Auf der Baustelle Gottes

Baustelle

Die Gründung und der Aufbau einer christlichen Gemeinde im Nahen Osten sind nicht einfach. Erfolg, Enttäuschung, Fortschritt, Stillstand, sogar Rückgang gehören dazu. Ein Ehepaar, das mit dem Missionswerk ‚Weltweiter Einsatz für Christus‘ (WEC) verbunden ist, beschreibt seine Erfahrungen mit einem gleichnishaften Bild: als Arbeit auf Gottes Baustelle. Fazit nach 15 wechselvollen Jahren: Gott selbst, der himmlische Baumeister, hält die Fäden in der Hand. (Der Text aus der WEC-Zeitschrift wurde für Livenet.ch und Jesus.ch leicht bearbeitet und gekürzt.)

Als wir vor fünfzehn Jahren mit einem Kleinbus voll Habseligkeiten und Möbelstücken in der Region ankamen, herrschten die gleichen Wetterverhältnisse wie jetzt: sturmartige Böen und heftige Regenfälle. November im östlichen Mittelmeergebiet – wahrhaftig nicht die attraktivste Jahreszeit und kaum der Willkomm, den wir uns damals gewünscht hatten. Aber hier befand sich das brache Stück Bauland, auf dem uns Gott geheissen hatte, Steine für seinen Tempel, sein Haus zu sammeln.

Unsere mangelnde Erfahrung, fehlende Kenntnis der Branche und ähnliche Vorwände wollte er nicht gelten lassen. Ausserdem, versprach er, würde der Baumeister Jesus Christus höchstpersönlich auf dem Gelände sein, um die Arbeit nicht nur zu überwachen, sondern auch das Baumaterial fachmännisch zusammenzufügen. An diesen Versprechen wollten wir nicht zweifeln, hatten wir doch schon manche Gelegenheit, die Treue unseres Arbeitgebers zu erfahren. Ganz zu schweigen von all den niedergeschriebenen Bestätigungen seiner Worte und den ermutigenden Berichten vom Fortschritt der Arbeit auf dem weltweiten Bauplatz.

Schwieriger Anfang

So begannen wir nach möglichem Baumaterial zu suchen und probierten hier und dort Stücke aus dem massiven, lokalen «Islamo-Granit» herauszulösen. Nach zwei Jahren waren wir noch genau gleich weit wie am Anfang. Die damals mit grosser Freude gefundenen zwei, drei Steine wurden leider von einem rücksichtslosen Dieb gestohlen. Erhalten blieb uns aber eine besondere Gabe unseres Meisters. Er schenkte uns zu unserem dreijährigen Sohn noch eine Tochter. Beide Kinder bereicherten die von Beginn weg gefeierten lokalen Gottesdienste mit ihrer Gegenwart und erlaubten dem Architekten, an ihnen zu arbeiten.

Der Bau wächst

Dank der unermüdlichen Gebetsunterstützung von Freunden aus unserer Heimat begannen sich, zusammen mit der Ankunft einer zweiten Familie, plötzlich Risse in den lokalen Felsformationen zu bilden, und einzelne Stücke lösten sich. Nebst diesen potenziellen Bausteinen fanden wir zahlreiche andere, die sich allerdings teilweise mehrere hundert Kilometer weit entfernt befanden. Die manchmal auf einer Waldlichtung und manchmal zu Hause abgehaltenen Versammlungen begannen Farbe und Form anzunehmen. Wir waren glücklich in dieser Arbeit und freuten uns am Vorankommen.

Rückschlag

Doch diese Gemütsverfassung sollte nicht lange anhalten. Innerhalb von Wochen verloren wir wohl 20 der gesammelten 25 Steine. Einige wurden erneut von Dieben gestohlen. Andere waren zu mürbe, als dass sie in eine feste Wand hätten eingefügt werden können, oder zerbrachen nach dem ersten Hammerschlag des Steinmetzen. An vereinzelten wollte der Zement, sprich die Liebe, nicht haften, was ein Zusammenfügen der Steine verunmöglichte. Fast zehn Jahre lang wiederholte sich dieses Szenario in verblüffender Ähnlichkeit.

Die daraus folgenden Enttäuschungen, Tränen oder voll Verzweiflung erwogenen Kündigungsversuche können hier lediglich erwähnt, nicht aber ausgedrückt werden. In zahlreichen Unterredungen mit dem Baumeister empfingen wir jeweils neuen Mut und auch Klarheit über unseren Auftrag - nach Steinen zu suchen und diese zum Fachmann zu bringen. Er behaut diese nach seinem Gutdünken und fügt sie zu einem Gebäude seines Wohlgefallens zusammen, nicht wir.

Wieder aufwärts

Einer letzten Sommer dürfte als Meilenstein in der Geschichte des lokalen Gemeindebaus bezeichnet werden. Erstens hat der Herr eine internationale Gemeinschaft von Christen gebraucht, um uns ein Gemeindezentrum zu geben. Dank diesem wurde das ‚Bauunternehmen‘ der Christen in der Stadt bekannt, und zahlreiche Menschen kamen aus reiner Neugierde vorbei und besuchten einen Gottesdienst.

Zum Zweiten haben treue Beter ein starkes Baugerüst erstellt, das die Arbeiter beflügelte. Und drittens hat sich Gott in jenem Jahr aus dem vorhandenen ‚Material‘ einen Block auserwählt, an dem er gezielt gearbeitet hat. Diesen Mann braucht er heute als Vorarbeiter auf dem Gelände. Wir haben dem Herrn schon oft gedankt für diesen jungen Evangelisten, der unterdessen sicherlich schon zwei Dutzend junge Leute zum Glauben an Jesus leiten konnte. Obschon weiterhin widerliche Umstände der Arbeit Schaden tun, fällt dies nicht mehr so ins Gewicht wie früher. Das Gebäude hat Formen angenommen. Wir können sehen, wie der Architekt in grosser Weisheit geplant hat und wie der Baumeister die lebendigen Bausteine unterschiedlichster Herkunft und Eigenschaft kunstvoll zusammenfügt. Ja, er baut seine Gemeinde.

Ein zweiter Bau

Vor einem halben Jahr nun haben uns die lokalen Gläubigen, nach ausführlicher Absprache mit dem Architekten, in eine nur zwei Stunden entfernte Stadt gesandt. Auch hier gibt es ein grosses Stück noch brach liegendes Land, das ebenfalls unserem Meister gehört. In den ersten Jahren des neutestamentlichen Baubooms war es von zahlreichen herrlichen Gebäuden geschmückt. Leider zeugen heute nur noch Ruinen von der einstigen Pracht, und es gilt von neuem nach lebendigen Steinen zu suchen.

Es war eine frohmachende Überraschung und zugleich ein deutliches Indiz der göttlichen Planung, dass unmittelbar nach unserer Ankunft mit den ersten Gottesdiensten in der Wohnung eines Mitarbeiterehepaars angefangen werden konnte. Mit ihnen, einem Dutzend Flüchtlingen aus zwei Nachbarländern und einigen einheimischen Gläubigen zusammen bilden wir vorläufig den Tempel, das Haus des Herrn. Da die meisten von uns jedoch nur vorübergehend vor Ort leben, sind wir nichts anderes als eine provisorische Baubaracke. Würden Sie mit uns beten, dass wir in den kommenden Jahren viele einheimische und robuste Steine finden können, die sich vom Herrn seinem Plan gemäss zu einem Gebäude zusammenfügen lassen, das ihm Ehre macht? (1. Petrusbrief 2,4-5)

Datum: 17.04.2003

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