Kambodscha: Streifzüge durch ein berührtes Land

Hausgemeinde von O' Kroch nahe Kampong Thom in Zentralkambodscha
Mit ihrer Ordination sind sie nun auch offiziell Pfarrer bzw. Pfarrerin der Methodistenkirche Kambodschas
Es geht auch ohne viel Technik; die "Band" der Gemeinde von Phum Sre nahe Kampong Thom
Frau Am Kannara aus Kampong Som, dem jetzigen Sihanoukville an der Küste.

Phnom Penh. Connexio, so heisst das "Netzwerk für Mission und Diakonie der Evangelisch-methodistischen Kirche. Aus Anlass der ersten Ordination von kambodschanischen Methodistenpfarrern organisierte Connexio eine Begegnungsreise. Sie führte 16 Personen aus der Schweiz und Frankreich nach Fernost, darunter den Schreiber dieser Reportage.

Vom Pfahlbau zum Festsaal und zurück

Eigentlich waren sie ja schon Pfarrer. Über Jahre hin waren sie bereits ihren Gemeinden vorgestanden, manche sogar mehreren gleichzeitig. Die einen zählen einige Dutzend Gemeindeglieder, andere über hundert. Ob man sich noch unter dem Schutz der Pfahlbauhütte versammelt oder bereits in einem gemauerten Kirchenraum, das ist genauso unterschiedlich wie die Ausrüstung der "Band": traditionelle Streichinstrumente oder Keyboard, kleine Holztrommeln oder metallene Rasseln.

Zehn Geistliche waren in Phnom Penh zusammengekommen zur ersten offiziellen Ordination der Methodistenkirche in Kambodscha. Von den über 500 Gästen musste sich die Hälfte mit einer Video-Übertragung auf den Innenhof des Methodistenzentrums begnügen. Nach einer Zeit des Lobpreises und der Ansprachen legten ihnen Vertreter der örtlichen Kirche die Hände zum Segen
auf; ebenso die vier anwesenden Bischöfe aus China, Korea, Singapur und Texas. So wurden sie mit Gebet in ihr Amt eingesetzt.

Huhn lief vor dem Altartisch herum

In den kommmenden Tagen nahm unsere Gruppe dann an mehreren "normalen" Gottesdiensten teil, in den Städten wie auf den Dörfern. Was hatte sie ausgezeichnet? Nun, technischeTechnisches Drumherum war zweit- und drittrangig, und das Huhn, das da vor dem Altartisch durchlief, störte nun wirklich niemanden. In den Gesichtern stand Festfreude, auch wenn sie von den Härten der vergangenen Jahre und Jahrzehnte gezeichnet waren.

Evangelistischer Schulunterricht

Die Arbeit mit der jungen Generation steht im Mittelpunkt. Das sei einer der Gründe für das rasante Kirchenwachstum in Kambodscha. Pfarrer Ven Voun Chhen aus Kampong Thom im Westen des Landes erklärte mir das so: "Viele arme Familien können für ihre Kinder kein Schulgeld zahlen. Wir bieten ihnen darum in unseren Räumen Gratisunterricht an, an jedem Werktag zwischen fünf und sechs. Lektüre ist die Bibel, und gesungen werden christliche Lieder.
Die Eltern schätzen diesen Unterricht sehr, und die Freude der Kinder führt dann die meisten Eltern am Sonntag in die Gottesdienste."

"Wovon das Herz voll ist, ..."

Werbung für Jesus kann auch direkter geschehen. Die EMK von Kampong Som an der Küste geht von Haus zu Haus, gestaffelt nach Altersgruppen: Jugendliche besuchen Jugendliche, ältere Leute besuchen ihresgleichen. Die meisten (der Besuchten ...) reagierten eher zögerlich. Aber Aufnahme fände man praktisch überall.

"... davon geht das Megafon über."

