Indiens Regierung will mehr Einfluss auf religiöse Schulen


Neu Delhi - Das Ansehen von Christen in der indischen Gesellschaft wurzelt neben den Kliniken vor allem in ihren guten Schulen: Die Kirchen unterhalten mehr als 25'000 Einrichtungen für Schüler, Studenten und andere Bevölkerungsgruppen. An diese Wurzel will die auf Unionsebene herrschende nationalistische Hindu-Partei BJP nun die Axt legen. Bei einer Anhörung bekräftigte die Regierung in Neu-Delhi letzte Woche ihr Recht, in die Selbstverwaltung von Schulen und Bildungseinrichtungen religiöser Minderheiten massiv eingreifen zu dürfen. Die christlichen Kirchen beriefen sich demgegenüber auf die indische Verfassung und die in dieser zugesicherten Minderheitenrechte. Darin wird ethnischen und religiösen Gruppierungen die volle Freiheit zugesichert, Erziehungseinrichtungen nach ihrer Wahl einzurichten.
Seit Monaten verhandelt der Oberste Gerichtshof des Landes unter anderem darüber, wie gross der staatliche Einfluss auf die Bildungsstätten sein und wer die Lehrer, Schüler und Studenten auswählen darf. Die Richter reagieren damit auch auf eine Vielzahl sich widersprechender Gerichtsurteile zu Minderheitenrechten aus dem ganzen Land. Im gegenwärtigen Verfahren wurden rund 200 ähnlich liegende Fälle gebündelt.
Der Oberste Gerichtshof hat früher selbst die Entscheidungsfreiheit der Minderheiten beschnitten. Laut einem 1992 verkündeten Urteil dürfen diese lediglich 50 Prozent ihrer Lehrer, Schüler und Studenten selbst bestimmen. Doch diese Restriktionen reichen der Regierung noch nicht: Sie will nun volle Handlungsfreiheit, so lange die Bildungsstätten staatliche Zuschüsse erhalten.
Für den Vertreter der katholischen Kirche kommt diese Forderung nicht überraschend. "Wir haben nichts anderes erwartet", sagt Pater P. P. George von der Kommission für Bildung und Erziehung der katholischen Bischofskonferenz. "Die Fragen der Richter und die Atmosphäre in den Verhandlungen lassen weitere Einschränkungen bei den Minderheitsrechten erwarten." Die Anwälte der Kirche mahnen zur Vorsicht. Noch sei nicht zu erkennen, in welcher Richtung das Gericht entscheiden werde.
Pater George verweist auch auf die sich verhärtende Position der nationalistischen BJP. Sie habe schon in ihrem Wahlprogramm von 1998 massive Einwände gegen die in der Verfassung garantierten Minderheitenrechte erhoben. Solche Sonderrechte, so die Partei, seien einer Nation, in der 80 Prozent Hindus lebten, nicht angemessen.

Eine 56-jährige katholische Ordensfrau ist von einem Gericht in Zentralindien zu sechs Monaten Haft verurteilt worden, weil sie Uebertritte von Hindus zum christlichen Glauben nicht den Behörden gemeldet hatte. Die Ursulinenschwester Bridhi Ekka sei unmittelbar nach ihrer Verhaftung am Donnerstag ins Gefängnis gegangen, meldet die asiatische katholische Nachrichtenagentur Ucanews am Freitag. Nach Angaben des Vorsitzenden der Indischen Bischofskonferenz, Erzbischof Henry D'Souza von Kalkutta, ist dies der erste Fall dieser Art in der indischen Geschichte. Das Gericht in Ambikapur berief sich auf ein umstrittenes Anti-Bekehrungs-Gesetz, das lediglich in einigen indischen Bundesstaaten gilt und eine entsprechende Meldepflicht enthält.

Datum: 23.07.2002
Quelle: Kipa

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