindeglieder kommen scheinbar sogar zu mehr als einer Versammlung. «Suchen Sie sich einen Gottesdienst aus», forderte Pastor Edward Y. Jackson seine Schäfchen erst kürzlich auf. «Kommen Sie rein, kommen Sie frühzeitig, dann finden Sie einen Parkplatz und wir können alle die Zeit geniessen und Gott gemeinsam anbeten.»

Mehr als Religion

In den vergangenen sieben Jahren ist die Gemeinde von 2'300 Mitgliedern auf 7'100 gewachsen. An den allwöchentlichen Aktivitäten nehmen um die 3'000 Mitglieder regelmässig teil. Doch woran liegt es, dass der Bevölkerungsanteil der Christen in den USA immer weiter abnimmt, während afroamerikanische Gemeinden weiterhin boomen? Laut einem Bericht von Charisma News liegt dies hauptsächlich an der afroamerikanischen Kultur, die eng mit der Kirche verbunden ist. «Die Kirche hat im Leben der Schwarzen eine historische Rolle gespielt und eine starke evangelische Identität der Schwarzen erzeugt», heisst es in dem Bericht.

Aber auch der allumfassende Einsatz der Gemeinde, sei es in der Predigt, dem Gesang, aber auch im Einsatz für die Menschen in der Nachbarschaft ist den Mitgliedern der Gemeinde an der Afred Street wichtig. Die zwanzigjährige Kelli Slater kam durch ihre Schwester in die Gemeinde. «Ich glaube, dass schwarze Gemeinden schon immer eine Schlüsselrolle in sozialen Bewegungen und Einsätzen inne hatten», erklärt die Studentin. «Ich denke, schwarze Gemeinden tun viel mehr als Religion.»

Junge Pastoren für junge Mitglieder

Ein weiterer Grund des Wachstums sind laut Rev. David Daniels III, Professor für Kirchengeschichte am Theologischen Seminar McCormick, auch die jungen Menschen, die sich in afroamerikanische Gemeinden wohl fühlen. Dies läge nicht zuletzt an jungen Pastoren, welche die Gottesdienste und Aktivitäten so gestalten, dass sie auch für Jugendliche, Studenten und junge Familien attraktiv sind.

Auch in der Baptistengemeinde an der Alfred Street sind 80 Prozent der Mitglieder zwischen 30 und 45 Jahren alt. Deshalb hat sich die Gemeinde auch auf ganz praktische Weise an die Bedürfnisse der Familien angepasst, beispielsweise in Bezug auf die Zeit. «Wir haben uns entschieden, mit der Zeit sehr präzise umzugehen», erklärt Pastor Howard-John Wesley, ein weiterer Pastor dieser Megagemeinde. 60 Minuten, länger darf der Gottesdienst nicht gehen, denn Familien müssten im Anschluss zu Sportveranstaltungen der Kinder oder hätten andere Pläne.

Doch auch afroamerikanische Gemeinden sind nicht immun gegenüber dem religiösen Desinteresse der westlichen Gesellschaft, heisst es im Bericht von Charisma News weiter. Es gäbe durchaus auch Gemeinden, deren Mitgliederzahlen rückläufig seien. Doch das lässt die Motivation der Gemeinden nicht abnehmen. «Als älterer Mensch fühlt es sich super an, wenn man die jungen Menschen in der Gemeinde sieht, das ermutigt mich», erklärt Richard Wair, ein 84-jähriges Mitglied der Alfred Street Baptistengemeinde. «Sie müssen da weitermachen, wo wir aufhören.»

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Datum: 18.08.2015
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / Charisma News

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