Noch unkomplizierter hält man es bei Pfarrer Ham Chheng Hor im Südosten des Landes. Die Lobpreislieder, begleitet auf traditionellen Instrumenten, hallen aus den Lautsprechern unter der schattenspendenden Pfahlhütte wider - und aus dem Megafon, zehn Meter hoch in einem Baum. Der ganze Rest des Dorfes soll mitbekommen, dass die Christen feiern.

Eine Gemeinde-Krankenkasse

Die materielle Not ist erbarmungswürdig. Nicht nur eine Stunde hätten sie auf uns gewartet, nein, sondern den ganzen Tag. Und sie freuten sich übermässig, dass wir nun endlich da seien. An die hundert Leute mussten das in jenem hochgebauten Holzhaus gewesen sein. Vor der Kollekte, an der wir uns gerne beteiligen, folgen ein paar Ausführungen des Gemeindeleiters zum Thema Geld. Ja, auch die Gemeinde selbst wolle ihren Teil beisteuern, und darum halte er jede Familie dazu an, pro Monat mindestens 500 Riel zu spenden, vor allem für die Krankheitskosten der Ärmsten. 500 Riel, das sind 20 Rappen! Vielen fällt es schwer, auch nur diesen Beitrag aufzubringen.

Längerfristige Hilfen

Der kurzfristigen Not begegnen ist das eine; langfristige Veränderungen herbeiführen helfen das andere. Einige Projekte, in die wir hineinschauen durften, seien hier kurz erwähnt: Eine Autostunde von Phnom Penh entfernt unterhält die Kirche auf einem Dorf ein Waisenhaus. Dem Methodistenzentrum in der Hauptstadt ist eine Schule für Kinder aus ärmsten Verhältnissen angegliedert; ebenso eine Schlosserei für die Knaben und eine Nähschule für die Mädchen. An der Bibelschule werden zur Zeit 61 Männer und Frauen zu Diakonen und Pfarrerinnen ausgebildet. Nahe Siem Reap im Westen Kambodschas soll in landwirtschaftlicher Modellbetrieb zeigen, wie sich eine Familie von wenig, aber sinnvoll genutztem Land ernähren kann.

Leben und Gemeinschaft

Nach Jahrzehnten von Krieg und Bürgerkrieg ist ein Volk auf der Suche nach seinem Halt. Viele erhoffen ihn aus der Geschichte. Die jüngsten Empfindlichkeiten um die mittelalterlichen Tempelanlagen von Angkor Wat zeigten das überdeutlich. Ja, diese Bauwerke sind beeindruckend. Aber sie leben nicht, und der Name wird bereits als Biermarke und für eine Versicherung verramscht. Aber wo die Leute anfangen, trotz allem Leid Jesus zu singen, da werden Leben und Gemeinschaft neu geschenkt. So geschehen und gesehen in den ungezählten Hausgemeinden des Landes, seien sie nun kirchlich organisiert oder (noch) nicht.

Neue Strassen schlagen Schneisen durch vermintes Gelände und eröffnen wieder den Zugang zur Aussenwelt. Genauso gilt es jetzt auch, geistliche Wege zu bahnen zwischen altem Buddhismus und neuem Materialismus.

Am Kannara, 55 Jahre

Ihr ältester Sohn leitet die Gemeinde von Kampong Som. Vor 12 Jahren habe sie ihn aus dem Haus gejagt, weil er Christ geworden war. Denn nun sei ja keiner mehr dagewesen, der nach ihrem Tod ihre Asche hätte den Ahnen darbringen können. Die Zukunft der Familie sei darum unterbrochen, abgebrochen worden. Jetzt sei sie selber Christin. Ja, bestätigt sie auf meine Rückfrage, sie würde da mitmachen bei den missionarischen Hausbesuchen. Was denn nun anders sei für sie, nachdem sie jetzt im Glauben stehe, möchte ich wissen. Die spontane Antwort aus einem strahlenden Gesicht: "Ich mache mir keine Sorgen mehr. Meine Familie hat eine Zukunft bekommen!"

Datum: 21.03.2003
Quelle: Livenet.ch

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