Die tunesische Kirche wächst

Gemeindebau – ohne bestehendes System, doch mit Gottes Segen

Mustapha ist einer der wenigen Christen in einem Land mit 99 Prozent Muslimen – Tunesien. Dennoch ist er voller Freude und Hoffnung, denn dieser Prozentsatz wird von Tag zu Tag kleiner.
Tunesischer Mann (Symbolbild)

«Noch vor kurzem gab es hier kein Christentum», erklärt der 29-jährige Familienvater. Zwar kamen bereits in den 1970er Jahren erste christliche Ausländer ins Land, die wenigen Kirchen durften aber ausschliesslich von ihnen besucht werden. «Erst nach dem Jahr 2000 begann die Kirche von Tunesien zu wachsen. Seitdem haben wir viele Bekehrungen vom Islam erlebt.»

Ein eigenes Gebäude

Seit Mustapha zum Glauben gekommen ist, hat er sich mehr und mehr für die Kirche seines Landes eingesetzt. Jetzt arbeitet er vollzeitlich in einer Gemeinde in Tunis. «Unsere Kirche ist noch sehr jung. Zuerst hatten wir kein eigenes Gebäude und begannen mit Hausgemeinden. Und auch jetzt noch gibt es viele Hausgemeinden. Aber wir wurden gesegnet: 2006 erlaubte man uns, eines der bereits bestehenden Kirchgebäude zu nutzen, wo sich zuvor nur Ausländer treffen durften.» Das war für die tunesischen Christen etwas völlig Neues. «Am Anfang waren wir sechs bis acht Leute, aber der Herr hat ganz doll mit uns gearbeitet.» Heute gehören zu der Gemeinde 90 Mitglieder, darunter viele junge Familien und Kinder jeden Alters. «In der Gemeinde sind alle Generationen vertreten.»

Gemeinde bauen – ohne Vorbild und bestehendes System

Und Mustapha ist der Mann für alles. Er organisiert den Lobpreis, Jüngerschaftskurse und logistische Dinge, damit sich der Pastor allein aufs Predigen konzentrieren kann. Doch das ist nicht so einfach wie es klingt. Zunächst einmal müssen die jungen Christen die Gemeinde von Grund auf aufbauen. «Wir haben kein Vorbild, dem wir folgen können, kein System, in das wir uns einklinken. Wir fangen von null an, kreieren unser System, die Verwaltung, unsere eigene Theologie, unser Training, eigene Kurse, Jüngerschaft, Predigten… alles hängt von uns ab.» Beispielsweise der Lobpreis: Die arabischen christlichen Lieder aus Ägypten waren für viele Tunesier unverständlich, da das Arabisch der beiden Länder sich unterscheidet. «So begannen wir, eigene Lieder im tunesischen Dialekt zu schreiben. Damit fühlen sich die Leute besser, die Lieder motivieren sie.»

Herausforderung Jüngerschaft in einer muslimischen Gesellschaft

Auch die Jüngerschaft der neuen Christen ist eine grosse Herausforderung. «In der muslimischen Welt kennt man die Moschee, der Ort, an dem die Leute beten und ihren religiösen Pflichten nachkommen. Neue Christen verstehen nicht, dass sie Teil der Kirche sind und dass es bei der Gemeinde um Menschen geht, um den Dienst, um Geben und nicht nur Empfangen.» Auch das Verständnis der Bibel ist zu Beginn nicht einfach, weil die Leute nur den Koran als religiöses Buch kennen. «Mit diesem Hintergrund ist es schwierig, jemanden zu überzeugen, dass man eine richtige Beziehung zur Bibel haben muss, damit sie das Leben verändert, die Bibel regelrecht 'verschlingen' muss. Man soll nicht nur hören oder sie zum Schlafen unters Kissen legen…»

So ist die Arbeit mit neuen Christen nicht einfach. Doch der Jüngerschaftskurs soll ihnen nahebringen, wie wichtig die Bibel für einen Christen ist. Mustapha erhält zudem Unterstützung durch ein Trainingsprogramm, das Open Doors für Gemeindeleiter aus Algerien und Tunesien anbietet.

Und so lächelt der junge Mann trotz aller Schwierigkeiten, ganz abgesehen von der Verfolgung der Christen innerhalb der mehrheitlich muslimischen Gesellschaft. Doch er freut sich über die vielen Menschen, die zum Glauben kommen, und über die noch kleine aber so stark wachsende Kirche.

Zum Thema:
Vom Imam zum Pastor: Er dachte, er sei der einzige Christ im Land
Hass abgelegt: Nordafrikaner findet durch Flucht Vergebung statt Racheplänen
Aufbruch in Nordafrika: Algerien: «Die Muslime haben Durst nach dem Evangelium»

Datum: 10.11.2017
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / Open Doors USA

Werbung
Livenet Service
Werbung