Schiffsparty mit Obdachlosen: „Ihr habt uns eure Liebe gezeigt!“

Schiff
Gäste im Gespräch mit einem OM-Mitarbeiter anlässlich des Abends für Obdachlose in San Diego.
„Ihr habt uns eingeladen“: Die Stimmung am Abend mit den obdachlosen Gästen war aussergewöhnlich.

Die Schiffe des christlichen Werks ‚Operation Mobilisation‘ bieten den Menschen in den Hafenstädten, die sie anlaufen, diverse Dienste an. Die umfassende Literatur-Ausstellung gehört zu den wichtigsten Angeboten, vor allem in den armen Ländern des Südens. Manchmal treten spontan andere Aktivitäten in den Vordergrund. Ein Bericht von Elisabeth Möbes, erschienen in der neusten Ausgabe der Schweizer OM-Nachrichten:

In San Diego in Südkalifornien mussten wir noch auf einige Container warten, bevor wir weiterreisen konnten. So organisierten wir kurzfristig einen internationalen Abend für Obdachlose.

Am Vorabend verteilten wir in der Stadt Sandwiches und Kaffee an Obdachlose, gaben ihnen ein Johannes-Evangelium und luden sie zum Fest aufs Schiff ein. Viele kamen. Einige getrauten sich jedoch fast nicht an Bord, weil sie die Einkaufswagen mit ihrem ganzen Hab und Gut im Hafen stehen lassen mussten. Sie kamen dann aber doch.

Im grössten Saal hatten wir Tische aufgestellt und schön gedeckt mit weissen Tischtüchern und roten Servietten. Es gab Hühnerschenkel, Kartoffelstock und Bohnen. Es war mega gut! Nach dem Essen folgten Folklore-Tänze, ein Theater und eine Kurzpredigt. Schliesslich wurde das Dessert serviert. Wir mischten uns unter die Gäste, hörten, was sie uns aus ihrem Leben erzählten, und beteten für sie.

Gott war mitten unter uns

Ich hatte die Gäste vor dem Schiff begrüsst und ihnen den Weg zum Saal an Bord gezeigt. Ein älterer Mann wollte noch auf seine Freunde warten. Als diese kamen, fiel mir ein noch sehr jung aussehender Mann auf, der immer wieder krampfartige Bewegungen machte. Nach dem Programm setzte ich mich zu ihm.

Es war schwierig, ihn zu verstehen, da er sehr stockend sprach. Der ältere Mann fragte mich: „Hat er dir erzählt, warum er so ist?“ Ich verneinte. „Ja, er redet halt nicht gerne darüber, aber ich sag es dir. Er war im Golfkrieg und hat Chemikalien erwischt. Die nagen an ihm. Es wird immer schlimmer. Er ist erst 31.“

Caroline und ich beteten für den jungen Mann und machten ein Foto mit ihm. Er fragte, ob er einen Abzug haben dürfe. Es war zum Glück ein Digitalbild, so rannte ich schnell zum Computer und druckte es aus. Als ich zurückkam, war der Mann schon draussen. Caroline und ich brachten ihm das Bild und er freute sich riesig. Daraufhin erzählte er uns seine Geschichte.

‚Ihr habt euch schön gemacht für uns‘

Zwei Wochen zuvor hatten wir Spendern unserer Organisation ein Essen an Bord serviert. Das Programm war ähnlich verlaufen. Doch am Abend mit den obdachlosen Gästen war die Stimmung ganz anders. Ich spürte Gottes Gegenwart.

So sah ich ein Ehepaar in unserem Müll wühlen. Sie sammeln Aludosen und Petflaschen, um etwas Geld zu verdienen. Der Mann dankte mir und sagte etwas, das ich wohl nicht so schnell vergesse: „Weisst du, ihr seid anders als die meisten Leute, die uns helfen. Einige Organisationen verteilen uns Essen. Sie geben uns eine Hand. Ihr habt uns aber beide Hände gegeben, ihr seid mit offenen Armen dagestanden und habt uns eingeladen zu kommen. Ihr habt euch so schön angezogen für uns, uns bedient, uns eure Zeit geschenkt und vor allem habt ihr uns eure Liebe gezeigt.“

Ich habe erst danach realisiert, wie viel Liebe mir Gott für diese Menschen gab – egal wie sie aussahen oder rochen. Ja, Gott segnete mich an diesem Abend mindestens so sehr wie die obdachlosen Menschen.

Datum: 04.09.2003

Werbung
Livenet Service
Werbung