Ungleiche Ellen für Christen und Jihad-Führer in Indonesien

Indonesien

Jakarta – Der Führer der indonesischen Miliz ‚Laskar Jihad‘ ist letzte Woche vom Vorwurf der Hetze gegen Christen überraschend freigesprochen und freigelassen worden. Das Gericht in der indonesischen Hauptstadt hielt es nicht für erwiesen, dass Jaffar Umar Thalib seine Jihad-Kämpfer zur Attacke auf Christen aufgehetzt hatte. Der Richter sagte, der Staatsanwalt habe seine Anklage nicht belegen können. Dies obwohl Jaffar seinen Anhängern sagte, „Bomben vorzubereiten und unsere Gewehre bereit zu machen“ – und zwei Tage später 13 Christen im Dorf Soya umkamen.

Sidney Jones, Leiter der International Crisis Group, kritisierte den Entscheid. Indonesiens Justiz hätte Jaffar für viel schwerere Gewaltakte zur Rechenschaft ziehen müssen. „Tausende seiner Anhänger taten den Christen von Anfang 2000 bis Anfang 2002 Gewalt an. Mehrere tausend Menschen kamen dabei um auf den Molukken“, sagte Jones der Zeitung New York Times.

Zwei Christen wegen Separatismus verurteilt

Dagegen sind letzte Woche zwei christliche Kämpfer für die Eigenständigkeit der Molukken zu dreijährigen Gefängnisstrafen verurteilt worden. Alex Manuputty (55) und Samuel Waileruny (45) waren im letzten April verhaftet worden. Sie hatten nach den Verhören in der Hauptstadt im Dezember auf die Molukken zurückkehren können. Ihre Anwälte protestierten dagegen, dass die Verhandlung nicht verschoben worden war, und kündigten an, das Urteil wegen separatistischer Umtriebe anzufechten.

Manuputty und Waileruny hatten ihre christlichen Anhänger auf den Molukken aufgerufen, die verbotene eigene Fahne zu hissen. Manuputty führt die kleine Gruppierung ‚Maluku Sovereignty Front‘, die sich für ein Referendum zur Selbstbestimmung der christlichen Bevölkerungsgruppe auf den Molukken einsetzt.

Christen werden von Polizei und Armee nicht wirksam beschützt

Manuputty kündigte an, er werde sich den Behörden nicht stellen, sondern sich der Haft gewaltfrei zu entziehen suchen. Die Christen auf den Molukken beklagen, dass die Zentralregierung in Jakarta sie nicht vor Übergriffen extremistischer Muslime schützt, die auf die Vertreibung aller Christen von den Molukken zielen.

Auf der Inselgruppe, über 2000 km von der Hauptinsel Java entfernt, stellen die Christen die Hälfte der Bevölkerung. Im Lauf der letzten vier Jahre sind angeblich über 5'000 Menschen, darunter auch Muslime, bei Kämpfen und Vertreibungsaktionen ums Leben gekommen.

Der Führer der Protestanten im zentralen Teil der Insel Sulawesi, Rinaldy Damanik, bleibt in Jakarta in Haft. Er hatte die Christen, die im Jahr 2001 ebenfalls von Jihad-Milizen angegriffen und aus ihren Dörfern vertrieben wurden, aufgerufen, nicht zurückzuschlagen.

Fanatischer Muslimführer aus dem Jemen

Beobachter hatten den Prozess gegen Jaffar Umar Thalib als Test dafür gewertet, ob die indonesische Justiz die muslische Mehrheit und die christliche Minderheit gleich zu behandeln willens und imstande ist. Jaffar Umar Thalib gehört zu den prominenten Scharfmachern am gewaltbereiten Rand des islamischen Spektrums in Indonesien. Das Gericht sprach ihn nun auch frei vom Vorwurf, Hass gegen die indonesische Regierung gesät und die Präsidentin Megawati verleumdet zu haben.

"Allahu Akbar!" (Allah ist gross) schrien seine Anhänger, als der Freispruch bekannt wurde. Der ursprünglich aus dem Jemen stammende 40-jährige Muslimführer war am 4. Mai 2002 verhaftet worden, nach einer Brandrede auf einer der östlichen Molukkeninseln, der (trotz dem im Februar geschlossenen Friedensabkommen) ein erneutes Massaker folgte. Immer wieder kommt es auf den Inseln zu Anschlägen. Das Urteil gegen Manuputty bezeichnete Jaffar als nicht hart genug.

Jaffar kämpfte in den 80-er Jahren mit den Muhajeddin in Afghanistan und will später auch Osama bin Laden (dessen Vater ebenfalls Jemenite ist) getroffen haben. Später beaufsichtigte er in Indonesien ein Netz von Koranschulen; er gilt aber nicht als gelehrter Kenner des Islam. Im Jahr 2001 nahm ihn die Polizei fest, weil er ein selbst ernanntes islamisches Gericht geleitet hatte, das einen Mann wegen angeblicher Vergewaltigung zum Tod durch Steinigung verurteilte und steinigte. Dies ist nach indonesischem Gesetz verboten. Jaffar fordert laut der BBC die Einführung der Scharia, des islamischen Gesetzes, im multireligiösen indonesischen Inselreich.

Die von Jaffar Umar Thalib 1999 gegründete Miliz ‚Laskar Jihad‘ hatte in den letzten Jahren mehrere tausend Kämpfer auf den Molukken. Ihre Ankunft in der Molukken-Hauptstadt Ambon im Jahr 2000 verschärfte die tiefgehenden Spannungen zwischen den alteingesessenen Christen und Muslimen massiv. Kurz nach dem Terror-Anschlang auf das Ferienparadies Bali am 12. Oktober wurde die Miliz aufgelöst. Beobachter vermuteten damals hinter dem Schritt das Bestreben, Jaffar eine Verurteilung zu ersparen.

Datum: 04.02.2003
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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