Bei Gewalt und Unrecht nicht schweigen: «Woche der Brüderlichkeit» eröffnet

Leon de Winter
Sterzinsky Georg
Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille an Leon de Winter (l.).

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat anlässlich der «Woche der Brüderlichkeit» dazu aufgerufen, mutig gegen jede Form von Gewalt und Verrohung einzutreten.

Huber beklagte am Sonntag in München eine «innere Verwahrlosung» in der Gesellschaft und eine «Verrohung der Seelen». Die Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit eröffneten die bundesweite «Woche der Brüderlichkeit» in Berlin mit der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille.

Sich mutig einmischen

Angesichts von Mobbing, vernachlässigter Kinder und der Missachtung von Menschenrechten sowie religiöser Gefühle, bedürfe es Mutes, sich einzumischen, sagte Huber laut Redetext bei der regionalen Eröffnung der Woche in München. Die Gesellschaft brauche Menschen, die Gesicht zeigten, die sich als Mitwisser nicht schweigend zurückzögen und sich verantwortlich für andere fühlten. Dieser Prozess müsse in Schulen und Vereinen, in der Familie und in der Kirche gefördert werden.

Von den Religionen forderte Huber wechselseitige Achtung. Dabei könne der seit Jahrzehnten gepflegte intensive christlich-jüdische Dialog eine Art Paradigma für das gegenseitige Lernen bilden, sagte Huber.

Rassismus nicht dulden

Auch der Berliner Erzbischof Georg Sterzinsky rief zu mehr Zivilcourage auf. Wer rassistische Ausschreitungen stillschweigend dulde oder leugne, mache sich nicht nur Gott gegenüber schuldig, sondern auch gegenüber den Menschen, sagte der Kardinal im RBB-Hörfunk. Die «Woche der Brüderlichkeit» solle alle Menschen ermuntern, anderen ohne feindliche Absicht, sondern «mit offenem Visier» zu begegnen.

Mit der undotierten Buber-Rosenzweig-Medaille wurden der niederländische Schriftsteller Leon de Winter und der Verein «Gesicht zeigen! - Aktion weltoffenes Deutschland» geehrt. Die Festveranstaltung im Berliner Haus der Kulturen der Welt war zugleich der bundesweite Auftakt für die diesjährige Aktionswoche. Unter dem Motto «Gesicht zeigen» sind bis 12. März mehr als 1’000 Vorträge, Lesungen, Diskussionen und Ausstellungen vorgesehen.

Leon de Winter ausgezeichnet

Mit Leon de Winter (52) werde ein Schriftsteller ausgezeichnet, der mit Mut und Furchtlosigkeit die Schwachstellen der europäischen Gesellschaft aufzeige, sagte der Präsident des Koordinierungsrates von 83 regionalen Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Henry G. Brandt. Der Autor wurde 1954 im niederländischen 's-Hertogenbosch als Sohn orthodoxer Juden geboren, die den Holocaust in einem Versteck überlebt hatten.

Der Verein «Gesicht zeigen! - Aktion weltoffenes Deutschland e.V.» kämpfe gegen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit, sagte Brandt. Die Schauspielerin Iris Berben sagte in ihrer Laudatio, «Gesicht zeigen!» sei ein kleiner Verein mit einer großen Wirkung.

Der Verein wurde im August 2000 vom damaligen Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye (SPD) sowie dem Präsidenten des Zentralrates der Juden, Paul Spiegel, und dem damaligen Vizepräsidenten des Verbandes, Michel Friedman, gegründet.

Die seit 1968 jährlich verliehene Medaille erinnert an die deutschen jüdischen Philosophen Martin Buber (1878-1965) und Franz Rosenzweig (1886-1929). Die «Woche der Brüderlichkeit» findet seit 1951 jeweils Anfang März statt.

Der Koordinierungsrat im Internet
www.deutscher-koordinierungsrat.de/
Der Verein Gesicht zeigen! im Internet
www.gesichtzeigen.de
Fragen zum christlich-jüdischen Dialog in Deutschland (2003)
www.jcrelations.net/de/?id=1910

Datum: 07.03.2006
Quelle: Epd

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